DW-Zukunftspreis: Interview mit Ingeborg Esser

Der DW-Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft 2024 steht unter dem Motto "Auf Erfolgskurs: Mehrwerte schaffen im ganzen Team". Was dahintersteckt, wer sich bewerben kann und wie wichtig das Thema für die Branche ist, erläutert Ingeborg Esser, GdW-Hauptgeschäftsführerin, im Interview.

Ingeborg Esser ist Hauptgeschäftsführerin des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. und Jurymitglied des DW-Zukunftspreises der Immobilienwirtschaft.

Frau Esser, was ist die Idee hinter dem Motto des diesjährigen DW-Zukunftspreises der Immobilienwirtschaft?

Ingeborg Esser: Der Fachkräftemangel ist zwischenzeitlich auch in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft angekommen. Die demografischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen stellen auch uns zunehmend vor große Herausforderungen, Mitarbeitende zu gewinnen, und deshalb sollte das Motto des DW-Zukunftspreises der Immobilienwirtschaft 2024 dieses Thema adressieren.

Gleichzeitig sollte es darauf aufmerksam machen, wie spannend die Branche auch für neue Mitarbeitende ist. "Mehrwerte schaffen" ist dabei sehr breit zu verstehen. Das Geschäftsmodell der sozialorientierten Bestandshalter deckt eben nicht nur die immobilienwirtschaftliche Komponente ab, sondern ist sehr stark sozial orientiert, beschäftigt sich mit Quartiersentwicklung, ja Stadtentwicklung, und das wird häufig von Außenstehenden nicht gleich erkannt. Gleichzeitig ist das Arbeiten in Teams – auch solchen, bei denen die Teammitglieder unterschiedliche fachliche Hintergründe haben – ein ganz wesentliches Merkmal der Branche. All das wollten wir mit dem Motto transportieren.

DW-Zukunftspreis 2024 Verlängerung

Warum ist das Thema so relevant für die Branche?

Das Thema ist für die Branche von hoher Wichtigkeit, da der Kampf um die klugen Köpfe auch bei uns begonnen hat, und zwar in allen Facetten. Wir brauchen kaufmännische Fachleute mit einer immobilienwirtschaftlichen Ausbildung, aber auch Techniker, Architekten, Facility Manager, Finanzierungsfachleute und last, but not least natürlich auch Fachleute im Rechnungswesen, die neben der allgemeinen Ausbildung auch noch die Besonderheiten der Sollmietstellung und des Betriebskostenrechts beherrschen sollten. Diese Fachkräfte müssen Interesse an Weiterbildung haben aber vor allem auch immer den Blick über den Tellerrand werfen und die Wohnungswirtschaft als Ganzes betrachten.

Der Fachkräftemangel wird branchenübergreifend immer sichtbarer – spätestens, wenn die "Babyboomer" in absehbarer Zeit in Rente gehen, werden Unternehmen aller Sparten vor Herausforderungen gestellt. Wie kann sich die Wohnungswirtschaft im Kampf um die klugen Köpfe im Wettbewerb mit anderen Branchen durchsetzen?

Einerseits müssen die Wohnungsunternehmen zunächst ihre Hausaufgaben machen. Das heißt, sie müssen ihre Prozesse überprüfen, auf Vordermann bringen und digitalisieren. Wenn wir einen Fachkräftemangel haben, dann müssen wir mit der Ressource "Mensch" optimiert umgehen. Darüber hinaus kommt es darauf an, den klugen Köpfen auch die "Mehrwerte" unserer Branche deutlich zu machen. Dass es eben nicht nur um Gebäude geht, sondern um das Miteinander in den Quartieren und Städten, das wir gestalten können. Das umfasst auch viele soziale Themen. Und es geht natürlich auch um die große Frage, wie wir den Gebäudebestand klimaneutral machen können. Das sollte doch gerade für jüngere Menschen eine spannende Herausforderung sein.

Der DW-Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft unterstreicht die Bedeutung des Teamerfolgs. Sollte es mittlerweile nicht nur selbstverständlich, sondern sogar essenziell sein, Mitarbeitende aktiv einzubinden und auf das kollektive Team zu setzen?

Sicherlich sollte in Zeiten von agilem Arbeiten das Arbeiten im Team selbstverständlich sein. Aber oft ist es in Wohnungs- und Immobilienunternehmen nicht so einfach, auf zum Beispiel Homeoffice zu setzen. Der Kontakt mit den Mieterinnen und Mietern, aber auch das Kümmern um die Bestände vor Ort erfordern häufig andere Ansätze. Umso wichtiger ist es, wenn auch in wohnungswirtschaftlichen Teams New Work und mobiles Arbeiten geboten werden soll, dass jeder im Team seine Rolle kennt und das Team vernünftig zusammenarbeitet.

In welchen Bereichen fehlt das Fachpersonal am stärksten und was können Wohnungsunternehmen tun, um geeignete Mitarbeiter zu finden?

In der Wohnungswirtschaft ist es schon lange ein Problem, vor allem technische Mitarbeitende zu finden. Ganz schwierig wird es, wenn diese Personen dann auch noch ein wohnungswirtschaftliches oder kaufmännisches Grundverständnis haben sollen. Daneben wird es immer herausfordernder, Mitarbeitende für das Rechnungswesen zu finden. Hier leisten die Prüfungsverbände wichtige Vorarbeit. Häufig wechseln Prüferinnen und Prüfer nach einigen Jahren in das Rechnungswesen von Mitgliedsunternehmen. 

Ist das geeignete Fachpersonal einmal gefunden, wäre es natürlich gut, es an das Unternehmen zu binden und langfristig zu halten. Was können Wohnungsunternehmen aus Ihrer Sicht tun, um hier dauerhaft erfolgreich zu sein?

Einmal gilt es natürlich, die Tätigkeiten möglichst spannend und abwechslungsreich auszugestalten. Vielleicht auch jüngere Mitarbeitende projektbezogen mit neuen Aufgaben zu konfrontieren, die sie mit anderen Fachrichtungen zu einem gemeinsamen Erfolg führen können, wo sie Verantwortung übernehmen können. Ich denke da auch an das Thema Digitalisierung, bei dem jüngere Menschen generell eine hohe Affinität haben. Zum anderen sollten auch der Arbeitsplatz und das Arbeitsumfeld so gestaltet sein, dass es Spaß macht, dort zu arbeiten und dass es auch das Arbeiten in interdisziplinären Teams unterstützt. Das sollen aber nur Beispiele sein. Es gibt darüber hinaus sicher noch viele andere Optionen, die wir mit dem DW Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft gerade kennenlernen und in der Branche sichtbar machen wollen. 

DW-Zukunftspreis Logo 2024

Was oder wer genau wird in diesem Jahr für den Preis gesucht?

Dieses Jahr werden Unternehmen gesucht, die für die genannten Themen eine Strategie haben und bereits Erfolge in der Umsetzung zeigen können. Es geht nicht um Konzepte auf dem Papier, sondern um konkrete Erfahrungen, die aber auch auf die Themen Wohlfühlen der Mitarbeitenden im Unternehmen und das Eingehen auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden in Bezug auf Work-Life-Balance eine Antwort geben können.

Werden nur Beispiele aus der Wohnungswirtschaft gesucht?

Grundsätzlich können sich auch branchennahe Akteure wie Institute, Dienstleister und andere Unternehmen bewerben, sie sollten dann aber in Kooperation mit einem Wohnungsunternehmen auftreten. Das heißt, wir wollen gemeinsam umgesetzte Projekte sehen und nicht nur Konzepte, wie es theoretisch gehen könnte.

Was ist das Besondere am DW-Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft?

Das Besondere an diesem Preis ist die breite Aufstellung von Themen. Wenn man über die Jahre betrachtet, welche Themen hier eine Rolle spielen und gespielt haben, dann sind diese immer am Nabel der Zeit. Gleichzeitig geht es darum, Innovation zu entdecken, und zwar nicht nur in den Köpfen, sondern vor allem in der Umsetzung.

Was wünschen Sie den Bewerbern, aber auch allen anderen Wohnungsunternehmen, in Hinblick auf die Personalherausforderungen der Zukunft? 

Für die Zukunft wünsche ich den Wohnungsunternehmen, dass sie sich attraktiv aufstellen und darstellen. Sie sollen den zu findenden und gefundenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern damit immer wieder zeigen können, wie großartig es ist, Mehrwerte in dieser besonderen Branche schaffen zu können. Und als Tipp gebe ich gerne mit, dass man sich nicht zu klein machen sollte. Was die sozialorientierte Wohnungswirtschaft in Deutschland leistet, und was sie als Themenfelder bespielt, sind am Ende die Themen, die die Gesamtgesellschaft in Deutschland heute am meisten bewegen.

Weitere Informationen über den DW-Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft sowie das Online-Bewerbungsformular finden Sie unter: www.dw-zukunftspreis.de