Entscheidungsstichwort (Thema)

Korrigierende Rückgruppierung eines Fernmeldehandwerkers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Falle einer korrigierenden Rückgruppierung muß der Arbeitgeber die Tatsachen vortragen, die eine fehlerhafte Eingruppierung des Arbeitnehmers begründen.

2. Beruft sich der Arbeitnehmer bei unveränderter Tätigkeit auf die bisherige Eingruppierung, muß der Arbeitgeber im einzelnen vortragen, warum und inwieweit seine bisherige Bewertung der Tätigkeit fehlerhaft war und deshalb die Eingruppierung korrigiert werden muß.

 

Orientierungssatz

Auslegung des § 4 des Bezirks-Zusatz-Tarifvertrag zum BMT-G für den Bereich des Kommunalen Arbeitgeberverbandes NRW (BZT-G/NRW) in der Fassung des 54. Änderungs-Tarifvertrages vom 7. Dezember 1990.

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 15.08.1995; Aktenzeichen 16 Sa 172/95)

ArbG Solingen (Entscheidung vom 14.12.1994; Aktenzeichen 2 Ca 1462/94)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

Der Kläger, von Beruf Mechaniker, ist seit dem 1. April 1966 bei dem beklagten L in dessen R beschäftigt und dort seit 1. April 1968 als Fernmeldehandwerker tätig. Seit 1976 wird er in der Dienststelle Fernmeldemeisterei Le im Fachgebiet "Fernmeldegeräteanlagen" eingesetzt.

Auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis findet der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) in Verbindung mit dem Bezirks-Zusatz-Tarifvertrag zum BMT-G für den Bereich des kommunalen Arbeitgeberverbandes NRW (BZT-G/NRW) in der Fassung des 54. Änderungs-Tarifvertrages vom 7. Dezember 1990 mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 Anwendung.

Zu den Aufgaben des Klägers gehört das Überprüfen, Reparieren und Warten von verschiedenen Autobahn-Selbstwähl-Anlagen (AUSA) und Einrichtungen, Postnebenstellenanlagen, Vermittlungseinrichtungen und -anlagen, Stromversorgungseinrichtungen für Vermittlungsanlagen sowie Endgeräten. Der Kläger betreut mit vier weiteren Fernmeldehandwerkern 64 Dienststellen bzw. Außendienststellen mit insgesamt 142 fernmeldetechnischen Anlagen.

Bei Arbeitsbeginn erhält er von seinem vorgesetzten Einsatzleiter, einem technischen Angestellten der Fernmeldemeisterei Le , einen Arbeitsauftrag, den er in der Regel zusammen mit einem Kollegen im Laufe des Tages zu erledigen hat. Nach Durchführung des Arbeitsauftrages und Rückkehr vom Einsatzort zeichnet der Einsatzleiter das Formular ab.

Mit Schreiben vom 18. September 1991 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß er mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 gem. § 4 BZT-G/NRW in Lohngruppe 8 a des Lohngruppenverzeichnisses zu § 4 BZT-G/NRW eingruppiert sei. Mit Schreiben vom 2. Dezember 1991 erklärte er, daß die nach Lohngruppe 8 a erfolgte Eingruppierung wahrscheinlich unrichtig sei, richtigerweise eine Einstufung in Lohngruppe 7 a hätte erfolgen müssen und zur Gewährleistung einer tarifgerechten Eingruppierung demnächst eine Überprüfung der Stellenbewertungen in der Fernmeldemeisterei erfolgen werde.

Der Kläger erstellte am 30. Januar 1992 eine Arbeitsplatzbeschreibung der von ihm ausgeübten Tätigkeiten, deren Richtigkeit vom Leiter der Fernmeldemeisterei Le bestätigt wurde. Danach hat der Kläger folgende als schwierig zu bezeichnende Arbeiten auszuführen:

- Zu 25 % der Arbeitszeit: Funktionsüberprüfungen an AUSA-Anlagen und Einrichtungen;

- zu 20 % der Arbeitszeit: Überprüfen von Anschalt-, Bedien- und Stromversorgungseinrichtungen für Vermittlungseinrichtungen;

- zu 25 % der Arbeitszeit: Funktionsüberprüfung von Postnebenstellenanlagen und -einrichtungen.

Daneben fallen folgende Tätigkeiten an:

- Zu 15 % der Arbeitszeit: Reparatur an Vermittlungseinrichtungen;

- zu 5 % der Arbeitszeit: Schaltarbeiten in Vermittlungsanlagen;

- zu 5 % der Arbeitszeit: Reparatur von Endgeräten;

- zu 5 % der Arbeitszeit: Wartung von Stromversorgungseinrichtungen.

Alle Arbeiten werden selbständig und eigenverantwortlich erledigt; es erfolgt keine Abnahme durch Vorgesetzte.

Mit Schreiben vom 17. Juni 1992 teilte der Beklagte dem Kläger mit, die Arbeitsplatzüberprüfung anhand der Stellenbeschreibung habe ergeben, daß seine Tätigkeit nach Lohngruppe 7 a BMT-G zu bewerten sei und eine dementsprechende korrigierende Rückgruppierung durchgeführt werde. Der Beklagte machte die Rückzahlung der erfolgten Überzahlung ab 1. Dezember 1991 geltend.

Mit seiner im Juni 1994 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Vergütungspflicht des Beklagten nach Lohngruppe 8 a auch für die Zukunft sowie eine Verzinsung der nachzuzahlenden Beträge mit 6 %.

Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe auch weiterhin ein Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe 8 a zu, da er nach wie vor die tariflichen Anforderungen der Lohngruppe 7 a Nr. 4 und infolge des Bewährungs- und Zeitaufstiegs der Lohngruppe 8 a erfülle. Mindestens zur Hälfte seiner Tätigkeit behebe er diverse Störungen und Fehlerquellen und erbringe damit Reparatur- oder Überholungsarbeiten an verschiedenen Anlagen. Bei den von ihm zu betreuenden Anlagen handele es sich u.a. um komplizierte Fernsprechanlagen großer Ausdehnung und wechselnder Systeme. Die Arbeiten an den AUSA-Anlagen und Einrichtungen verschiedener Systeme seien nur nach speziellen Schulungen durch die Herstellerfirmen möglich. Bei den Postanlagen würden unterschiedliche Systeme - mechanische und elektronische - eingesetzt, an denen er in verschiedenartigen Störungsfällen zu reparieren und Überholungsarbeiten durchzuführen habe. Hierzu benötige er insbesondere herstellerbezogene Programmierkenntnisse und anlagenspezifische Spezialkenntnisse. Es handele sich um vielseitige Arbeiten, da er unterschiedliche Störungen und Fehlerquellen an verschiedenen Anlagesystemen zu beseitigen habe. Die aufgeführten Tätigkeiten erledige er selbständig und eigenverantwortlich, da er nach Erhalt des Arbeitsauftrags die Störungsbeseitigung ohne besondere Anweisungen durch entsprechende Maßnahmen vor Ort ausführe, eine Abnahme durch einen Vorgesetzten nicht erfolge und der Einsatzleiter lediglich die Arbeitszeiten und den Einsatzort abzeichne.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an ihn ab dem 1. Dezember 1991 den Lohn nach Lohngruppe 8 a des Lohngruppenverzeichnisses zu § 4 Abs. 1 BZT-G/NRW (zu § 20 BMT- G II) zu zahlen;

2. weiter festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, die von ihm nachzuzahlenden Beträge ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit mit 6 % (pro Jahr) zu verzinsen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Er ist der Ansicht, der Kläger habe die Voraussetzungen der Lohngruppe 7 a nicht schlüssig dargelegt, insbesondere nicht dargetan, warum seine Tätigkeit gegenüber den Tätigkeitsmerkmalen der Lohngruppe 6 als herausgehoben anzusehen sei. Ein wertender Vergleich zur Lohngruppe 6 sei weder vom Kläger angestellt worden noch aufgrund seiner Ausführungen möglich. Die von ihm ausgeübten Tätigkeiten habe er lediglich abstrakt dargestellt, so daß die Bildung von Arbeitsvorgängen nicht möglich sei. Der Kläger führe im wesentlichen reine Funktionsüberprüfungen und nicht Reparatur- oder Überholungsarbeiten an Fernmeldeeinrichtungen aus. Darüber hinaus fehle es auch an dem Merkmal der "Vielseitigkeit", da der Kläger ausschließlich für den Fachbereich der Fernmeldegeräteanlagen arbeite. Es handele sich weder um komplizierte Anlagen noch um solche mit großer Ausdehnung und wechselnden Systemen. Auch führe der Kläger seine Arbeiten weder verantwortlich noch selbständig i.S. der Tarifregelungen durch. Nach Durchführung des Arbeitsauftrages habe er den Auftragszettel dem Einsatzleiter zur Kontrolle und Unterschrift vorzulegen. Im übrigen müsse dieses Tarifmerkmal einen Anteil von mindestens 50 % ausmachen, was beim Kläger nicht der Fall sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist nicht begründet.

Der Beklagte ist verpflichtet, den Kläger auch weiterhin nach Lohngruppe 8 a BMT-G zu vergüten und die nachzuzahlenden Beträge mit 4 % zu verzinsen. Zu Recht haben die Vorinstanzen der Klage daher in diesem Umfang stattgegeben.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, der Beklagte sei weiterhin zur Zahlung des Lohnes nach Lohngruppe 8 a verpflichtet, weil der Kläger die tariflichen Voraussetzungen der Lohngruppe 7 a Nr. 4 schlüssig dargelegt habe und die Voraussetzungen für den Bewährungsaufstieg des Klägers nach Lohngruppe 8 und des Zeitaufstiegs nach Lohngruppe 8 a unstreitig seien. Der Aufstellung der Arbeitsaufträge für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1995, aus der sich detailliert Art und Umfang der Tätigkeiten des Klägers ergebe, sei zu entnehmen, daß der Kläger mindestens zur Hälfte Reparatur- oder Überholungsarbeiten durchführe. Angesichts der Tatsache, daß der Beklagte die Voraussetzungen der Lohngruppe 6 für den Kläger bejahe, diese Lohngruppe ebenfalls das Merkmal "kompliziert" enthalte und im Hinblick auf das Erfordernis anlagenspezifischer Spezialkenntnisse, sei auch das Tarifmerkmal "komplizierte Anlage" erfüllt. Es handele sich um Anlagen großer Ausdehnung, da sie bundesweit vernetzt seien. Unter Berücksichtigung der Verschiedenartigkeit mechanischer und elektronischer Systeme sei das Merkmal "wechselnde Systeme" und aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsaufträge, der verschiedenen Störungen und Fehlerquellen sowie Anlagesystemen der Begriff der "vielseitigen Arbeiten" ebenfalls zu bejahen. Der Kläger führe die Tätigkeiten selbständig durch, da er die Störungs- und Fehlerbeseitigung ohne besondere Anweisung eigenständig vornehme. Er arbeite desweiteren verantwortlich, weil der Einsatzleiter lediglich die Arbeitszeiten und den Einsatzort für den Lohnnachweis abzeichne und die Ordnungsgemäßheit der Arbeiten nicht überprüfe.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

II. Der Kläger hat auch über den 1. Dezember 1991 hinaus einen Anspruch auf Entlohnung nach Lohngruppe 8 a BMT-G.

1. Die Klage ist zulässig.

Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (z.B. BAG Urteil vom 19. März 1986 - 4 AZR 470/84 - AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Das gilt auch für den auf die Verzinsung gerichteten Feststellungsantrag (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit BAGE 22, 247, 249 = AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT).

2. Die Klage ist auch begründet.

a) Die Eingruppierung des Klägers richtet sich nach den Bestimmungen des BMT-G und BZT-G/NRW. Nach § 4 Abs. 1 Unterabs. 1 BZT-G/NRW (zu § 20 BMT-G) ist der Arbeiter in die Lohngruppe des Lohngruppenverzeichnisses im Anhang 2 eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte entspricht. Sofern ein hiervon abweichendes zeitliches Maß bestimmt ist, gilt dieses (§ 4 Abs. 1 Unterabs. 2 BZT-G/NRW).

Für den Rechtsstreit maßgeblich sind die folgenden Bestimmungen des Lohngruppenverzeichnisses in der Fassung des 54. Änderungs-TV-BZT-G/NRW:

"Lohngruppe 6

1. Arbeiter der Lohngruppe 5 mit besonders qualifizierter oder besonders vielseitiger Tätigkeit

2. ...

3. ...

Abschnitt a)

Gelernter Handwerker, Angehörige anderer anerkannter Ausbildungsberufe (Lehrberufe) mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren, die eine ordnungsgemäß abgeschlossene Berufsausbildung (Lehrzeit) durch Zeugnisse nachgewiesen haben und in ihrem erlernten oder einem verwandten Fach eine besonders qualifizierte Spezialtätigkeit verrichten, und zwar als

...

11. Elektriker, Installateure, Mechaniker u.ä., die Montage, Reparatur- oder Überholungsarbeiten an komplizierten meß-, regel- oder steuerungstechnischen Anlagen oder an komplizierten Fernsprech-, Fernseh- oder Funkanlagen selbständig und verantwortlich ausführen*)

Lohngruppe 7

1. ...

2. Arbeiter der Lohngruppe 6 nach vierjähriger Bewährung

Abschnitt a)

Gelernter Handwerker, Angehörige anderer anerkannter Ausbildungsberufe (Lehrberufe) mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren, die eine ordnungsgemäß abgeschlossene Berufsausbildung (Lehrzeit) durch Zeugnisse nachgewiesen haben, die eine der folgenden Tätigkeiten verrichten:

...

4. Elektriker, Installateure, Mechaniker u.ä., die vielseitige Reparatur- oder Überholungsarbeiten an komplizierten meß-, regel- oder steuerungstechnischen Anlagen wechselnder Systeme und mit einer Vielzahl von Regelkreisen oder an komplizierten Fernsprech-, Fernseh- oder Funkanlagen großer Ausdehnung und wechselnder Systeme selbständig und verantwortlich durchführen

Lohngruppe 8

Arbeiter der Lohngruppe 7 Abschnitt a) nach vierjähriger Bewährung in dieser Lohngruppe und diesem Abschnitt.

Lohngruppe 8 a

Arbeiter der Lohngruppe 8 nach vierjähriger Tätigkeit in dieser Lohngruppe"

Die "Vorbemerkungen zu allen Lohngruppen" bestimmen - soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung - folgendes:

2. Das mit dem Hinweiszeichen "*)" versehene Tätigkeitsmerkmal gilt als erfüllt, wenn der Arbeiter die geforderte Tätigkeit bzw. Teiltätigkeit in nicht unerheblichem Umfang ausübt. Der Umfang ist nicht mehr unerheblich, wenn er ein Viertel der Gesamttätigkeit ausmacht.

5. Die Anforderungen "selbständig" und "verantwortlich" verlangen ab der Lohngruppe 6, daß der Arbeiter über das bis zur Lohngruppe 5 geforderte Maß hinaus die Tätigkeit der jeweiligen Tätigkeitsmerkmale ohne besondere Anweisung ausführt ("selbständig") und für die durchzuführende Arbeit die volle Verantwortung trägt ("verantwortlich"). Darüber hinausgehende Verantwortung aus anderem Recht ist keine Anforderung i.S. der Tätigkeitsmerkmale.

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat ein Arbeitnehmer bei Erfüllung der tariflichen Anforderungen einen entsprechenden Vergütungsanspruch; der Entscheidung des Arbeitgebers über die Einstufung des Arbeitnehmers kommt nur deklaratorische Bedeutung zu (Urteil vom 16. Oktober 1974 - 4 AZR 1/74 - AP Nr. 81 zu §§ 22, 23 BAT; Urteil vom 28. Oktober 1981 - 4 AZR 244/79 - BAGE 36, 392 = AP Nr. 54 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Beschluß vom 12. Januar 1993 - 1 ABR 42/92 - BAGE 72, 123 = AP Nr. 101 zu § 99 BetrVG 1972; Beschluß vom 9. Februar 1993 - 1 ABR 51/92 - BAGE 72, 187 = AP Nr. 103 zu § 99 BetrVG 1972).

c) Die Eingruppierung in die Lohngruppe 8 a baut auf einem Bewährungsaufstieg in die Lohngruppe 8 und den Tätigkeitsmerkmalen der Lohngruppe 7 a auf; daher ist zunächst das Vorliegen der Merkmale der Ausgangsvergütungsgruppe und danach der Bewährungs- und Zeitaufstieg in die höheren Lohngruppen zu prüfen (BAG Urteil vom 6. Juni 1984 - 4 AZR 203/82 - AP Nr. 91 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.). Hiervon sind auch die Vorinstanzen zutreffend ausgegangen. Dabei ist eine pauschale Überprüfung ausreichend, soweit der hierfür maßgebende Sachverhalt unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst für die Tätigkeit des Arbeitnehmers die Tätigkeitsmerkmale der entsprechenden Vergütungsgruppe als erfüllt ansieht (BAG Urteil vom 6. Juni 1984 - 4 AZR 218/82 - AP Nr. 90 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Danach ist der Kläger zutreffend in die Lohngruppe 8 a eingruppiert worden. Seine zu mehr als der Hälfte der Arbeitszeit ausgeübte Tätigkeit erfüllt die Voraussetzungen der Lohngruppe 7 Abschn. a Nr. 4.; daher ist der Kläger zutreffend nach vierjähriger Bewährung in dieser Lohngruppe in die Lohngruppe 8 und nach vierjähriger Tätigkeit in der Lohngruppe 8 in die Lohngruppe 8 a höhergruppiert worden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 19. März 1980 - 4 AZR 300/78 - AP Nr. 32 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 24. September 1980 - 4 AZR 727/78 - BAGE 34, 158 = AP Nr. 36 zu §§ 22, 23 BAT 1975) hat der Kläger einer Eingruppierungsfeststellungsklage nach den allgemeinen Grundsätzen des materiellen und des Verfahrensrechts diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Streitfalle zu beweisen, aus denen für das Gericht der rechtliche Schluß möglich ist, daß er die tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluß der darin vorgesehenen Qualifizierungsmerkmale erfüllt.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger - wie auch das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - die Voraussetzungen der Eingruppierung in Lohngruppe 7 Abschn. a Nr. 4. ausreichend dargetan; ursprünglich hat auch der beklagte Arbeitgeber die Tätigkeitsmerkmale dieser Lohngruppe als erfüllt angesehen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes dem Arbeitnehmer im Wege des Normenvollzuges das gewähren will, was diesem tarifvertraglich zusteht (BAG Urteil vom 1. September 1982 - 4 AZR 951/79 - AP Nr. 65 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 23. August 1995 - 4 AZR 352/94 - ZTR 1996, 169 ff.; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand Mai 1997, § 22 Anm. 73 ff. und 205 ff.; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Mai 1997, § 22 Rz 15 ff.). Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes will grundsätzlich keine übertarifliche Vergütung, sondern nur das zahlen, wozu er tarifrechtlich verpflichtet ist (BAG Urteil vom 23. August 1995 - 4 AZR 352/94 - ZTR 1996, 169 ff.; BAG Urteil vom 8. August 1996 - 6 AZR 1013/94 - AP Nr. 46 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muß und kann grundsätzlich davon ausgehen, daß ihm sein Arbeitgeber diejenigen Leistungen gewährt, zu denen er rechtlich verpflichtet ist.

Das gilt auch für die vom Beklagten ursprünglich vorgenommene Eingruppierung des Klägers in die Lohngruppe 8 a BZT-G/NRW. Der Kläger durfte davon ausgehen, daß sich der Beklagte bei dieser Eingruppierung an das Tarifrecht gehalten hat.

Auch wenn der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt ist, eine irrtümlicherweise vorgenommene Eingruppierung zu korrigieren, einen irrtümlich zu hoch eingruppierten Arbeitnehmer also in die zutreffende - niedrigere - Vergütungsgruppe - korrigierend - zurückzugruppieren, so muß er doch darlegen, welcher Irrtum ihm bei der ursprünglich vorgenommenen Eingruppierung unterlaufen ist. Dabei muß der Arbeitgeber entweder einen Rechtsirrtum dartun oder substantiiert die Tatsachen vortragen, die eine fehlerhafte Eingruppierung des Arbeitnehmers begründen. Beruft sich der Arbeitnehmer auf eine unveränderte Tätigkeit und die bisherige, auch vom Arbeitgeber für richtig gehaltene Eingruppierung, ist es Sache des Arbeitgebers, im einzelnen vorzutragen, warum und inwieweit seine bisherige Bewertung der Tätigkeit fehlerhaft war und deshalb die Eingruppierung korrigiert werden muß (Gewehr, Die "korrigierende Rückgruppierung" - eine Ausnahme, kein Grundsatz], ZTR 1997, 211). Ein bloßer Hinweis des Arbeitgebers auf die Überprüfung der Stellenbewertung genügt nicht. Für die gerichtliche Nachprüfung muß nachvollziehbar sein, daß und inwieweit sich der Arbeitgeber bei der ursprünglichen Stellenbewertung geirrt hat; dazu bedarf es einer nachvollziehbaren Erläuterung der ursprünglichen und jetzigen Stellenbewertung.

Im Hinblick darauf, daß er grundsätzlich nur das gewähren will, wozu er tarifrechtlich verpflichtet ist, gilt das insbesondere für einen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes.

Im vorliegenden Falle hat der Beklagte nicht dargelegt, daß die von ihm ursprünglich vorgenommene Eingruppierung des Klägers auf einem Irrtum beruhte. Der Arbeitgeber ist bei einer unverändert gebliebenen Tätigkeit des Klägers aufgrund einer erneuten Arbeitsplatzüberprüfung lediglich zu dem Ergebnis gekommen, der Arbeitnehmer sei einer niedrigeren Lohngruppe zuzuordnen. Welcher Rechts- bzw. Tatsachenirrtum ihm bei der früheren Arbeitsplatzbewertung und Eingruppierung unterlaufen ist, hat er nicht dargelegt. Der bloße Vortrag des Beklagten, die erneute Arbeitsplatzüberprüfung anhand der Stellenbeschreibung habe ergeben, daß die Tätigkeit des Klägers nach Lohngruppe 7 a BMT-G zu bewerten sei, genügt daher den Anforderungen nicht.

Darauf, ob der Personalrat zu beteiligen gewesen wäre, kommt es nicht an. Die Verletzung des Mitbestimmungsrechts könnte einen Vergütungsanspruch nicht begründen (BAG Urteil vom 30. Mai 1990 - 4 AZR 74/90 - BAGE 65, 163 = AP Nr. 31 zu § 75 BPersVG).

Die Revision des Beklagten ist zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Matthes Hauck Richter Böck ist durch Urlaub an der Unterschrift verhindert.

Matthes

Bacher Burger

 

Fundstellen

Haufe-Index 519027

BB 1997, 2384 (Leitsatz 1-2)

DB 1998, 2616

EBE/BAG Beilage 1997, Ls 279/97 (Leitsatz 1-2)

BetrR 1998, 20-22 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

ARST 1998, 21 (Leitsatz 1-2)

EWiR 1998, 227 (Leitsatz)

FA 1998, 29-30 (Leitsatz 1-2)

RdA 1998, 58

RdA 1998, 58 (Leitsatz 1-2)

ZTR 1998, 29-31 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

AP § 20 BMT-G II (Leitsatz 1-2 und Gründe), Nr 6

ArbuR 1998, 37 (red. Leitsatz 1)

EzA § 4 TVG Eingruppierung, Nr 7 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

EzBAT §§ 22, 23 BAT A, Nr 58 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

GdS-Zeitung 1998, Nr 4, 18 (Kurzwiedergabe)

NZA-RR 1998, 140-142 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

PersR 1998, 211

PersR 1998, 211-212 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

ZfPR 1998, 131 (Leitsatz 1-2)

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