Leitsatz (amtlich)
Zur Anrechnung einer Geschäftsgebühr auf die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts.
Normenkette
RVG § 58 Abs. 2; RVG-VV Vorbemerkung 3 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 12.08.2008; Aktenzeichen 612 F 88/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts W. wird der Beschluss des AG - FamG - Hannover vom 12.8.2008 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert und wie folgt neu gefasst:
Auf die Erinnerung des Bezirksrevisors bei dem AG Hannover wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Hannover vom 7.5.2008 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt geändert:
Die dem Rechtsanwalt W. aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung wird auf 643,34 EUR festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Durch Beschluss des AG Hannover vom 21.4.2008 wurde der Beschwerdeführer der Beklagten im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe (PKH) rückwirkend zur Vertretung in dem durch Urteil des AG Hannover vom 9.4.2008 abgeschlossenen Unterhaltsverfahren beigeordnet. Unter dem 27.4.2008 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Festsetzung seiner Vergütung als beigeordneter Rechtsanwalt. Dabei gab er an, von der Beklagten für die außergerichtliche Vertretung eine Geschäftsgebühr i.H.v. 325,47 EUR erhalten zu haben (Gebührensatz von 0,75 nach einem Wert von 6.000 EUR zzgl. 20 EUR Postgebührenpauschale und Mehrwertsteuer). Die Kostenbeamtin des AG setzte daraufhin mit Beschluss vom 7.5.2008 die dem Beschwerdeführer aus der Landeskasse zu zahlende PKHVergütung auf 731,85 EUR fest. Dieser Betrag setzte sich aus einer 1,3 Verfahrensgebühr und einer 1,2 Terminsgebühr, jeweils berechnet nach einem angenommenen Verfahrenswert von 9.000 EUR, 20 EUR Postgebührenpauschale und Mehrwertsteuer zusammen.
Nachdem das AG den Verfahrenswert auf 9.500 EUR berichtigt hatte, stellte der Beschwerdeführer unter dem 7.7.2008 einen neuen Vergütungsantrag. Darin gab er an, eine Geschäftsgebühr von lediglich 301,67 EUR erhalten zu haben. Dabei war die Postgebührenpauschale außer Betracht gelassen worden.
Am 11.7.2008 legte der Bezirksrevisor bei dem AG Hannover gegen die Festsetzung vom 7.5.2008 Erinnerung ein und beantragte, die dem Beschwerdeführer aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung anderweitig auf 592,92 EUR festzusetzen und den weitergehenden Vergütungsantrag zurückzuweisen. Der Bezirksrevisor vertrat die Ansicht, die von der Beklagten an den Beschwerdeführer gezahlte Geschäftsgebühr sei zur Hälfte, also mit (253,50 EUR: 2 =) 126,75 EUR auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.
Daraufhin wies die Kostenbeamtin des AG unter Bezugnahme auf die Beschwerde des Bezirksrevisors den Vergütungsantrag vom 7.7.2008 zurück und forderte den Beschwerdeführer zur Rückzahlung überzahlter 138,93 EUR auf. Gegen diese ihm am 17.7.2008 zugestellte Verfügung wandte sich der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 18.7.2008.
Am 11.8.2008 vermerkte die Kostenbeamtin in den Akten, sie helfe nicht ab, und legte die Akte der Familienrichterin vor. Diese änderte mit Beschluss vom 12.8.2008 den Beschluss der Kostenbeamtin vom 7.5.2008 ab und setzte die PKHVergütung des Beschwerdeführers anderweitig wie folgt fest:
1,3 Verfahrensgebühr (Wert 9.500 EUR) 314,60 EUR
abzgl. hälftige Geschäftsgebühr gemäß Vorbem. 3 Nr. 4 RVG-VV -126,75 EUR
1,2 Terminsgebühr (Wert 9.500 EUR) 290,40 EUR
Postgebührenpauschale 20 EUR 498,25 EUR
19 % Mehrwertsteuer 94,67 EUR 592,92 EUR
Gegen diesen Beschluss, der ihm am 29.8.2008 zugestellt wurde, hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 8.9.2008 - vom AG ausdrücklich zugelassene - Beschwerde eingelegt. Er vertritt die Auffassung, die von ihm vorprozessual vereinnahmte Geschäftsgebühr sei "zunächst einmal auf diejenigen Kosten anzurechnen, welche nicht gem. § 49 RVG ggü. der Staatskasse abgerechnet werden können". Da die Wahlanwaltsgebühren wesentlich höher wären als die PKHVergütung, verbleibe keine auf die PKHGebühren anzurechnende Geschäftsgebühr. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gem. § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde hat nur teilweise Erfolg. Die dem Beschwerdeführer gem. § 45 Abs. 1 RVG aus der Landeskasse zustehende Vergütung bestimmt sich nach Teil 3 RVG-VV, wobei sich die Höhe einer Gebühr statt nach § 13 Abs. 1 nach § 49 RVG bemisst. Dem Beschwerdeführer stehen eine Verfahrensgebühr (Nr. 3100 RVG-VV) und eine Terminsgebühr (Nr. 3104 RVG-VV) sowie die Postgebührenpauschale (Nr. 7002 RVG-VV) und die gesetzliche Mehrwertsteuer von 19 % zu.
Bei der Berechnung der Verfahrensgebühr ist zudem Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV zu berücksichtigen. Danach ist eine in derselben Sache entstandene Geschäftsgebühr (Nr. 2300-2303 RVG-VV) zur Hälfte (höchstens jedoch mit einem Gebührensatz von 0,75) auf die Verfahrensgebühr anzurechnen (vgl. zur Anrechnung BGH NJW 2007, 2049 = FamRZ 2007, 1013. FamRZ 2008, 878). Diese Bestimmung, die allgemein die Höhe der entstandene...