Entscheidungsstichwort (Thema)

Grabenlose Verlegung von Versorgungsleitungen als bauliche Leistung

 

Leitsatz (amtlich)

Die grabenlose Verlegung von Versorgungsleitungen in einem speziellen Wasserdruckverfahren wird als Rohrleitungsbau vom betrieblichen Geltungsbereich der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes erfaßt.

 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Bau; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 i.d.F. vom 10. September 1992 (VTV) § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25, § 27

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 26.06.1995; Aktenzeichen 16 Sa 1850/94)

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 27.09.1994; Aktenzeichen 1 Ca 2797/93)

 

Tenor

  • Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Juni 1995 – 16 Sa 1850/94 – insoweit aufgehoben, als die Beklagten zur Auskunftserteilung für die Monate Dezember 1990 bis November 1991 einschließlich verurteilt worden sind.
  • Insoweit wird unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 27. September 1994 – 1 Ca 2797/93 – die Klage abgewiesen.

    Die Entschädigungssumme wird wie folgt herabgesetzt:

    zu 1.1

     417.716,00 DM

    zu 1.2.1 und 1.2.2 

    23.963,00 DM

  • Im übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
  • Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 2/3 die Klägerin, zu 1/3 die Beklagten.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zu 1) im Klagezeitraum einen Baubetrieb im Sinne der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes unterhalten hat und die Beklagten daher zur Auskunftserteilung an die Klägerin verpflichtet sind.

Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (im folgenden: ZVK). Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt die Beklagten nach Maßgabe der Sozialkassentarifverträge auf Auskunftserteilung für den Zeitraum Dezember 1989 bis einschließlich Dezember 1993, sowie für den Fall der Nichterteilung der Auskunft auf Zahlung einer Entschädigung in Anspruch.

Die Beklagte zu 1) unterhält einen Betrieb, in dem die grabenlose Installation von Versorgungsleitungen, insbesondere Gasleitungen durchgeführt wird. Die Beklagte zu 2) ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1). Bei dem Verfahren der grabenlosen Installation von Versorgungsleitungen erfolgt die Verlegung der Rohrleitungen in der Weise, daß zunächst ein unterirdischer Bohrvortrieb mit scharfen, schneidenden Wasserstrahlen durchgeführt und sodann im Rückwärtseinzug durch den zuvor ausgeweiteten Bohrkanal die Rohrleitung verlegt wird. Das Verfahren, das mehrfach patentiert ist, ermöglicht es, unter Schonung der Erdoberfläche Versorgungsleitungen z.B. unter Gewässern, Straßen, Kanälen, Bahnlinien, Dämmen und Bauwerken zu verlegen.

In den vom Landesarbeitsgericht beigezogenen Akten des Parallelverfahrens mit dem Aktenzeichen 16 Sa 1759/94 (– 10 AZR 744/95 –) haben die Geschäftsführer der Beklagten zu 2) die Tätigkeiten der Beklagten zu 1) und die jeweiligen Zeitanteile wie folgt dargestellt:

  • Zu 25 % der gesamtbetrieblichen Tätigkeit:

    Verlegen der Leitungen einschließlich des Erstellens des Bohrkanals (speziell: Verlegung von Gasleitungen);

  • zu 20 % der gesamtbetrieblichen Arbeitszeit:

    Transport der Rohrleitungen von fremden oder eigenen Lagerplätzen zu Baustellen;

    etwa 20 % der transportierten Rohre werden nicht von der Beklagten zu 1), sondern von Subunternehmern auf konventionelle Weise verlegt;

  • zu 16 % der Gesamtarbeitszeit:

    Werkstatt- und Lagerarbeiten, insbesondere das Lagern von Rohren, Werkstoffen, Betriebsstoffen sowie Hilfsstoffen, die später beim Verlegen der Versorgungsleitungen eingesetzt werden;

  • zu 10 % der gesamtbetrieblichen Tätigkeit:

    Blech-, Schlosser- und Installationsarbeiten, insbesondere die Reparatur und Vorbereitung der Arbeitsgeräte, die beim Verlegen der Leitungen eingesetzt werden;

  • zu 9 % der gesamtbetrieblichen Arbeitszeit:

    Elektronische Ortung von Untergründen, bevor mit der grabenlosen Installation von Leitungen begonnen wird;

  • zu 14 % der gesamtbetrieblichen Tätigkeit:

    Bodenuntersuchungen vor der eigentlichen Rohrverlegung, um festzustellen, ob der Untergrund für die grabenlose Installation von Versorgungsleitungen geeignet ist oder nicht;

    zu 10 % dieser Tätigkeit umfaßt der Auftrag nicht gleichzeitig die Installation der Versorgungsleitungen;

  • zu 6 % der Arbeitszeit:

    Herstellung von Gleit- und Schmiermitteln, die in der Regel von der Beklagten zu 1) bei der Rohrverlegung verwendet werden.

Zum betrieblichen Geltungsbereich heißt es im Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren in der maßgeblichen Fassung (VTV) – soweit hier von Interesse:

“§ 1

Geltungsbereich

  • Betrieblicher Geltungsbereich

    Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.

Abschnitt V

  • Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z.B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:
  • Bohrarbeiten
  • Rohrleitungsbau-, Rohrleitungstiefbau-, Kabelleitungstiefbauarbeiten und Bodendurchpressungen;

Abschnitt VII

Nicht erfaßt werden Betriebe

  • des Klempnerhandwerks, des Gas- und Wasserinstallationsgewerbes, des Elektroinstallationsgewerbes, des Zenralheizungsbauer- und Lüftungsbauergewerbes sowie des Klimaanlagenbaues, soweit nicht Arbeiten der in Abschn. IV oder V aufgeführten Art ausgeführt werden.

Die ZVK, die sich den Vortrag der Beklagten hilfsweise zu eigen gemacht hat, ist der Auffassung, mit diesen Tätigkeiten sei der Betrieb der Beklagten zu 1) im Klagezeitraum ein baugewerblicher Betrieb im Sinne der Bautarifverträge. Die Beklagten seien daher zur Erteilung der tarifvertraglich vorgeschriebenen Auskünfte für die gewerblichen Arbeitnehmer und die Angestellten für den Zeitraum Dezember 1989 bis Dezember 1993 verpflichtet.

Die ZVK hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

  • dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,

    • wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (bis 31.12.1991) bzw. ab dem 01.01.1992 nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches, Sechstes Buch (SGB VI) über die gesetzliche Rentenversicherung versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Dezember 1989 bis Dezember 1993 in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
    • wieviel Angestellte insgesamt und wieviele Angestellte, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mindestens 20 Stunden beträgt (bis 31.12.1989) bzw. ab 01.01.1990 wieviele Angestellte insgesamt mit Ausnahme derjenigen, die eine geringfügige Beschäftigung im Sinne von § 8 SGB IV ausüben, in den Monaten Dezember 1989 bis Dezember 1993 in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden, welche Bruttogehaltssummen (gilt nur für den Zeitraum 01.01.1987 bis 30.04.1992) und in welcher Höhe Vorruhestands- (bis 30.04.1992) sowie Zusatzversorgungsbeiträge für die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
  • für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen:

    zu Nr. 1.1

    1.052.500,00 DM

    zu Nr. 1.2

    57.639,75 DM

    Gesamtbetrag :

    1.110.139,75 DM.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie sind der Auffassung, der Betrieb der Beklagten zu 1) sei kein baugewerblicher im tariflichen Sinne. Auf das Installieren der Rohrleitungen einschließlich etwaiger Zusammenhangstätigkeiten entfielen nicht mehr als 41 % der gesamtbetrieblichen Arbeitszeit; die übrigen Tätigkeiten, die nicht unmittelbar auf die grabenlose Installation von Rohrleitungen entfielen, hingen mit der Rohrverlegung nicht zusammen und seien außerdem – wie die Rohrverlegung selbst – keine baulichen Tätigkeiten. Im übrigen sei die Klage nicht schlüssig begründet und die Beitragsforderung für den Klagezeitraum verjährt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage hinsichtlich der Auskünfte für die Monate Dezember 1989 bis einschließlich November 1990 abgewiesen und im übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Die ZVK bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat für den Zeitraum Dezember 1990 bis November 1991 Erfolg, im übrigen ist sie unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß der ZVK die mit der Klage geltend gemachten Auskunftsansprüche dem Grunde nach zustehen, weil der Betrieb der Beklagten zu 1) vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt wird. Für den Zeitraum Dezember 1990 bis November 1991 sind jedoch evtl. aus der Auskunft der Beklagten folgende Beitragsansprüche verjährt, insoweit stehen der ZVK die Auskunftsansprüche nicht mehr zu. Soweit das Landesarbeitsgericht die Klage der ZVK bereits hinsichtlich der Auskünfte für die Monate Dezember 1989 bis November 1990 abgewiesen hat, ist sein Urteil rechtskräftig geworden, da die ZVK kein Rechtsmittel eingelegt hat.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, das Auskunftsverlangen der ZVK folge aus § 27 Abs. 1 des VTV in der jeweils gültigen und für allgemeinverbindlich erklärten Fassung. Der Betrieb der Beklagten zu 1) werde vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt, da in jedem Kalenderjahr des Klagezeitraums arbeitszeitlich überwiegend bauliche Tätigkeiten durchgeführt worden seien. Das von der Beklagten zu 1) durchgeführte grabenlose Installieren von Versorgungsleitungen unter der Erde sei als bauliche Tätigkeit anzusehen; unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten seien diese Arbeiten arbeitszeitlich überwiegend durchgeführt worden. Die grabenlose Installation von Rohrleitungen stelle Bohrarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 6 (bis zum 30. Juni 1992 Nr. 5) VTV, soweit es um die Schaffung des erforderlichen Bohrkanals gehe, bzw. Rohrleitungsbauarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25 (bis zum 31. Mai 1992 Nr. 23) VTV dar, soweit es um die Rohrverlegung selbst gehe. Insbesondere gehöre zu den Arbeiten des Rohrleitungsbaus auch das bloße Verlegen oder Montieren von Rohren, ohne daß Erdarbeiten erforderlich würden. Soweit der VTV auch das Ausheben von Gräben bzw. Schächten verlange, spreche er ausdrücklich von “Tief”-Bauarbeiten. Da in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25 jedoch neben dem Rohrleitungstiefbau auch der Rohrleitungsbau genannt sei, folge daraus, daß die Tarifvertragsparteien das bloße Verlegen von Rohren, gleichgültig wo und in welcher Form, erfassen wollten. Da die Beklagte zu 1) Rohrleitungen – wenn auch in einem hochtechnisierten Verfahren – verlege, werde sie vom betrieblichen Geltungsbereich des Bau-TV erfaßt. Diese Tätigkeiten überwögen arbeitszeitlich, weil ihnen diejenigen Arbeiten zugerechnet werden müßten, die als Nebenarbeiten zur sachgerechten Ausführung dieser baulichen Leistungen notwendig seien; das seien alle die Arbeiten, die die Erbringung der baulichen Leistung erst ermöglichten. Somit seien die durchgeführten Ortungs- und Bodenuntersuchungsarbeiten, die Transport-, Werkstatt-, Lager- sowie Blech-, Schlosser- und Installationsarbeiten der reinen Arbeitszeit der grabenlosen Rohrverlegung hinzuzurechnen; damit entfielen mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit der Beklagten zu 1) in allen Kalenderjahren des Klagezeitraums auf bauliche Tätigkeiten. Der Betrieb der Beklagten zu 1) sei auch nicht als Betrieb des Gasinstallationsgewerbes vom VTV ausgenommen. Für die danach von der Beklagten zu 1) zu erteilenden Auskünfte hafte die Beklagte zu 2) zwar nicht als, jedoch wie ein Gesamtschuldner.

Soweit die Auskunftsklage den Zeitraum Dezember 1989 bis November 1990 betreffe, sei sie jedoch unbegründet, da Ansprüche der ZVK auf Zahlung von Beiträgen für diesen Zeitraum verjährt seien. Die ZVK habe den entsprechenden Beitragsanspruch nicht gerichtlich – z. B. durch eine Stufenklage – geltend gemacht. Ein über die Beitragszahlung hinausgehendes Interesse des Auskunftsanspruchs habe die ZVK nicht dargelegt.

Den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis zu folgen.

II. Die ZVK hat grundsätzlich einen Auskunftsanspruch gegen die Beklagten aus § 27 VTV, da der Betrieb der Beklagten zu 1) dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unterfällt.

a) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klage zulässig. Die Klageschrift genügt den Anforderungen des § 253 ZPO, der für die Klageerhebung neben der Bezeichnung der Parteien und des Gerichts zwingend nur die Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag verlangt. Diesen Anforderungen genügt das von der ZVK für die Klageerhebung verwendete Formular (BAG Urteil vom 10. April 1991 – 4 AZR 479/90 – AP Nr. 141 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Durch die vor der Unterschrift befindliche Verweisung auf die Rückseite ist die dort niedergelegte Begründung für die einzelnen Klageanträge zum Gegenstand des Klageschriftsatzes gemacht worden. Daß für die Klage ein Formular verwandt worden ist, das auch andere, im konkreten Fall nicht einschlägige Begründungen umfaßt, ist unschädlich. Welche Anträge gestellt werden und auf welche Begründung verwiesen wird, ist unschwer erkennbar, zumindest für eine Partei, die – wie die Beklagten – im Geschäftsverkehr tätig ist und hier mit einer Vielzahl von Formularen aller Art konfrontiert wird, deren Inhalt zu erfassen, regelmäßig mehr Aufwand erfordert als das Lesen eines zusammenhängenden Textes.

Die Klage ist in dieser Form auch schlüssig. Sie enthält die Tatsachenbehauptung, daß die Beklagte ein Unternehmen betreibt, das “Bodendurchpressungen” ausführt. Unter diesem Begriff versteht die ZVK eine bestimmte Tätigkeit, von der sie – wie die Begründung ergibt – der Ansicht ist, daß sie eine baugewerbliche Tätigkeit ist, die den geltend gemachten Klageanspruch begründet. Die Beklagten können darauf bezogen konkret Stellung nehmen. Sie können, wie sie es auch getan haben, vortragen, daß sie “Bodendurchpressungen” – so wie sie diese Tätigkeit verstehen – nicht vornehmen. Ergibt sich daraus, daß beide Parteien unter diesem Begriff etwas anderes verstehen, ist es Sache der ZVK, die von ihr als “Bodendurchpressung” bezeichnete Tätigkeit näher zu beschreiben und ggf. unter Beweis zu stellen, daß die Beklagte zu 1) diese so beschriebenen Arbeiten auch ausführt.

Den Beklagten ist zuzugeben, daß es die Führung des Rechtsstreits für die Parteien und Gerichte wesentlich erleichtern würde, wenn die ZVK ihre tatsächlichen Behauptungen schon in der Klageschrift ausführlicher halten würde. Der ZVK sind aus ihren vorprozessualen Ermittlungen eine Vielzahl von tatsächlichen Umständen bekannt, die geeignet sind, die Tätigkeit des beklagten Unternehmens näher zu beschreiben, etwa die Firmenbezeichnung im Schriftverkehr, die Handelsregistereintragung oder die Eintragung in der Handwerksrolle; sie hat Auskünfte der Krankenkassen und der Arbeitsämter, sie wird die Tätigkeit des betroffenen Unternehmens auf Baustellen beobachtet haben und diese daher beschreikönnen. Das alles kann schon bei entsprechender Gestaltung des Formulars in der Klageschrift vorgetragen werden. Der Umstand, daß die ZVK “Massenverfahren” betreiben muß, steht dem nicht entgegen. In dem Moment, in dem es zu einem Rechtsstreit über die Zugehörigkeit eines bestimmten Unternehmens zum Baugewerbe kommen muß, hebt sich das Verfahren aus dem Massenbetrieb heraus.

b) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß der Betrieb der Beklagten zu 1) in den betrieblichen Geltungsbereich des VTV fällt. Maßgebend hierfür ist § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25 (in den bis zum 30. Juni 1992 gültigen Fassungen des VTV Nr. 23). Dabei ist das Landesarbeitsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen, wonach Betriebe als Ganzes vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt werden, wenn in ihnen arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die unter die Abschnitte I bis V des § 1 Abs. 2 VTV fallen. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es dabei nicht an (BAG Urteil vom 24. August 1994 – 10 AZR 67/94 – AP Nr. 182 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Im Betrieb des beklagten Arbeitgebers werden insbesondere dann überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet, wenn Arbeiten ausgeführt werden, die unter ein in § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV genanntes Tätigkeitsbeispiel fallen.

Diese Voraussetzungen hat das Landesarbeitsgericht aufgrund des Vortrags der Beklagten, den sich die ZVK zu eigen gemacht hat, geprüft; das ist zulässig.

Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß die zu 25 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit anfallende grabenlose Verlegung von Versorgungsleitungen in einem speziellen Wasserdruckverfahren als Rohrleitungsbau vom betrieblichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25 VTV erfaßt wird. Zu den Rohrleitungsarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25 VTV gehört das Verlegen bzw. Montieren von Rohren; in welchem Verfahren – hier spezielles Wasserdruckverfahren – diese Arbeiten durchgeführt werden, ist nicht maßgeblich. Der Senat hat in der Entscheidung vom 22. September 1993 (– 10 AZR 535/91 – AP Nr. 168 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) ausgeführt, daß der Begriff “Rohrleitungsbau” sowohl die bloße Rohrverlegung als auch die dazugehörigen Erdarbeiten erfaßt; auch das Verlegen oder Montieren der Rohre ohne vorherigen Aushub eines Grabens fällt danach unter den betrieblichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25 VTV.

Da dieser gesamte Arbeitsbereich demnach von § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25 VTV als Rohrleitungsbau erfaßt wird, kommt es nicht darauf an, ob ein Teil der von der Beklagten zu 1) im Rahmen der grabenlosen Verlegung von Versorgungsleitungen durchgeführten Tätigkeiten auch als Bohrarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 6 VTV anzusehen ist.

Im Betrieb der Beklagten zu 1) werden auch arbeitszeitlich überwiegend bauliche Tätigkeiten durchgeführt. Dem Rohrleitungsbau, der zu 25 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit durchgeführt wird, sind diejenigen Tätigkeiten hinzuzurechnen, die zur sachgerechten Ausführung der baulichen Leistung “Rohrleitungsbau” notwendig sind und daher mit dieser Tätigkeit in Zusammenhang stehen (BAG Urteil vom 24. August 1994 – 10 AZR 980/93 – AP Nr. 181 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, sind daher den eigentlichen baugewerblichen Tätigkeiten des Rohrleitungsbaus die im Betrieb der Beklagten zu 1) erbrachten Fuhrleistungen insoweit hinzuzurechnen, als sie der im Betrieb selbst durchgeführten Verlegung von Versorgungsleitungen dienen (BAG Urteil vom 25. Februar 1987 – 4 AZR 240/86 – AP Nr. 81 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau), das sind 16 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit. Weiter hinzuzurechnen sind die Blech-, Schlosser- und Installationsarbeiten, soweit sie die Reparatur und Vorbereitung der Arbeitsgeräte für die grabenlose Verlegung der Versorgungsleitungen betreffen (BAG Urteil vom 28. März 1990 – 4 AZR 615/89 – AP Nr. 130 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau); das sind 5 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit. Gleiches gilt für die Werkstatt- und Lagerarbeiten, soweit sie das Lagern von Rohren, Werkstoffen, Betriebsstoffen und Hilfsstoffen für die grabenlose Verlegung der Versorgungsleitungen betreffen; das sind 16 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit.

Allein daraus folgt bereits, daß im Betrieb der Beklagten zu 1) im arbeitszeitlich überwiegenden Umfang bauliche Tätigkeiten erbracht werden. Dem Landesarbeitsgericht ist jedoch auch darin zu folgen, daß die durchgeführten Ortungs- und Bodenuntersuchungsarbeiten (9 % und 12,6 %) sowie die Herstellung von flüssigen Gleit- und Schmiermitteln zur Verwendung bei der Rohrverlegung (6 % der Arbeitszeit) den eigentlichen Rohrleitungsbauarbeiten hinzuzurechnen sind.

Der Betrieb der Beklagten zu 1) wird somit vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt. Da der VTV in der jeweiligen Fassung für allgemeinverbindlich erklärt worden ist, gilt er für den Betrieb der Beklagten zu 1) mit unmittelbarer und zwingender Wirkung (§ 5 Abs. 4 in Verb. mit § 4 Abs. 2 TVG) unabhängig davon, ob die Beklagte zu 1) tarifgebunden ist.

c) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß der Betrieb der Beklagten zu 1) nicht als ein solcher des Gas- und Wasserinstallationsgewerbes (§ 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 12 VTV in der seit 1. Juli 1992 geltenden Fassung) vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen ist. Voraussetzung hierfür wäre zum einen, daß zumindest auch die typischen Tätigkeiten dieses Gewerbes ausgeführt werden (BAG Urteile vom 18. Mai 1994 – 10 AZR 646/93 – AP Nr. 180 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; vom 7. April 1993 – 10 AZR 618/90 – AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler) und zum anderen, daß solche Tätigkeiten zu über 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausgeübt werden (BAG Urteil vom 18. Mai 1994 – 10 AZR 646/93 – aaO). Beide Voraussetzungen sind nicht gegeben.

d) Fällt der Betrieb der Beklagten zu 1) daher unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten in den tariflichen Geltungsbereich des VTV, ist die Beklagte zu 1) nach § 27 Abs. 1 VTV in der jeweils gültigen Fassung zur Auskunftserteilung verpflichtet. Für diese Verpflichtung haftet die Beklagte zu 2) als persönlich haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft zwar nicht als Gesamtschuldnerin, jedoch wie ein Gesamtschuldner (BAG Urteile vom 9. September 1981 – 4 AZR 48/79 – BAGE 36, 183 = AP Nr. 34 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; vom 8. Oktober 1981 – 6 AZR 163/79 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler).

e) Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg, als die Beitragsansprüche der ZVK für den Zeitraum Dezember 1990 bis November 1991 verjährt sind. Beitragsansprüche der ZVK verjähren nach § 197 BGB in vier Jahren (BAG Urteile vom 26. Mai 1971 – 4 AZR 249/70 – BAGE 23, 356 = AP Nr. 3 zu § 197 BGB; vom 16. Juni 1982 – 4 AZR 862/79 – AP Nr. 41 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Die Verjährungsfrist für die Beitragsansprüche des Zeitraums Dezember 1990 bis November 1991 ist daher am 31. Dezember 1995 abgelaufen. Aufgrund der von den Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung ist die Auskunftsklage für diesen Zeitraum abzuweisen, obwohl der von der ZVK geltend gemachte Auskunftsanspruch selbst nicht verjährt ist. Die ZVK hat ein rechtliches Interesse an der Auskunftserteilung über den Beitragseinzug hinaus nicht dargetan. Hierauf hat bereits das Landesarbeitsgericht bei der Abweisung der Auskunftsklage für den Zeitraum Dezember 1989 bis November 1990 abgestellt. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ferner darauf hingewiesen, daß die Erhebung einer Auskunftsklage nicht geeignet ist, die Verjährung des Beitragsanspruchs zu unterbrechen (BAG Urteil vom 30. April 1971 – 3 AZR 198/70 – AP Nr. 15 zu § 9 ArbGG 1953; Versäumnisurteil vom 5. September 1995 – 9 AZR 660/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Daß sie den Beitragsanspruch selbst gerichtlich geltend gemacht habe, hat die ZVK nicht vorgetragen. Die nach der Verkündung des Berufungsurteils eingetretene Verjährung der Beitragsansprüche für den Zeitraum Dezember 1990 bis einschließlich November 1991 ist auch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen (BGH Urteil vom 10. Mai 1990 – X ZR 246/89 – NJW 1990, 2754).

Dem steht die Entscheidung des Senats vom 22. Juni 1994 (– 10 AZR 656/93 –, n.v.) nicht entgegen. Der Senat ist in diesem Urteil davon ausgegangen, bei einem Sachvortrag der ZVK, es bestehe die rechtliche Möglichkeit, daß der Auskunftsanspruch im Rahmen des Sozialkassenverfahrens über den Beitragseinzug hinausgehende Bedeutung habe, könne die Auskunftsklage nicht allein mit der Begründung abgewiesen werden, möglicherweise sich ergebende Beitragsansprüche seien verjährt. Wie bereits das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, hat die ZVK im vorliegenden Rechtsstreit einen entsprechenden Sachvortrag nicht erbracht. Daher war ihre Auskunftsklage hinsichtlich des Zeitraums Dezember 1990 bis November 1991 abzuweisen.

f) Die für den Fall der Nichterfüllung der Auskünfte begehrte Entschädigung kann die ZVK nach § 61 Abs. 2 ArbGG verlangen. Dabei hat der Senat im Hinblick auf die weitere Klageabweisung für den Zeitraum Dezember 1990 bis November 1991 auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht erstellten und von der ZVK nicht beanstandeten Berechnungen die den begründeten Auskunftsansprüchen zuzuordnenden Entschädigungssummen neu errechnet.

Somit war die Klage der ZVK auch insoweit abzuweisen, als sie Auskunft für den Zeitraum Dezember 1990 bis November 1991 begehrte; im übrigen war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Matthes, Hauck, Böck, Staedtler, Großmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 872460

BB 1996, 1620

NZA 1997, 209

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