Stufenlaufzeit bei Korrektur einer Eingruppierung
Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 2017 bei der beklagten Stadt im Gemeindevollzugsdienst und in der Sekretariatsvertretung beschäftigt. Der TVöD findet auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Klägerin wurde zunächst nach der Entgeltgruppe (EG) 7 Stufe 3 vergütet. Ihr Begehren nach Eingruppierung in die EG 9a Stufe 3 wurde zwar abgelehnt, jedoch vergütete die Beklagte die Klägerin rückwirkend seit dem 1. September 2017 nach EG 8 Stufe 3. Die Klägerin verlangte jedoch weiterhin ein Entgelt nach EG 9a Stufe 3 und erhob eine entsprechende Feststellungsklage. Diese hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Allerdings legte die Beklagte hiergegen Berufung ein. In diesem Verfahren schloss man einen Vergleich, in dem sich die beklagte Stadt verpflichtete, an die Klägerin ab dem 1. Juni 2018 ein Entgelt nach EG 9a Stufe 3 zu zahlen. Da man sich zum Beginn der Stufenlaufzeit bis zur Stufe 4 nicht einigen konnte, verlangte nun die Klägerin mit ihrer Klage Entgelt nach Stufe 4 der EG 9a seit dem 1. Januar 2020.
BAG: Zwei Fallgestaltungen bei der Korrektur einer Eingruppierung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hielt die Revision für teilweise begründet und wies die Sache an das LAG zurück.
Das BAG führte zunächst aus, dass trotz des gerichtlichen Vergleichs zum 1. Juni 2018 keine Höhergruppierung gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD stattgefunden habe, die den tariflichen Beginn der Stufenlaufzeit in Stufe 3 der EG 9a ausgelöst hätte. Der Begriff der "Höhergruppierung" werde in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes entsprechend dem allgemeinen Wortgebrauch meist im Sinne einer dauerhaften Übertragung von Tätigkeiten einer höheren Entgeltgruppe verwendet.
Deshalb müsse nach Ansicht des BAG bei einer Korrektur der Eingruppierung zwischen zwei Fallgestaltungen differenziert werden:
- Keine Höhergruppierung im Tarifsinne liege vor, wenn Beschäftigte aufgrund einer falschen Bewertung der – unveränderten – Tätigkeit durch den Arbeitgeber schon seit der Einstellung irrtümlich nach einer niedrigeren Entgeltgruppe vergütet worden seien und der Arbeitgeber diesen Fehler korrigieren wolle. Aufgrund der Tarifautomatik (§ 12 TVöD) habe sich der Beschäftigte in diesem Fall eingruppierungsrechtlich schon seit dem Zeitpunkt, in dem die tariflichen Eingruppierungsmerkmale der höheren Entgeltgruppe erfüllt gewesen seien, in der höheren Entgeltgruppe befunden und habe daher seit diesem Zeitpunkt ununterbrochen Berufserfahrung erworben. In dieser Konstellation sei der Beschäftigte nach der Korrektur der Eingruppierung derjenigen Stufe zuzuordnen, die der Zeit in dieser Tätigkeit entspreche. Die Stufenzuordnung richtet sich dann nach § 16 TVöD.
- Von dieser Fallgestaltung sei zu unterscheiden eine nach der Einstellung, d. h. im Laufe des Beschäftigungsverhältnisses aufgrund einer Tätigkeits- oder Regelungsveränderung eingetretene Höhergruppierung, die zunächst nicht umgesetzt worden sei. Wenn der Tarifautomatik später Rechnung getragen und die sog. "korrigierenden Höhergruppierung" vollzogen werde, dann handele es sich um eine Höhergruppierung, die sich nach § 17 Abs. 4 TVöD richte. Die Korrektur wirke dann auf das Datum der Übertragung der Tätigkeit bzw. der Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals zurück, so dass auch die Stufenlaufzeit rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Höhergruppierung beginne.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) muss nun unter Berücksichtigung der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin klären, in welcher Entgeltgruppe die Klägerin seit dem 1. Januar 2017 eingruppiert gewesen ist. Erst dann kann die Frage beantwortet werden, zu welchem Zeitpunkt die Stufenlaufzeit nach § 16 TVöD begonnen hat.
(BAG, Urteil v. 8.12.2022, 6 AZR 459/21)
Hinweis:
§ 17 Abs. 4 TVöD lautet:
(4) Bei Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe aus den Entgeltgruppen 2 bis 14 der Anlage A (VKA) werden die Beschäftigten im Bereich der VKA der gleichen Stufe zugeordnet, die sie in der niedrigeren Entgeltgruppe erreicht haben, mindestens jedoch der Stufe 2. Die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe beginnt mit dem Tag der Höhergruppierung. Bei einer Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe ist die/der Beschäftige der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen, die in der bisherigen Stufe zurückgelegte Stufenlaufzeit wird auf die Stufenlaufzeit in der niedrigeren Entgeltgruppe angerechnet. Die/Der Beschäftigte erhält vom Beginn des Monats an, in dem die Veränderung wirksam wird, das entsprechende Tabellenentgelt aus der in Satz 1 oder Satz 3 festgelegten Stufe der betreffenden Entgeltgruppe.
-
Aktueller Stand der Besoldungsanpassung für Landesbeamte
17.4536
-
Jahressonderzahlung nach TVöD und TV-L
11.8361
-
Stufenzuordnung nach TV-L bei Einstellung: Anerkennung von Berufserfahrung
809
-
Ungenutztes Potenzial gegen Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst
464
-
Lohnpfändung bei Überlassung eines Dienstwagens
339
-
Tarifrunde 2022 im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst
3238
-
Anspruch auf Jahres- und Corona-Sonderzahlung in der Freistellungsphase bei Altersteilzeit
316
-
Keine Kürzung des Leistungsentgelts wegen Arbeitsunfähigkeit
238
-
Reform der Besoldung der Bundesbeamten verzögert sich
235
-
Besoldung der Bundesbeamten und Versorgungsempfänger wird angehoben
231
-
Für Beschäftigte in der Gastronomie eines kommunalen Eissportzentrums gilt der TVöD
16.09.2024
-
Aktueller Stand der Besoldungsanpassung für Landesbeamte
09.08.20246
-
Begrenzter Vertrauensschutz bei korrigierender Rückgruppierung in niedrigere Entgeltgruppe
11.07.2024
-
Wann liegt eine korrigierende Rückgruppierung vor?
06.06.2024
-
Entschuldigtes Fehlen trotz fehlender Entschuldigung
02.05.2024
-
Mehrleistungen aus Unfallkasse sind nicht auf Hinterbliebenenversorgung anzurechnen
12.04.2024
-
Reform der Besoldung der Bundesbeamten verzögert sich
21.03.2024
-
Eingruppierung von Beschäftigten in einer Serviceeinheit eines Amtsgerichts
06.03.2024
-
Lohnpfändung bei Überlassung eines Dienstwagens
07.02.2024
-
Keine anteilige Kürzung der Corona-Sonderzahlung bei Altersteilzeit im TV-L
01.02.2024