Entscheidungsstichwort (Thema)

Verspätete Urteilsabsetzung

 

Normenkette

ZPO § 551 Nr. 7

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 02.02.1994; Aktenzeichen 14 Sa 1702/93)

ArbG Hagen (Westfalen) (Urteil vom 01.09.1993; Aktenzeichen 3 Ca 147/93)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Februar 1994 – 14 Sa 1702/93 – aufgehoben.

2. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagen Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag vom 31. August 1971 zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV SozSich).

Der Kläger war seit dem 1. April 1965 bei den britischen Stationierungsstreitkräften, zuletzt in der Wohnheimverwaltung bei der …. Base Workshop … in W., beschäftigt. Aus Anlaß der Truppenreduzierung bei der britischen Rheinarmee wurde das Arbeitsverhältnis durch betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung zum 30. September 1992 beendet.

Die Beklagte lehnte die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich unter Hinweis auf ein mit Wirkung ab 1. Dezember 1992 eingegangenes Teilzeitarbeitsverhältnis des Klägers mit dessen Ehefrau ab.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.887,28 DM brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten durch das am 2. Februar 1994 verkündete Berufungsurteil zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Das Berufungsurteil wurde der Beklagten am 25. August 1994 zugestellt. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie rügt, das Berufungsurteil sei nicht innerhalb von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgesetzt worden; es stelle deshalb eine Entscheidung ohne Gründe im Sinne des § 551 Nr. 7 ZPO dar. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil war ohne weitere Sachprüfung aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

1. Das angefochtene Urteil ist nicht rechtzeitig abgesetzt worden.

a) Tatbestand und Entscheidungsgründe des am 2. Februar 1994 verkündeten Berufungsurteils waren am 17. August 1994 unstreitig noch nicht schriftlich niedergelegt, von den Richtern unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden. Damit waren seit der Verkündung mehr als fünf Monate vergangen. Das Urteil ist deshalb als nicht mit Gründen versehen zu betrachten.

b) Der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes hat in seinem Beschluß vom 27. April 1993 (– GmS-OGB 1/92 – AP Nr. 21 zu § 551 ZPO) entschieden, daß ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefaßtes Urteil im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen ist, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach der Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle des Gerichts übergeben worden sind. Der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes hat dies u.a. damit begründet, § 552 ZPO ordne aus Gründen der Rechtssicherheit an, daß zur Vermeidung von Fehlerinnerungen der an der Urteilsfällung beteiligten Richter das Urteil innerhalb von fünf Monaten nach der Verkündung in vollständig abgefaßter Form vorliegen müsse. Dies gelte für alle Gerichtsbarkeiten.

c) Dieser zu der mit § 551 Nr. 7 ZPO wortgleichen Bestimmung des § 138 Nr. 6 VwGO ergangenen Rechtsprechung hat sich das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. BAG Urteil vom 4. August 1993 – 4 AZR 501/92 – AP Nr. 22 zu § 551 ZPO, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Urteile vom 6. Oktober 1993 – 5 AZR 289/91 –; vom 7. Oktober 1993 – 2 AZR 293/93 –; vom 24. November 1993 – 10 AZR 371/93 –; vom 25. November 1993 – 2 AZR 406/93 –; vom 16. Dezember 1993 – 8 AZR 114/93 –; vom 8. Februar 1994 – 9 AZR 591/93 – AP Nr. 23 zu § 72 ArbGG 1979, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Senatsurteil vom 8. September 1994 – 6 AZR 768/93 –).

2. Das angefochtene Urteil des Landesarbeitsgerichts war daher gem. §§ 564, 565, 550, 551 Nr. 7 ZPO auf die Rüge der Beklagten aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Dr. Jobs, Dr. Armbrüster, Bott, D. Knauß, Kapitza

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1093021

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