RICS-Umfrage: Stimmung am deutschen Immobilienmarkt im Keller

Weltweit lässt die Stimmung an den Gewerbeimmobilienmärkten nach – in Deutschland gehen 87 Prozent der Investoren und Nutzer von einem Abschwung aus, wie eine Umfrage von RICS zeigt. Innerhalb Europas gab es hier im dritten Quartal 2022 das schlechteste Feedback.

Die Stimmung am Gewerbeimmobilienmarkt dreht weltweit weiter ins Negative, wie Umfrageergebnisse des RICS Global Commercial Property Monitor (GCPM) für das dritte Quartal 2022 zeigen. An der Befragung haben vom 7. September bis 10. Oktober 2.246 Unternehmen teilgenommen. So rutschte der Global Commercial Property Sentiment Index (CPSI) von einem Gesamtwert von minus sechs im zweiten Quartal 2022 auf minus elf Punkte im dritten Quartal 2022 ab. Das ist der negativste Wert seit dem ersten Quartal 2021.

Deutscher Gesamtindex: Negativster Wert in ganz Europa

Sowohl auf der Mieterseite als auch auf Investorenseite gibt es auf globaler Ebene aktuell negativeres Feedback als im Vorquartal: Wobei der Occupier Sentiment Index (OSI), der den Nutzerwert abbildet "nur" von minus fünf auf minus zehn nachgibt, während der Investment Sentiment Index (ISI) von minus sechs auf minus zwölf sinkt.

Während der europäische Gesamt-CPSI im von RICS untersuchten Zeitraum von minus vier auf minus 13 fällt, ist der CPSI für Mieter und Investoren in Deutschland von den größeren europäischen Märkten am negativsten mit einem Wert von minus 28 gegenüber minus 20 im zweiten Quartal 2022.

In Deutschland sehen derzeit 87 Prozent der Befragten den Gewerbeimmobilienmarkt im Abschwung, nach 71 Prozent im Vorquartal. Nur sieben Prozent der Befragten ordnen den Markt noch auf dem Höhepunkt des Zyklus ein. Das waren im Vorquartal laut RICS noch 28 Prozent. Die Investorenstimmung erreicht einen Wert von minus 35, nach minus 26 Prozent im zweiten Quartal und befindet sich damit zum zweiten Mal in Folge im negativen Bereich. Sie liegt zudem unter dem Wert der Mieterstimmung, der weiterhin abfällt, aber im dritten Quartal 2022 immer noch einen Wert von minus 21 verzeichnet, nach minus 14 im zweiten Quartal.

Investmentmarkt Deutschland: teuer bis sehr teuer

Die Nachfrage der weltweit befragten Investoren über alle Assetklassen hinweg sinkt auf ein Nettosaldo von minus 50 Prozent, nach minus 35 Prozent im zweiten Quartal 2022. Bei Büroimmobilien verzeichnet der Nettosaldo RICS zufolge aktuell einen Wert von minus 54 Prozent. Im zweiten Quartal waren es noch minus 42 Prozent. Auch bei Industrieimmobilien sinkt der Wert deutlich: Von minus eins auf minus 30 Prozent. Der bislang schon niedrige Wert von Einzelhandelsimmobilien verliert nur leicht und fällt von minus 61 Prozent auf minus 65 Prozent.

Deutschland als Investitionsstandort wird als "teuer" (64 Prozent) und "sehr teuer" (20 Prozent) bewertet. Im zweiten Quartal gaben "teuer" noch 60 Prozent an und "sehr teuer" 31 Prozent. Mehr als jeder Zehnte (13 Prozent) der befragten Investoren stellt auf dem deutschen Markt faire Preise fest. Das sind mehr als im zweiten Quartal mit neun Prozent. Deutschland steht im europäischen Vergleich der Länder, die ihren Standort als teuer oder sehr teuer ansehen (84 Prozent) auf Platz drei nach der Schweiz (88 Prozent) und Österreich (86 Prozent).

Kreditkonditionen machen deutschen Investoren Sorgen

Die Kapitalwerterwartungen in Deutschland sinken bei nahezu allen Assetklassen. Industrieimmobilien verzeichnen einen Rückgang von minus vier Prozent auf minus 28 Prozent. Bei Büroimmobilien fällt der Saldo von minus 39 Prozent auf aktuell minus 48 Prozent. Weiter deutlich abgeschlagen ist das Segment Einzelhandel mit minus 73 Prozent, nach minus 70 Prozent im zweiten Quartal. Die Einschätzung zu den Mieten für die kommenden zwölf Monate ist ähnlich schlecht. 

Seit dem ersten Quartal 2022 nehmen die deutschen Umfrageteilnehmer eine negative Veränderung bei den Kreditkonditionen wahr: Der Nettosaldo lag im ersten Quartal bei minus 60 Prozent, im zweiten Quartal bei minus 92 Prozent und steigt im dritten Quartal nur marginal auf minus 91 Prozent. Das spiegelt sich in Zahlen für den Beginn von Projektentwicklungen wider. Hier sinkt der Nettosaldo von minus 45 Prozent auf aktuell minus 58 Prozent über alle Assetklassen hinweg – im Bürobereich geht der Saldo von minus 42 Prozent auf minus 57 Prozent zurück, bei Industrieimmobilien verzeichnet RICS einen aktuellen Wert von minus 48 Prozent, nach minus 31 Prozent im zweiten Quartal 2022.

Fazit: Keine guten Aussichten für 2023

"Der Stillstand ist in fast allen Immobilienmärkten angekommen, und positive Aussichten sind rar. Die Investoren üben sich in Zurückhaltung und warten aufgrund der Unsicherheiten ab oder suchen alternative Anlageoptionen", kommentiert Susanne Eickermann-Riepe, Vorstandsvorsitzende des Berufsverbands RICS in Deutschland, die Ergebnisse des Global Commercial Monitors für das dritte Quartal 2022. Auch die Nutzer (Mieter) hätten einen Gang zurückgeschaltet und seien wieder pessimistischer geworden.

"Die Diskussion um die Zukunft des Office ist nach wie vor im Gange und weltweit werden Flächenreduzierungen und Repositionierungen bestehender Flächen diskutiert", so Eickermann-Riepe. Das hybride Arbeiten werde seine Spuren hinterlassen, die Weltwirtschaft biete kaum Lichtblicke, dazu käme die Bekämpfung des Klimawandels und die Verbesserung der sozialen Themen. "Das sind keine guten Aussichten für 2023", lautet ihr Fazit.

Zum RICS Global Commercial Monitor Q3/2022 (PDF)


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