Verfahrensgang

AG Hagen (Entscheidung vom 09.09.2008; Aktenzeichen 133 F 49/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hagen vom 9.9.2008 abgeändert.

Der Festsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hagen vom 11.7.2008 wird dahingehend abgeändert, dass die an die Beteiligten zu 1) aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 371,88 EUR festgesetzt wird.

 

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1) begehrt die Festsetzung der Vergütung gem. § 55 RVG als im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwältin. Den von ihr vertretenen Kläger war aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Die Klägerin sind Kinder und besuchen die Schule. Ihre gesetzliche Vertreterin erzielt zwar Einkünfte; unter Berücksichtigung der berücksichtigungsfähigen Belastungen und der Freibeträge verbleibt aber kein einzusetzendes Einkommen nach § 115 ZPO. Die Beteiligte zu 1) war für die Kläger bereits vorprozessual tätig geworden, um Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten geltend zu machen. Ein Antrag auf Beratungshilfe ist beim Amtsgericht nicht gestellt worden, da die Beteiligte zu 1) einen solchen Antrag auf Grund der Praxis des zuständigen Amtsgerichts, in Fällen wie dem Vorliegenden Beratungshilfe im Hinblick auf § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG wegen der Möglichkeit der Inanspruchnahme des Jugendamtes zu versagen, als aussichtslos ansah.

Das Amtsgericht hat, der Ansicht des Beteiligten zu 2) folgend, die geltend gemachte Verfahrensgebühr im Hinblick auf die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG von 1,3 auf 0,65 gekürzt, da die vorgerichtliche Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen sei.

Die Beteiligte zu 1) macht mit ihrer Beschwerde u. a. geltend, durch den angefochtenen Beschluss würden ihre Gebührenansprüche in nicht gerechtfertigter Weise gekürzt. Angesichts der Armut ihrer Mandanten bestehe für sie faktisch keine Möglichkeit, den gekürzten Gebührenanteil von dieser bzw. ihrer gesetzlichen Vertreterin zu erhalten. Aus diesem Grund sei auch eine Vorschusszahlung nicht in Betracht gekommen. Beratungshilfe habe nicht erfolgversprechend beantragt werden können.

Der Senat hat die Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts angehört. Diese unterstützt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist aufgrund der Zulassung durch das Amtsgericht zulässig. Sie ist auch begründet.

1.

Der Senat folgt grundsätzlich der mittlerweile in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte vorherrschenden Ansicht, dass auch bei der Vergütungsfestsetzung für einen im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt die Anrechnungsvorschrift in Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG Anwendung findet (in diesem Sinne auch OLG Braunschweig, B.v.12.9.2008, AGS 2008, 606; OLG Bamberg, B. v. 21.8.2008, JurBüro 2008, 640; OLG Düsseldorf, B. v. 27.11.2008, Az. I 10 W 109/08; OLG Koblenz, B. v. 14.11.2008, Az. 9 WF 728/08; OLG Celle, B. v. 13.11. 2008, Az. 10 WF 312/08; OLG Oldenburg, B. v. 27.5.2008, Az. 2 WF 81/08 sowie B. v. 8.5.2008, Az. 8 W 57/08; LAG Düsseldorf, B. v. 2.11.2007, Az. 13 Ta 181/07, Niedersächs. OVG, B. v. 29.4.2008, Az. 13 OA 39/08; a. A. OLG Oldenburg, B. v. 18.2.2008, Az. 6 W 8/08 und OLG Stuttgart FamRZ 2008, 1013).

Wie der Bundesgerichtshof in Kostenfestsetzungsverfahren bereits mehrfach entschieden hat, entsteht die Verfahrensgebühr aufgrund der Anrechnungsvorschrift von vorneherein nur in gekürzter Höhe, so dass im Rahmen der Kostenfestsetzung auch keine darüber hinausgehende Kostenerstattung in Betracht komme. Ob die vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstattende Geschäftsgebühr unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder sogar schon beglichen ist, sei bereits nach dem klaren Wortlaut der Anrechnungsbestimmung ohne Bedeutung. Für die Anrechnung und damit die von selbst einsetzende Kürzung sei nach dieser Vorschrift vielmehr entscheidend, ob und in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr bei vorausgesetzter Identität des Streitgegenstandes entstanden ist, der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt des Entstehens der Verfahrensgebühr also schon einen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr aus seinem vorprozessualen Tätigwerden erlangt hatte (BGH NJW 2008, 1323, 1324).

Aus diesen Ausführungen, die auch vom Senat geteilt werden, folgt zwingend, dass auch bei der Vergütungsfestsetzung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts die Verfahrensgebühr entsprechend zu kürzen ist, wenn die Voraussetzungen der Anrechnungsvorschrift vorliegen. Denn die Verfahrensgebühr entsteht dann von vorneherein nur in gekürzter Höhe, so dass sie nicht in voller Höhe festgesetzt werden kann. Dies gilt unabhängig von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, denn der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt erhält - vorbehaltlich der Sonderregelungen in Abschnitt 8 des RVG - gem. § 45 Abs. 1 RVG die gesetzliche Vergütung. Er soll also gegenüber dem nicht im Wege der Pr...

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