Schwarzbuch: So werden mit Bauprojekten Steuern verschwendet

Ein saniertes Parkhaus ohne Autos, Miete für nichts, Millionen Euro für zu teure Fenster oder das Geld für eine sinnlose Kampagne des Bundes zum Energiesparen – 100 Steuersünden hat der Bund der Steuerzahler im neuen Schwarzbuch gesammelt, darunter einige Immobilien-Flops.

Die Liste der verschwenderischen Projekte in Bund, Land und Kommunen erscheint einmal pro Jahr. Im Schwarzbuch 2023/24 hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) erneut die 100 kostspieligsten und skurrilsten Fälle aufgenommen. Auch Projekte, die im engeren und weiteren Sinn mit Immobilien zu haben, werden regelmäßig veröffentlicht.

Hamburger Behörde zahlt Millionen-Miete für nichts

"So eine Panne würde sich niemand leisten, der mit seinem eigenen Geld dafür geradestehen müsste. Offensichtlich sind die Verantwortlichen überfordert, einen Umzug zu planen", schreibt der BdSt im Schwarzbuch. Die verschiedenen Standorte der Hamburger Staatsanwaltschaft sollten in einem neuen Gebäude zusammengelegt werden. Der Mietvertrag wurde im Dezember 2019 unterschrieben. Der Umzug war für September 2022 vorgesehen, daraus ist bisher nichts geworden: Die Räume sind nicht fertig. Zwar muss die Stadt erst beim Einzug Miete zahlen, aber der Eigentümer verlangt seit September 2022 eine finanzielle Entschädigung für entgangene Mieteinnahmen. Die Stadt zahlt pro Monat knapp 400.000 Euro "Nutzungsausfallentschädigung". Bis Juli 2023 kamen so vier Millionen Euro zusammen. Laut Behörde sind zusätzliche Kosten in Höhe von zwei Millionen Euro bis Ende Juli 2023 entstanden. Nach dem Umzug werden pro Jahr 7,48 Millionen Euro Miete fällig.

6.000 Euro pro Fenster im Kieler Landtag

Das heutige Landeshaus in Kiel wurde 1888 als kaiserliche Marineakademie gebaut und steht unter Denkmalschutz. Das Gebäude sollte energetisch saniert werden, das umfasste laut BdSt auch alle 500 Fenster. Insgesamt kostete die Fenstererneuerung rund drei Millionen Euro – durchschnittlich 6.000 Euro pro Fenster. Ein Kostenfaktor war die lange Arbeitsdauer von insgesamt 18 Monaten, so lange musste auch das Gerüst gemietet werden. Dazu meint der Steuerzahlerbund: "Denkmalschutz muss mit Augenmaß betrieben werden. Dabei müssen auch die Kosten berücksichtigt werden."

Kostenexplosion bei Komischer Oper in Berlin

Wegen der technischen und baulichen Situation drohte der Komischen Oper in Berlin 2016 der Entzug der Spielerlaubnis. Das Land investierte daraufhin fünf Millionen Euro in Sofortmaßnahmen: Unter anderem schützt ein 70.000 Euro teures Netz vor herabfallenden Stuckteilen. Waren in der Finanzplanung 2015 bis 2019 noch Gesamtkosten von 80 Millionen Euro vorgesehen, waren es 2021 schon 200 Millionen Euro. Im September 2022 kalkulierte ein Planungsbüro 437 Millionen Euro. Und im Juni 2023 ergab die Prüfung der Vorplanungsunterlagen durch die Bauverwaltung eine Kostensteigerung auf 477,9 Millionen Euro. Die eigentlichen Arbeiten sollen im Jahr 2025 beginnen.

Zentralbibliothek: Sanierungsdesaster in Köln

Das Desaster um die Sanierung der Zentralbibliothek in Köln, die schon im Schwarzbuch 2022/23 vorgestellt wurde, ist noch nicht zu Ende: Am 16.5.2023 hat der Rat der Stadt die Übernahme weiterer Kosten beschlossen, knüpft das neue Schwarzbuch nahtlos an. Wie hoch die Kosten sein werden, verrät die Stadt nicht. Die Lokal­presse meldete im April 2023 knapp 140 Millionen Euro. Mit 15,8 Millionen Euro war die Stadt Köln in die Planungen gestartet, die Kosten stiegen im Laufe der Jahre auf zunächst 31,4 Millionen Euro, dann auf 59,4 Millionen Euro und 2022 auf rund 81Millionen Euro. Zwischendurch gab es laut BdSt noch Diskussionen um einen möglichen Abriss des Gebäudes.

Bundespräsidialamt 2.0: Ein Prestigebau in der Kritik

Schloss Bellevue und das Verwaltungsgebäude müssen saniert werden. Deshalb entsteht im Berliner Regierungsviertel ein Prestigeneubau, in dem der Bundespräsident und seine Mitarbeiter vorübergehend untergebracht werden. Kosten: 205 Millionen Euro. Eine Anschlussnutzung ist bisher ungeklärt, kritisiert der BdSt im Schwarzbuch. Seit 2020 laufen die Planungen – allein für die Honorare der Planungsbüros und einen Planungswett­bewerb stehen mehr als zehn Millionen Euro für 2023 zur Verfügung, 2024 sollen weitere sieben Millionen Euro dazukommen. Für die Sanierungsarbeiten selbst sieht der Etat bisher 18,5 Millionen Euro vor. Bauherr des Neubaus ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA).

Geldverschwendung mit Energiesparkampagne

Um den Energieverbrauch zu reduzieren und die erneuerbaren Energien schneller auszubauen, hat die Bundesregierung eine außergewöhnlich teure Informationskampagne gestartet, voller Binsen und ohne, dass der Erfolg garantiert wäre. Rund 38,8 Millionen Euro wurden nur für 2022 ausgegeben, wie der BdSt herausgefunden hat. Die Kampagne läuft noch bis Ende 2025 und kostet jährlich bis zu weiteren 15 Millionen Euro. "Angesichts der unklaren Wirkung auf das eigentliche Ziel des Energiesparens hätte das Geld für die Kampagne besser eingespart werden sollen", so der Verein.

Baustelle der Universität Hamburg: Ein Dauerbrenner

Ein Neubau der Universität Hamburg, das "Haus der Erde" (Geomatikum), wird statt der geplanten 177 Millionen Euro bis zu 425 Millionen Euro kosten, schreibt der BdSt. Ursprünglich sollte der Neubau 2019 fertig sein, nun gehen die Planer von 2024 aus. Das Gebäude war bereits Thema im Schwarzbuch 2021 – ein Dauerbrenner an Steuerverschwendung also. Der Steuerzahlerbund fordert den Senat zu einem regelmäßigen Kosten-Monitoring der wichtigsten Bauprojekte in der Öffentlichkeit auf.

Wuppertal: Wirtschaftlich fraglicher Parkhaus-Deal

Das Parkhaus Kasinogarten in Wuppertal wurde 2017 für eine Sanierung geschlossen. Die Arbeiten waren im Sommer 2021 abgeschlossen. Die Kosten der Sanierung beliefen sich laut BdSt auf rund 4,1 Millionen Euro. Erst im Oktober 2022 schrieb die Stadt den Pachtvertrag aus, im März 2023 unterschrieb ein Betreiber den Pachtvertrag und übernahm das Parkhaus. Aus Sicht des BdSt Nordrhein-Westfalen hätte die Stadt ein Konzept für das Quartiersparken erstellen müssen. Diese Option war vertraglich vereinbart: 95,20 Euro brutto pro Fahrzeug und Monat muss die Stadt für einen Quartiersparkplatz bezahlen, sind alle belegt, kostet es 114.240 Euro pro Jahr. Der Betreiber bezahlt eine Umsatzpacht. Damit ist diese Variante laut Steuerzahlerbund für die Stadt eine Wirtschaftlichkeitsrechnung mit Fragezeichen.

BdSt-Schwarzbuch der Steuergeldverschwendung: Alle Fälle


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Schlagworte zum Thema:  Steuern, Wohnungspolitik, Immobilienbranche