Immobilienbranche bewertet Koalitionsvertrag
Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD enthält Licht und Schatten für die Immobilienbranche. Makler und Verbände haben die Maßnahmen zum Bauen und Wohnen analysiert und mögliche Konsequenzen bewertet.
Koalitionsvertrag 2025 aus Immobiliensicht
Wohnungsneubau und Bauministerium
Beim Wohnungsbau lagen die Positionen schon in den Wahlprogrammen von CDU, CSU und SPD nahe beieinander, schreibt JLL: Verfahren sollen weiter digitalisiert, vereinfacht und beschleunigt werden. Bereits in den ersten 100 Tagen will die neue Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Bauturbos vorlegen – der dürfte laut JLL auch Maßnahmen wie Sonderabschreibungen enthalten.
Dass es weiterhin ein eigenständiges Ministerium "Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen" geben soll, erneut unter der Leitung der SPD, bewertet Roman Heidrich, Lead Director Residential Valuation JLL Germany, als besonders wichtiges Signal – "und hoffentlich mit mehr Kompetenzen und Mitteln als bisher."
Während das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln befürchtet, dass die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren im Sande verlaufen könnte, ist wiederum Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), der Ansicht: "Der Koalitionsvertrag ist geeignet, die Grundlage für mehr bezahlbaren Wohnraum zu bilden."
Infrastruktur vs. Wohnungsbau
Kritisch sieht Heidrich die geplanten massiven Investitionen in die Infrastruktur: "Die geplanten Investitionen mittels Sondervermögen konzentrieren sich insbesondere auf Infrastrukturprojekte wie den Bau neuer Brücken, Krankenhäuser oder Schulen. Diese staatlichen Aufträge könnten den bestehenden Personalmangel in der Bauwirtschaft weiter verschärfen und die Preise für Baumaterialien in die Höhe treiben, was den Wohnungsbau weiter verteuern würde."
Insgesamt zieht der JLL-Experte ein positives Fazit. Zwar seien viele der Ideen nicht neu, eine Kombination aus den Maßnahmen könne aber ein deutliches Signal setzen, den Wohnungsneubau wieder wirtschaftlich attraktiv zu machen. "Für Investoren und Entwickler sind die geplanten Maßnahmen ein erheblicher Schritt in die richtige Richtung." Und Mieter könnten bei einer Ausweitung des Bestands mittelfristig mit einer Entspannung an den Mietwohnungsmärkten rechnen.
Die angekündigte steuerliche Förderung für Vermieter, die Wohnraum zu günstigen Mieten anbieten, die aber ohne konkrete Ansätze zur Umsetzung im Koalitionsvertrag stehen, führt laut Verband Wohnen im Eigentum (WiE) so zu nichts. Sinnvoll sei aber der geplante Investitionsfonds für den Wohnungsbau, sagt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft (GdW).
Mietwucherparagraf und Mietpreisbremse
Die geplante Präzisierung der Mietwucher-Vorschrift und die damit verbundene Bußgeldbewehrung bei Verstößen gegen die Mietpreisbremse deutet nach Beobachtung von Dr. Sören Gröbel, Director of Living Research JLL Germany, auf das Ende der Bremse und den nachfolgenden Regulierungsmechanismus durch den Wucherparagrafen hin. Diese Anpassung ließe sich Gröbel zufolge sich gut in den Entwurf des Bundesrats zur Modifizierung des Instruments einfügen.
Auch die Ankündigung eines "Nationalen Mietenberichts" passe in das Bild. "Allerdings bleibt unklar, wie ein nationaler Mietenbericht aufgebaut werden soll", meint Gröbel. "Angesichts des geplanten Bürokratieabbaus und der Komplexität bei der Vereinheitlichung von Mietspiegeln, scheint dies doch eher schwierig."
Mietenregulierung light?
Heidrich warnt vor den Folgen der Option einer erweiterten Regelung "in angespannten Wohnungsmärkten" für "Indexmieten bei der Wohnraumvermietung, möblierte Wohnungen und Kurzzeitvermietungen", die im Koalitionsvertrag verankert ist: Da in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an neuen Wohnungen in einer dieser Kategorien realisiert worden seien, könne eine mögliche Regulierung "erhebliche Auswirkungen auf die entsprechenden Businesspläne und eventuell auch Finanzierungen haben."
Für die Wohnungswirtschaft begrüßt Gedaschko ausdrücklich, dass zu Fragen des Mietrechts eine Kommission eingesetzt werden soll. Der GdW werde sich in der Kommission für tragfähige Lösungen einsetzen.
Dem Deutschen Mieterbund (DMB) geht der schwarz-rote Koalitionsvertrag nicht weit genug. Enttäuschend sei, dass weder ein Mietenstopp oder ein Mietendeckel, noch eine reduzierte Kappungsgrenze oder Länderöffnungsklausel zu finden seien, so DMB-Präsident Lukas Siebenkotten.
Pragmatismus beim Heizungsgesetz
Wie erwartet, soll das bestehende Heizungsgesetz durch ein technologieoffeneres, flexibleres und einfacheres Gebäudeenergiegesetz (GEG) ersetzt werden. Heidrich kommentiert: "Die geplanten Maßnahmen bieten Eigentümern und Investoren mehr Pragmatismus bei der energetischen Transformation der Bestandswohnungen." Die Vereinheitlichung der Energieeffizienzklassen sei zu begrüßen.
WiE-Vorständin Dr. Sandra von Möller sieht durch eine weitere GEG-Reform viele Immobilieneigentümer "erneut verunsichert". Gerade Wohnungseigentümergemeinschaften seien wegen oft langwieriger Entscheidungsprozesse auf ein hohes Maß an Planungs- und Investitionssicherheit angewiesen. Dass im Koalitionsvertrag offenbleibe, ob die Modernisierungsumlage künftig in der geltenden Form erhalten bleibt, verwirre Vermieter zusätzlich.
Thomas Meier, Präsident des Bundesfachverbands der Immobilienverwalter (BVI), ergänzt: "Entscheidend wird nun sein, wie die neue Regelung konkret ausgestaltet wird – besonders für Wohnungseigentümergemeinschaften." Dafür brauche es einen klar strukturierten Förderrahmen mit niedrigschwelligen, rechtssicheren Verfahren und planbaren Laufzeiten.
Wohneigentum und WEG-Evaluation
Die Maßnahmen zur Förderung der Eigentumsbildung sind nach Auffassung des Immobilienverbands Deutschland (IVD) nicht mehr als "Lippenbekenntnisse und Konzepte aus der Mottenkiste" – während die Senkung oder Aussetzung der Grunderwerbsteuer mit keinem Wort erwähnt werde. Das sieht auch das IW als Manko: Bei der Grunderwerbsteuer müssten die Länder Freibeträge und niedrigere Steuersätze gewähren können, um den Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums zu unterstützen.
Die geplanten steuerlichen Maßnahmen zur Wohneigentumsbildung für Familien werden von WiE begrüßt. Die Erhöhung der Wohneigentumsquote in Deutschland müsse eine der Prioritäten der neuen Regierung sein, sagt von Möller. Dass der Koalitionsvertrag keinen Hinweis auf die Evaluation des Wohnungseigentumsgesetz enthält, sieht sie kritisch.
Mit der Verlängerung der Umwandlungsbeschränkung werde der Sinn und Zweck des Wohnungseigentumsgesetzes konterkariert, so der IVD, und die Ausweitung des kommunalen Vorkaufsrechts stelle einen erheblichen Eingriff in die Vertragsfreiheit dar.
Solarstrom vom Dach und Körperschaftssteuer
Durch die geplante dauerhafte Senkung der Energiepreise (Strompreise) werden nach Einschätzung von WiE für Immobilieneigentümer die Betriebskosten von Wärmepumpen planbarer und deren Betrieb wirtschaftlicher.
Dass bei der Solarenergie Privathaushalte zu "Akteuren der eigenen Energieversorgung" gemacht werden sollen, sieht der Verband positiv, forderte aber, dass Dach-Photovoltaikanlagen in den Katalog der privilegierten baulichen Veränderungen Wohnungseigentumsgesetzes (§ 20 Abs. 2 WEG) aufgenommen werden.
Die geplanten Sonderabschreibungen und die Senkung der Körperschaftssteuer seien für die deutsche Industrie und Wirtschaft ein wichtiger Baustein, um die Konjunktur wieder anzukurbeln, wertet die Präsidentin des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), Iris Schöberl, den Punkt im Koalitionsvertrag von Union und SPD.
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