Entscheidungsstichwort (Thema)

Korrigierende Rückgruppierung

 

Normenkette

BAT-O Anl. 1a Allgemeiner Teil VergGr. IVb Fallgr. 1b; BAT-O Anl. 1a Allgemeiner Teil VergGr. Vb Fallgr. 1a und b; BAT-O Anl. 1a Allgemeiner Teil VergGr. Vc Fallgr. 1b; BAT-O Anl. 1a Allgemeiner Teil VergGr. VII Fallgr. 1b

 

Verfahrensgang

LAG Brandenburg (Urteil vom 30.07.1999; Aktenzeichen 5 Sa 534/98)

ArbG Potsdam (Urteil vom 04.06.1998; Aktenzeichen 6 Ca 3948/97)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist seit dem 25. März 1991 im Sozialamt der beklagten Stadt als Sachbearbeiterin für wirtschaftliche Hilfen für ältere Bürger und Schwerbehinderte außerhalb von Einrichtungen beschäftigt. In der am 8. Februar 1995 erstellten Arbeitsplatzbeschreibung wurden ihre Tätigkeiten wie folgt dargestellt:

Aufgabe

ausführliche Beschreibung …

01 

Beratung u. Antragsaufnahme nach d. BSHG, LPflGG, f. d. Behindertenfahrdienst u. d. Rundfunkgebührenbefreiungsverordnung

 – 

Beratung u. Antragsaufnahme für alle wirtschaftlichen Hilfen innerhalb der HzL und HbL an ältere Bürger und Behinderte im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen sowie freiwilliger Leistungen der Stadt

15 %

02 

Prüfung der Anträge

 – 

Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen, selbständige Entscheidungsfindung im Rahmen d. Leistungsgewährung für ältere Bürger und Behinderte

12 %

03 

Bearbeitung der Anträge

 – 

Erarbeitung von Entscheidungsvorlagen f. besonders schwierige Einzelfälle f. den Sachgebietsleiter

32 %

 – 

selbst. Fertigen von Bescheiden im Rahmen gesetzlicher Vorschriften u. entspr. interner Arbeitsanweisungen

 – 

eigenst. Feststellung von Sozialleistungen gem. § 91a BSHG

04 

Bearbeitung zusätzl. Leistungen

 – 

Entscheidung über die Gewährung von Fahrcoupons

6 %

 – 

Entscheidung über die Voraussetzungen der Rundfunkgebührenbefreiung

05 

Überleitung von Ansprüchen und Kostenersatz (§§ 90 ff. BSHG); Kostenerstattungen (§ 103 ff. BSHG)

 – 

Entscheidung über die Anmeldung d. Ansprüche gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen, gegen vorrangige Sozialleistungsträger, bei schuldhaftem Verhalten;

20 %

Kostenersatz zwischen Trägern der Sozialhilfe,

 – 

selbst. Überwachung u. Kontrolle der Ersatzverpflichteten

06 

Erarbeitung v. Arbeitsgrundlagen entspr. geltender Rechtsvorschriften

 – 

eigenverantw. Umsetzung v. Gesetzen, Grundsatzurteilen, Dienstanweisungen u.ä.

5 %

 – 

Erarbeitung v. Vorschlägen zur Vereinfachung der Arbeitsorganisation

 – 

Statistiken

07 

Entscheidung über Widersprüche und Verwaltungsstreitigkeiten

 – 

eigenst. Abhilfeprüfung

10 %

 – 

selbst. Erarbeitung d. Vorlage für den Widerspruchsausschuß

 – 

Umsetzung der Widerspruchsentscheidung

Auf der Grundlage dieser Arbeitsplatzbeschreibung ordnete die Bewertungskommission bei der beklagten Stadt am 18. April 1995 die Stelle der Klägerin der VergGr. IVb Fallgr. 1b BAT-O zu. Mit Schreiben vom 15. Februar 1996 teilte die beklagte Stadt der Klägerin mit, sie erhalte ab dem 1. Oktober 1995 eine Zulage in Höhe der Differenz zur VergGr. IVb BAT-O. Die Parteien schlossen den Änderungsvertrag vom 28. Mai 1996 mit der Vereinbarung:

“Mit Wirkung vom 1. Oktober 1995 erfolgt die Eingruppierung nach VergGr. IVb BAT-O”.

Nach einer Beanstandung durch die Kommunalaufsicht des Landes überprüfte die Bewertungskommission die Eingruppierung der Klägerin und ordnete ihre Tätigkeit am 6. Januar 1997 auf der Grundlage derselben Arbeitsplatzbeschreibung vom 8. Februar 1995 nunmehr der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O zu. Am 18. Februar 1997 erstellte das für die Klägerin zuständige Fachamt eine andere Arbeitsplatzbeschreibung, die von dem Hauptamt nicht anerkannt wurde. Mit Schreiben vom 24. Juni 1997 teilte die beklagte Stadt der Klägerin mit, ihre Tätigkeit werde tarifrechtlich nach der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O bewertet. Mit Schreiben vom 24. Juli 1997 erklärte die beklagte Stadt der Klägerin, sie werde ab dem 1. August 1997 nach VergGr. Vb BAT-O vergütet. Die bis dahin gewährte höhere Vergütung werde nicht zurückgefordert. Während des vorliegenden Verfahrens wurde die Arbeitsplatzbeschreibung vom 22. April 1999 erstellt, die die Aufgaben der Klägerin wie folgt beschreibt:

persönliche Hilfen

umfassende inhaltlich sozialarbeiterisch geprägte Lebensberatung als persönliche Hilfe gem. § 8 Abs. 2 BSHG für Schwerbehinderte, psychisch Kranke, Suchtkranke und ältere Bürger folgendes Inhalts:

15 %

 – 

wirtschaftlicher Umgang mit finanziellen Mitteln

 – 

Hilfe bei und zur selbständiger/n Lebensführung

 – 

vorbereitende Schuldnerberatung

 – 

Hilfestellung bei sozialer Integration und Reintegration, Rehabilitationsfragen

 – 

Einleitung von Maßnahmen zur ambulanten teilstationären und stationären Betreuung

 – 

beratende Hausbesuche in Ausnahmefällen

formale Beratung von Anträgen und Prüfung und Entscheidung über Anträge (BSHG, LPflGG, Behindertenfahrdienst, Rundfunkgebührenbefreiung)

 – 

Antragsaufnahme und Prüfung der Tatbestandsmerkmale und Entscheidung entsprechend des Gesamtfallgrundsatzes und des Grundsatzes der Individualität für Hilfen zum Lebensunterhalt und Hilfen in besonderen Lebenslagen,

60 %

 – 

Entscheidung zu Hilfen zur Pflege und Eingliederungshilfe für Behinderte unter Berücksichtigung der Bedarfsdeckung nach dem Pflegeversicherungsgesetz sowie anderer Leistungsträger (ambulante Pflegedienste, teilstationäre Pflegehilfen, Pflegehilfsmittel, Pflichtleistungen sowie darüber hinausgehende Ermessensleistungen, z.B. einmalige Beihilfen)

 – 

Augenscheinnahme zur Sachverhaltsermittlung in Einzelfällen

 – 

Erstellen eines Gesamtplanes für den Hilfesuchenden

 – 

Erarbeitung von Entscheidungsvorlagen für besonders schwierige Einzelfälle zu den Schwerpunkten Prävention, Integration und Versorgung zur Überwindung oder Milderung von Schwierigkeiten für ältere Menschen, Behinderte, psych. Kranke, Suchtkranke, Pflegebedürftige etc.

 – 

Vorbereitung und Durchführung von Fallkonferenzen zu Problemfällen

 – 

Teilnahme an Fachausschüssen zur beruflichen Rehabilitation

Überleitung von Ansprüchen, Kostenersatz gem. §§ 90 ff. BSHG und Kostenerstattung gem. § 103 BSHG

 – 

Anmeldung von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen, gegen vorrangige Leistungsträger, bei schuldhaftem Verhalten;

13 %

Kostenersatz zwischen Trägern der Sozialhilfe

 – 

Überwachung und Kontrolle der Ersatzverpflichteten

Prüfung von Widersprüchen

 – 

Prüfung des Widerspruchs auf Abhilfe

10 %

 – 

Erarbeitung der Vorlage für den Widerspruchsausschuß

 – 

Umsetzung der Widerspruchsentscheidung

Analysen, Statistiken

 – 

analytische Tätigkeiten zum Fallgeschehen

2 %

 – 

Erarbeitung von Vorschlägen zur Vereinfachung der Arbeitsorganisation

 – 

Statistiken

Mit ihrer Klage macht die Klägerin die weitere Gewährung der Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O geltend. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die beklagte Stadt habe nicht hinreichend dargelegt, daß die Eingruppierung nach der VergGr. IVb BAT-O ab dem 1. Oktober 1995 fehlerhaft gewesen sei. Auf Grund des 2. Funktionalreformgesetzes (Zweites Gesetz zur Funktionalreform im Land Brandenburg vom 13. Juli 1994 – GVBl. Brandenburg Teil I S 382 ff.) seien ihr zusätzliche Aufgaben übertragen worden. Die am 22. April 1999 erstellte Arbeitsplatzbeschreibung stelle zutreffend die Aufgaben und Tätigkeiten dar, die sie seit August 1997 ausgeführt habe. Daraus ergebe sich auch, daß die tariflichen Voraussetzungen der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit und der umfassenden Fachkenntnisse vorlägen.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 1. August 1997 Vergütung nach der VergGr. IVb BAT-O zu zahlen.

Die beklagte Stadt hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie sei berechtigt gewesen, die fehlerhafte Eingruppierung der Klägerin zu korrigieren. Im Zusammenhang mit der Einführung der Vergütungsordnung des BAT-O in den neuen Bundesländern sei es auf Grund fehlender Erfahrung und schneller Eingruppierungsentscheidungen für eine große Anzahl von Mitarbeitern zu vielen fehlerhaften Eingruppierungen gekommen. Die Bewertungskommission sei bei der am 18. April 1995 vorgenommenen tariflichen Bewertung bei der Auslegung und Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs “besondere Verantwortung” einer Fehlvorstellung erlegen. Entsprechend der neuen Bewertung der Bewertungskommission vom 6. Januar 1997 liege bei keinem Arbeitsvorgang das Hervorhebungsmerkmal der “besonderen Verantwortung” vor. Das entspreche auch der tariflichen Bewertung der Stellen von Sachbearbeitern in den Sozialämtern durch mehrere Landesarbeitsgerichte. Durch die Übertragung weiterer Aufgaben auf die Klägerin nach dem 2. Funktionalreformgesetz habe sich der Charakter der Tätigkeit der Klägerin nicht verändert.

Das Arbeitsgericht hat das zunächst zugunsten der Klägerin ergangene Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts. Die beklagte Stadt beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage abgewiesen. Der Klägerin steht die von ihr ab dem 1. August 1997 weiter begehrte Vergütung nach der VergGr. IVb BAT-O nicht zu.

  • Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß der Klägerin die begehrte Vergütung nicht kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung zusteht. Auf Grund der Tarifautomatik komme der Angabe der Vergütungsgruppe idR nur deklaratorische Bedeutung zu. Daran ändere vorliegend auch nichts, daß die Höhergruppierung zum 1. Oktober 1995 in einem Änderungsvertrag festgehalten worden sei. Die Klägerin habe nicht behauptet, daß dadurch eine übertarifliche Vergütung vereinbart worden sei.

    Diese Auslegung des Änderungsvertrages vom 28. Mai 1996 durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es gibt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, daß durch den Änderungsvertrag vom 28. Mai 1996 eine vertragliche Festlegung der Vergütungsgruppe erfolgen sollte. Die Parteien haben zwar einen Vordruck für einen Änderungsvertrag benutzt, der die vorgedruckte Formulierung “wird folgendes vereinbart” enthält. Die eingefügte konkrete Regelung “mit Wirkung vom 1. Oktober 1995 erfolgt die Eingruppierung nach VergGr. IVb BAT-O” beinhaltet aber nur eine typische Eingruppierungsmitteilung, der nach der Rechtsprechung nur deklaratorische Bedeutung zukommt. Die Klägerin hat sich auch nicht, worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, auf eine vertraglich vereinbarte Vergütung in Höhe einer tariflich nicht geschuldeten Vergütungsgruppe berufen, und hat keine Umstände vorgetragen, die für den konstitutiven Charakter der in dem Änderungsvertrag vom 28. Mai 1996 benannten Vergütungsgruppe sprechen.

  • Der Klägerin steht die begehrte Vergütung nach der VergGr. IVb BAT-O auch tarifrechtlich nicht zu.

    • Die Vorinstanzen sind ebenso wie die Parteien davon ausgegangen, daß der BAT-O auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet. Eine ausdrückliche Feststellung über die Tarifgebundenheit beider Parteien oder einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf den BAT-O hat das Landesarbeitsgericht zwar nicht getroffen. Sie muß vorliegend nicht nachgeholt werden, denn auch wenn man zugunsten der Klägerin von der Geltung bzw. Anwendbarkeit des BAT-O ausgeht, steht der Klägerin die begehrte Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O nicht zu.
    • Gem. § 22 Abs. 2 BAT-O ist die Klägerin in der VergGr. IVb BAT-O eingruppiert, wenn die die Gesamttätigkeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge im tariflich geforderten zeitlichen Umfang die Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmals dieser Vergütungsgruppe erfüllen.
    • Die Eingruppierung der Klägerin richtet sich mangels besonderer Tätigkeitsmerkmale nach der Anl. 1a zum BAT-O/VKA Teil I Allgemeiner Teil. Die Tätigkeitsmerkmale, soweit vorliegend von Bedeutung, lauten:

      “Vergütungsgruppe IVb

      1. b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a heraushebt, dass sie mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist,

      nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1b.

      Vergütungsgruppe Vb

      1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

      (Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der Fallgruppe 1a der Vergütungsgruppe VII und in den Fallgruppen 1a der Vergütungsgruppen VIb und Vc geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)

      b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Fallgruppe 1a heraushebt, dass sie mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist.

      Vergütungsgruppe Vc

      1. b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

      (… Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)

      Vergütungsgruppe VII

      1. b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.

      (Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)

      …”

    • Das Landesarbeitsgericht hat der tariflichen Bewertung der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeit die Arbeitsplatzbeschreibung vom 22. April 1999 zugrunde gelegt, die von beiden Parteien als zutreffend anerkannt worden ist. Dem steht nicht entgegen, daß die Klägerin die höhere Vergütung ab dem 1. August 1997, dh. bereits für einen früheren Zeitraum beansprucht. Die Klägerin hat ausdrücklich erklärt, daß diese Arbeitsplatzbeschreibung für die Zeit ab August 1997 zutreffend sei. Hiervon kann zu ihren Gunsten ausgegangen werden.
    • Das Landesarbeitsgericht hat unentschieden gelassen, ob die Tätigkeit der Klägerin aus fünf Arbeitsvorgängen besteht, weil unter keinem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge die Voraussetzungen der von der Klägerin begehrten VergGr. IVb BAT-O gegeben seien. Es hat die tariflichen Voraussetzungen der aufeinander aufbauenden Fallgruppen, soweit sie zwischen den Parteien nicht streitig sind, zutreffenderweise nur pauschal geprüft und dabei das Erfordernis der VergGr. VII Fallgr. 1b BAT-O, dh. die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse, ebenso als gegeben angesehen wie die zusätzliche Voraussetzung der VergGr. Vc Fallgr. 1b BAT-O, dh. das Erfordernis der selbständigen Leistungen. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings bezweifelt, ob das Heraushebungsmerkmal der gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse iSd. VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O vorliege, dh. die notwendige Steigerung der Fachkenntnisse der Tiefe und Breite nach. Es hat dies aber im Ergebnis offengelassen und entscheidend darauf abgestellt, daß die Klägerin weder überwiegend iSd. VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O noch zumindest zu einem Drittel iSd. VergGr. Vb Fallgr. 1b BAT-O mit der Bewährungsaufstiegsmöglichkeit in die VergGr. IVb Fallgr. 1b BAT-O eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit im tariflichen Sinne auszuüben habe.

      Die Revision hält die Zweifel des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Erfüllung der Voraussetzung “gründliche, umfassende Fachkenntnisse” für unbeachtlich, weil die Beklagte dieses Merkmal als erfüllt angesehen habe. Das ist unzutreffend. Die übereinstimmende Auffassung der Parteien über das Vorliegen der Voraussetzungen eines Tätigkeitsmerkmals ermöglicht lediglich, das Vorliegen der Voraussetzungen auf Grund einer nur pauschalen Prüfung anzunehmen. Trotzdem bedarf es keiner Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzung der “gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse”, wenn es jedenfalls an der Voraussetzung der “besonders verantwortungsvollen Tätigkeit” fehlt. Die rechtliche Beurteilung der Voraussetzung “besonders verantwortungsvolle Tätigkeit” setzt keinen wertenden Vergleich mit den Umständen voraus, die die Voraussetzung der “gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse” begründen.

    • Das Landesarbeitsgericht hat die Voraussetzung der “besonders verantwortungsvollen” Tätigkeit zu Recht als nicht erfüllt angesehen.

      • Es hat ausgeführt, die besondere Verantwortung ergebe sich nicht aus der Stellung der Klägerin. Sie sei nicht in einer Leitungsfunktion tätig. Hierfür genüge die Übertragung der Bearbeitung der Anträge zur Entscheidung und die entsprechende Unterschriftsbefugnis nicht. Die Ausübung eines Bewertungs- und Ermessensspielraums erfülle nur die tarifliche Voraussetzung der Selbständigkeit der Tätigkeit, besage aber noch nichts für das Maß der Verantwortung. Als Sachbearbeiterin trage die Klägerin nur das Normalmaß der Verantwortung, weil es sich bei den von ihr erlassenen Bescheiden über die Gewährung oder Ablehnung von Leistungen der Sozialhilfe nicht um Entscheidungen von besonderer Tragweite handele. Auch die beratende Tätigkeit der Klägerin könne bei einem wertenden Vergleich mit den Tätigkeitsmerkmalen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst nicht als besonders verantwortungsvoll angesehen werden. Auch hinsichtlich des Aufgabenbereichs “Überleitung von Ansprüchen sowie Kostenerstattung und Kostenersatz” sei nicht ersichtlich, woraus sich ein besonderes Maß der Verantwortung ergeben solle, zumal der Klägerin nicht die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche obliege.
      • Dies hält der Revision stand. Die Angriffe der Klägerin sind unbegründet.

        • Die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe “letztlich” den Rechtsbegriff der “besonderen Verantwortung” verkannt, ist unsubstantiiert. Das Landesarbeitsgericht ist unter Hinweis auf mehrere einschlägige Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 – BAGE 51, 59; 19. März 1986 – 4 AZR 642/84 – BAGE 51, 282; 24. Februar 1999 – 4 AZR 8/98 – ZTR 1999, 319) von dem von der Rechtsprechung entwickelten Verständnis dieses unbestimmten Rechtsbegriffes ausgegangen. Es hat die Merkmale zutreffend beschrieben, die die gegenüber der normalen Verantwortung gewichtige und beträchtliche Heraushebung der Verantwortung, je nach Lage des Einzelfalls im Hinblick auf andere Mitarbeiter oder andere Personen, Sachen, Arbeitsabläufe, zu gewinnende wissenschaftliche Resultate oder technische Zusammenhänge, begründen können.
        • Zu Unrecht rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht habe bei der Beurteilung der “besonderen Verantwortung” Merkmale angewendet, die nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung übereinstimmten. Das Landesarbeitsgericht hat das Fehlen der Leitungsfunktion der Klägerin zu Recht bewertet. Eine Leitungsfunktion korrespondiert mit der besonderen Verantwortung gegenüber anderen Mitarbeitern. Das Landesarbeitsgericht hat entgegen der Rüge der Revision die Entscheidungs- und Unterschriftsbefugnis der Klägerin nicht für unerheblich gehalten, sondern konkret und rechtsfehlerfrei angenommen, daß die Klägerin als Sachbearbeiterin mit ihrer Unterschriftsbefugnis nur ein Normalmaß an Verantwortung trage und eine besondere Tragweite der Entscheidungen nicht gegeben sei. Rechtsfehlerfrei hat es auch darauf abgestellt, daß die Klägerin bei dem Aufgabenbereich “Überleitung von Ansprüchen, Kostenersatz gem. §§ 90 ff. BSHG und Kostenerstattung gem. § 103 BSHG” nicht mit der gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche betraut ist.
        • Auch die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit wesentliche Umstände unbeachtet gelassen, ist unbegründet. Insoweit fehlt es schon an einer nachvollziehbaren konkreten Begründung. Die Klägerin wiederholt in ihrer Revisionsbegründung weitgehend ihr erst- und zweitinstanzliches Vorbringen. Sie legt aber nicht dar, welche konkreten wesentlichen Umstände das Landesarbeitsgericht bei der Beurteilung der Voraussetzung der besonderen Verantwortung nicht berücksichtigt habe. Unzutreffend ist die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe nicht beachtet, daß die beklagte Stadt die Arbeitsplatzbeschreibung vom 22. April 1999 erstellt habe. Das Landesarbeitsgericht ist vielmehr bei der tariflichen Bewertung der Tätigkeit der Klägerin ausdrücklich von dieser Arbeitsplatzbeschreibung ausgegangen. Die Klägerin hat nicht dargelegt, welche konkreten Inhalte der Arbeitsplatzbeschreibung das Landesarbeitsgericht unbeachtet gelassen haben solle.
    • Im Ergebnis zu Unrecht rügt die Revision die Nichtbeachtung der Grundsätze zur Darlegungslast bei der korrigierenden Rückgruppierung.

      • Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, es bedürfe keiner weiteren Ausführungen dazu, wie die Darlegungs- und Beweislast bei der korrigierenden Rückgruppierung verteilt sei, weil sich die Tätigkeit inhaltlich geändert habe. Die Revision rügt, daß das Landesarbeitsgericht der Darlegungslast der beklagten Stadt keine Bedeutung zugemessen habe. Die beklagte Stadt sei den substantiierten Vortrag, warum und inwieweit ihre bisherige Bewertung der Tätigkeit der Klägerin fehlerhaft gewesen sei, schuldig geblieben. Ausgehend davon habe die Klägerin die Erfüllung der tariflichen Voraussetzungen für die beanspruchte Vergütungsgruppe nicht darlegen müssen.
      • Der an die Vergütungsordnung des BAT bzw. BAT-O gebundene Arbeitgeber muß darlegen, inwieweit und weshalb die ursprünglich mitgeteilte Eingruppierung unrichtig ist, wenn er sich daran nicht festhalten lassen will (BAG 11. Juni 1997 – 10 AZR 724/95 – AP BMT-G II § 20 Nr. 6 = EzA TVG § 4 Eingruppierung Nr. 7; 18. Februar 1998 – 4 AZR 581/96 – BAGE 88, 69). Beruft sich der Angestellte auf die ihm vom Arbeitgeber mitgeteilte Vergütungsgruppe, so muß der Arbeitgeber die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Vergütungsgruppe darlegen und ggf. beweisen; die Fehlerhaftigkeit ist bereits gegeben, wenn es auch an nur einer der tariflichen Voraussetzungen für die mitgeteilte bisherige Eingruppierung fehlt (Senat 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – DB 2001, 596 = NZA-RR 2001, 216, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Danach kann sich die Klägerin zunächst darauf berufen, daß die beklagte Stadt ausgehend von der Arbeitsplatzbeschreibung vom 8. Februar 1995 die VergGr. IVb BAT-O als zutreffend angesehen hat. Deshalb oblag es der beklagten Stadt, die objektive Fehlerhaftigkeit dieser Eingruppierung oder aber die Umstände, die eine veränderte Eingruppierung begründen, darzulegen und ggf. zu beweisen.
      • Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, daß sich die Tätigkeit der Klägerin nach der Eingruppierung nach der VergGr. IVb BAT-O ab dem 1. Oktober 1995 auf der Grundlage der Arbeitsplatzbeschreibung vom 8. Februar 1995 in tariflich bedeutsamer Weise zu Lasten der Klägerin verändert hat. Nach der Behauptung der beklagten Stadt sind die Veränderungen auf Grund des 2. Funktionalreformgesetzes bereits in der Arbeitsplatzbeschreibung vom 8. Februar 1995 berücksichtigt worden, jedenfalls seien der Klägerin dadurch nicht höherwertige Aufgaben übertragen worden. Daß der tariflichen Bewertung der Tätigkeit der Klägerin ausgehend von der Arbeitsplatzbeschreibung vom 8. Februar 1995 durch nachfolgende Änderungen der auszuübenden Tätigkeit die Grundlage entzogen worden ist, hat die Beklagte gar nicht behauptet. Auch nach dem Vortrag der Klägerin ist das nicht der Fall. Die Klägerin hat zwar ihr Eingruppierungsbegehren auch mit den erweiterten Aufgabenzuweisungen nach dem 2. Funktionalreformgesetz begründet, sie hat aber nicht in Frage gestellt, daß nach der Arbeitsplatzbeschreibung vom 8. Februar 1995 die Eingruppierung in die VergGr. IVb BAT-O zutreffend gewesen sei.
      • Die beklagte Stadt hat die ihr obliegende Darlegungslast erfüllt, daß die im Änderungsvertrag vom 28. Mai 1996 ausgewiesene Höhergruppierung nach der VergGr. IVb BAT-O ab dem 1. Oktober 1995 objektiv fehlerhaft war. Sie hat im einzelnen und durch Bezugnahme auf verschiedene Urteile von Landesarbeitsgerichten dargelegt, daß der Klägerin jedenfalls keine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit übertragen worden ist. Das ist – wie oben dargelegt – im Ergebnis zutreffend.
  • Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
 

Unterschriften

Schliemann, Friedrich, Wolter, Wolf, Dräger

 

Fundstellen

Haufe-Index 892441

PersR 2001, 393

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