BdSt-Schwarzbuch

Millionen Steuergelder für Immobilienflops verschwendet


Schwarzbuch: Millionen Steuergelder für Immobilienflops

Eine Solaranlage wird zur überteuerten Symbolpolitik, für einen Kupferpalast explodieren die Baukosten, ein Tiny House taugt nur als Marketing-Gag – 100 Fälle mit Folgen für die Steuerzahler gibt es im Schwarzbuch zu lesen, darunter unsinnige Immobilienprojekte.

Die Liste der verschwenderischen Projekte in Bund, Land und Kommunen erscheint einmal pro Jahr. Im Schwarzbuch 2025/26 hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) erneut die 100 kostspieligsten und skurrilsten Fälle aufgenommen.

Auch Projekte, die im engeren und weiteren Sinn mit Immobilien zu haben, werden regelmäßig veröffentlicht. Eine Auswahl.

Unrentable Solaranlage auf einem Landtagsgebäude

Die baden-württembergische Regierung will bis 2030 landeseigene Dächer in Stuttgart mit Photovoltaik ausstatten, darunter auch das Landtagsgebäude. Unter anderem wegen der Vorgaben im Denkmalschutz dürfen keine Standardmodule zum Einsatz kommen. Das treibt die Investitionskosten. Im November 2023 wurden die Kosten auf eineinhalb Millionen Euro geschätzt – und könnte es bei einer niedrigeren Leistung mindestens viermal so teuer werden. 

Aus der Perspektive der Steuerzahler könne man bezüglich der geplanten Photovoltaikanlage auf dem Landtagsdach von Symbolpolitik sprechen, meint der BdSt und rät mit Blick auf die hohen Kosten von dem Projekt Abstand zu nehmen.

Stromkunden zahlen Baukosten für Kupferpalast mit

Die Baukosten für den Kupferkubus der Hamburger Energienetze GmbH laufen aus dem Ruder. Geplant war das Eingangsgebäude 2023 mit 2,6 Millionen Euro, daraus wurden 4,3 Millionen Euro – ein Plus von rund 65 Prozent. Mit 38,7 Millionen Euro hätte man laut Steuerzahlerbund 262 Grundschulen mit Photovoltaikanlagen ausrüsten können. Mit anderen Baumaßnahmen zusammen ergibt sich eine Mehrbelastung von rund 38,7 Millionen Euro, die letztlich die Stromkunden über die Netzentgelte mitzahlen.

Noch brisanter, so der Steuerzahlerbund: Die Geschäftsführung räumt ein, dass ein Projektstopp am Ende teurer gekommen wäre – ein Offenbarungseid moderner Bauplanung. Das Projekt sei ein Paradebeispiel für Maßlosigkeit und Missmanagement.

330.000 Euro Steuergeld für einen Marketing-Gag

Die Marketingagentur des Saarlandes – Saaris – hat sich eine kleine mobile Wohnanlage ausgedacht, die Unternehmen bei sich aufstellen sollen, damit darin auswärtige Bewerber übernachten und eine "Saarland Experience" erleben können. Günstig war das Tiny House nicht. Die Projektkosten umfassen insgesamt rund 230.000 Euro. Die Kosten für den "öffentlichkeitswirksamen Projektstart" etwa 83.000 Euro, plus die Kosten pro Standort auf Basis der bereits entwickelten Tools mit 21.000 Euro. Die Finanzierung erfolgte aus Landesmitteln, die Kooperationspartner sollen sich finanziell beteiligen. 

Seit dem Projektstart gab es aber nur einen, rund sechs Wochen langen Einsatz des Tiny House. Danach wurde es wegen baurechtlicher Genehmigungshürden problematisch. Um das mobile Haus für einen Zeitraum von vier bis acht Wochen beim Kooperationspartner aufstellen zu können, musste jedes Mal ein Bauantrag gestellt werden. Die Staatskanzlei selbst betrachtet das Tiny House als "langfristiges Akquise- und Marketinginstrument". 

Unsolide Planung und der Steuerzahler blecht

Mettmann kaufte 2021 ein ehemaliges Autohaus über die städtische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung mbH (GfW) "zum Zweck der Ansiedlung von Gewerbebetrieben". Im Raum stand ein Kaufpreis von dreieinhalb Millionen Euro. Zunächst stand das Gebäude leer. Im September 2022 entschied die Stadt, das Gebäude als Interimswache für die Feuer- und Rettungswache zu nutzen. Dafür zahlt sie der GfW monatlich 15.000 Euro Miete. 

Für das ehemalige Autohaus wurden zunächst Umbaukosten in Höhe von rund 2,3 Millionen Euro geschätzt. Im Mai 2024 ermittelte eine Kostenberechnung 2,6 Millionen Euro, im November 2024 zusätzliche 2,8 Millionen Euro. Die Umbauarbeiten konnten nicht stattfinden, weil die Interimswache inzwischen als Ausweichstandort für Fahrzeuge und Material diente. Seit September 2024 mietet das Gebäudemanagement dafür eine Halle für monatlich 5.355 Euro. Die Fertigstellung verzögert, da während der Planungsphase erhebliche bauliche Mängel festgestellt wurden, die zu zusätzlichen Kosten führen werden.

Mit einem neuen Jugendknast verzockt

Für den Neubau der Jugendhaftanstalt in Hamburg-Billwerder, die ab 2026 die marode Anstalt auf der Elbinsel Hahnöfersand ersetzen soll, waren ursprünglich Kosten von rund 165 Millionen Euro veranschlagt – nun sollen es schon 192 Millionen Euro werden. Ein Ende der Kostenentwicklung ist nicht in Sicht. Für die etwa 97,75 Millionen Euro an Mehrkosten hätte Hamburg 1.777 zusätzliche Kitaplätze schaffen können, schreibt der BdSt.

Obwohl das Gefängnis noch nicht fertiggestellt ist, haben sich die von der Stadt künftig zu zahlenden Mietkosten ebenfalls deutlich erhöht. Im Juli 2019 war laut Senat eine Gesamtjahresmiete in Höhe von rund 8,6 Millionen Euro festgelegt worden. Im Herbst 2024 wurde laut einer Stellungnahme der Justizbehörde im Justizausschuss der Bürgerschaft die Gesamtmiete auf mehr als 11,7 Millionen Euro erhöht. Das entspricht einer Steigerung um knapp 36 Prozent, noch bevor das Mietverhältnis begonnen hat. Sechs Jahre nach der Übergabe des Gefängnisses an die Stadt soll die Miete laut Medienberichten auf dann zirka 12,4 Millionen Euro steigen.

Staatlicher Flop mit smarter Coworking-Space

Ein Coworking-Space-Projekt war für Minheim mit nur 500 Einwohnern völlig überdimensioniert. Was in einer größeren Stadt vielleicht hätte funktionieren können, forderte ein Debakel heraus. Die damalige Bürgermeisterin und der Gemeinderat wollten mehr Besucher in den Ort locken – mit Coworking-Space im Dorfgemeinschaftshaus. Es stellte sich dann heraus, dass sich das dafür vorgesehene Gebäude in einem schlechten baulichen Zustand befand. Um hohe Renovierungskosten zu vermeiden, fasste Minheim den Plan, das Gebäude abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen.

Die Realisierung des Projekts inklusive Abriss und Neubau hätte laut Presse rund 1,4 Millionen Euro gekostet. Nach der Kommunalwahl 2024 zog der Gemeinderat die Notbremse und alle Projektverträge wurden beendet. Für das Coworking-Space wurden bis zum Abbruch rund 208.000 Euro aufgewendet. Auf der Habenseite stehen magere Einnahmen von insgesamt 5.200 Euro durch die Vermietung an 22 Nutzer im Zeitraum von 2022 bis 2024. 

Bund verkalkuliert sich mit Beton-Dorf

Der Bund hat in mehr als sieben Jahren knapp 1,6 Millionen Euro für ein brachliegendes Shelter-Dorf in Rheinland-Pfalz gezahlt. Die Weiterverwendungs- und Herrichtungskosten beziffert die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) auf voraussichtlich weitere rund 1,15 Millionen Euro. Damit summieren sich derzeit die Gesamtkosten für bisher nutzlose Häuschen auf rund 2,7 Millionen Euro – und liegen über dem Neubeschaffungswert im Jahr 2015, den das Land seinerzeit gezahlt hatte.

Es geht um 80 Betonshelter – kleine Doppelhaushälften –, die der Bund 2018 vom Land Rheinland-Pfalz erworben hatte, weil die Bundespolizei die verwaisten Häuschen bundesweit als Unterstell- und Lagerflächen nutzen wollte. Ursprünglich wurden die Shelter 2015 als temporäre Flüchtlingsunterkünfte angeschafft (damals noch 84 Stück), doch das Projekt machte mehr durch Leerstand von sich reden als durch konkrete Nutzung. Daraufhin übernahm der Bund sämtliche Häuschen – samt Mietvertrag und Betriebskosten in Höhe von knapp 18.000 Euro pro Monat.

Das Problem: Die Bundespolizei schafft es nicht, die inzwischen zehn Jahre alten Betonhäuschen abzuholen und auf ihre Standorte zu verteilen. Auf Nachfrage des Steuerzahlerbundes bei der BImA, die das Shelter-Dorf verwaltet, heißt es: "Es konnten bisher noch keine Shelter auf die neuen Standorte verteilt werden." Dies sei nunmehr für den Herbst 2025 geplant. Allerdings wäre das der x-te Anlauf, um die allmählich vor sich hin bröselnden Häuschen endlich einer sinnvollen Nutzung zuzuführen – denn instandgehalten und gewartet wurden die Häuschen nie.

Millionen Euro für eine Schrottimmobilie?

Im Hamburger Bezirk St. Georg will die Stadt das Hilfsangebot für Süchtige gezielt ausbauen. In einem ersten Schritt sind mit Verzögerung Übergangsplätze entstanden, der Bau einer psychiatrischen Ambulanz ist geplant. Umgesetzt wird das Konzept in einem leerstehenden Bürogebäude. Die städtische Tochter "Fördern & Wohnen" kaufte die Immobilie im April 2024. Der Preis wird vom Senat unter Verschluss gehalten. Ein Informant aus der Behörde nannte gegenüber dem BdSt einen Preis zwischen 16 und 17 Millionen Euro. Dabei soll das Gebäude laut Insidern nur zehn Millionen Euro wert sein.

Grund bei der niedrigeren Bewertung seien die Sanierungs- und Umbaukosten. Nach früheren Angeboten und Konzepten für die Immobilie wurden diese (bei einer Nutzung als Hotel) auf zirka zehn Millionen Euro taxiert. Die Kosten für die Einrichtung der Übergangsplätze sowie der Schwerpunktambulanz in der neu angekauften Immobilie beliefen sich auf 2,4 Millionen Euro. Die bis zur Nutzung angefallenen Leerstandskosten beziffert die Behörde gegenüber dem BdSt auf rund 144.000 Euro pro Jahr.

Ein sehr kostspieliges neues Strafjustizzentrum

Eine deutliche Kostensteigerung ist beim Neubau des Strafjustizzentrums in München zu verzeichnen. Eine erste Grobkostenschätzung ging von Gesamtkosten in Höhe von rund 240 Millionen Euro aus. Für die Baufeldfreimachung und die Erstellung der Baugrube wurden als erste Teilbaumaßnahme 21 Millionen Euro genehmigt, für die zweite Teilbaumaßnahme waren es 284 Millionen Euro.

Im weiteren Verlauf taten konjunkturelle Kostensteigerungen, ausgelöst durch Material- und Lieferengpässe, ihr Übriges: Der Haushaltsausschuss musste rund 340,5 Millionen Euro für das Großprojekt genehmigen. Im Juli 2023 wurde der Kostenrahmen noch einmal erhöht: auf knapp 397,2 Millionen Euro. Erste Prozesse sollen im Jahr 2026 stattfinden. 

BdSt-Schwarzbuch der Steuergeldverschwendung: Alle Fälle


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dpa

Schlagworte zum Thema:  Steuern , Wohnungspolitik , Immobilienbranche
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