Digitale Geschäftsmodelle verändern den Maklerberuf

Die zunehmende Digitalisierung sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich fordert von Maklerunternehmen Anpassungen und Neuausrichtungen der Geschäftsmodelle. Wenn klassische Makler nicht selbst Plattformen oder Netzwerke gründen, haben sie PropTechs nichts entgegenzusetzen.

Bereits Ende der 1990er Jahre lösten Immobilienplattformen wie Immobilienscout24, Immowelt oder Immonet zunehmend Zeitungen als "first point of contact" zwischen Makler und Interessent ab. Heute erwarten Nutzer, Informationen jederzeit und überall zu erhalten und Miet- und Kauftransaktionen mit möglichst geringem Aufwand umsetzen zu können.

Der Markteintritt der technologiegetriebenen Startups, der PropTechs, verstärkte sich mit der Einführung des Bestellerprinzips 2015, da der Vermietungssektor einen hohen Anteil an Elementen enthält, die sich standardisieren und skalieren lassen.

Potenzial in den Bereichen Planen & Bauen, Visualisieren und Bewerten

PropTechs zeigen unterschiedliche Marktausrichtungen und weisen verschiedene Digitalisierungs- und Zentralisierungsgrade auf. Aktuell zählt der Accelerator Blackprint PropTech Booster, der zum europäischen PropTech-Hub ausgebaut werden soll, in der Region Deutschland, Österreich und Schweiz 527 Unternehmen. Die höchsten Anteile entfallen bislang auf die Bereiche "Vermitteln" (30 Prozent) und "Verwalten" (16 Prozent).

"Wir sehen allerdings, dass neue digitale Geschäftsmodelle immer technologiegetriebener werden. Deshalb gehen wir davon aus, dass der Anteil und der Einfluss der PropTechs insbesondere im Bereich Künstliche Intelligenz oder Internet of Things deutlich zunehmen wird." Jakob Schulz, Senior Program Manager, Blackprint Booster

Zudem sammeln die PropTechs immer mehr Geld ein. In Bereichen wie "Planen & Bauen", "Visualisieren" oder "Bewerten" schlummere noch viel Optimierungspotenzial. Hier sei mit weiteren Neugründungen zu rechnen, so Schulz. Die Zeit, die von der Gründung bis zur ersten großen Finanzierungsrunde vergehe, habe sich seit 2013 zudem nahezu halbiert. Im Fokus der PropTechs stehen Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Blockchain.

"Die Startups haben die Branche wachgerüttelt. Vieles läuft heute schon über Online-Tools, was gestern noch undenkbar schien – die Bereiche Vermietung und Investment zum Beispiel." Timo Tschammler, CEO von JLL Deutschland

Klassisches Maklergeschäft neu interpretiert

Angebote, die Onlinevermittlung und klassisches Maklergeschäft kombinieren, bieten beispielsweise McMakler, Realbest oder Homeday an.

McMakler Gründerteam

Das Mitte 2015 gegründete Startup McMakler ist in Deutschland und Österreich aktiv und kombiniert digitale Analyse-, Vermarktungs- und Kommunikationstechnologien mit der persönlichen Betreuung der Kunden durch eigene Makler vor Ort. Gründer und Geschäftsführer sind Felix Jahn, Hanno Heintzenberg und Lukas Pieczonka. Ende 2018 wies das Unternehmen 550 Makler, davon 300 festangestellt, auf. Zu den Investoren zählen Frog Capital, Target Global, Piton Capital, Lakestar und Cavalry Ventures. In diesem Jahr plant das Unternehmen die Expansion in weitere Länder und die Entwicklung neuer Software-Meilensteine.

Realbest, 2013 von Mathias Baumeister gegründet, beschäftigt mittlerweile 50 Mitarbeiter. Immobilienmakler, Finanzdienstleister und andere Vermittler können hier die Akquise und die Vermittlung von Wohnimmobilien online abwickeln. Zudem können sie Beziehungen zu potenziellen Käufern und Verkäufern aus dem eigenen Kundenbestand teilen und im Netzwerk kooperieren. Zu den Investoren gehören CommerzVentures, Hevella Capital, Immotech Venture, IBB Beteiligungsgesellschaft, Ventech sowie Business Angels aus dem Immobilienbereich. Im laufenden Jahr sind der Ausbau neuer Vertriebskanäle, die Weiterentwicklung der Online-Plattform, der Launch neuer Features und eine neue Finanzierungsrunde geplant.

Beim Maklerunternehmen Homeday, 2015 von Steffen Wicker, Dmitri Uvarovski und Philipp Reichle gegründet, unterstützen 100 Mitarbeiter in Berlin und Köln sowie 100 Homeday-Makler Immobilienverkäufer und Käufer bundesweit. Zu den Inves­toren zählen Project A Ventures, Purplebricks und Axel Springer. Für 2019 plant Homeday eine 100-prozentige Marktabdeckung in Deutschland mit Homeday-Maklern und eine breit angelegte Marken- und Marketingkampagne.

Maklaro, 2013 von Nikolai Roth gegründet, ist ein digitaler Immobilienmakler mit 15 Mitarbeitern. Das Unternehmen agiert deutschlandweit zentral von seinem Standort in Hamburg aus. Zu den Investoren zählen Family Offices, JLL, Innovationsstarter Fonds Hamburg, Marc Stilke, Lars Grosenick und Martin Hecker. Für den Immobilienverkauf zum Höchstpreis setzt das Startup auf Online-Bieterverfahren. Seit 2018 kooperieren die PropTechs Maklaro, Immomio, ein Softwareanbieter für digitales Interessentenmanagement, und 21st Real Estate, ein Cloud-Software-Anbieter mit 25 Mitarbeitern.

Anbieter wie Wohnungshelden oder Housy konzentrieren sich mit ihrem Angebot auf den Vermietungsprozess. Zu den Investoren des 2016 von Martin Staudacher und Daniel Vallés Valls gegründeten PropTechs Wohnungshelden zählen Marc Stilke und Lars Grosenick.

"Unser primäres Ziel ist es, unser Kerngeschäftsfeld – die vollintegrierte, digitale Vermietung – auszubauen und unseren Kundenstamm ... um weitere kommunale und privatwirtschaftliche Wohnungsunternehmen zu vergrößern." Wohnungshelden-Gründer Martin Staudacher

Nutzer des Berliner Startups Housy erhalten passende Wohnungsangebote auf Basis ihrer Wunschkriterien per Matching-Algorithmus direkt vom Vermieter. Der Vermieter wählt den Mieter aus und bezahlt Housy.

Zahlreiche PropTechs agieren auch im Dienstleistungsbereich. Das Big-Data-Startup Mietcheck.de bietet eine Immobilien-Bewertungsplattform, die mit Hilfe von Algorithmen berechnet, zu welcher Miete oder zu welchem Preis ein bestimmtes Objekt aktuell am Markt angeboten werden kann. Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 2017 von Andreas Mense, Benedikt Mangold und Steffen Seel. Die Immobilienbewertung soll zukünftig auch für B2B-Kunden als API-Lösung zur Verfügung stehen.

Inreal Technologies CEO Enrico Kürtös

Inreal Technologies entwickelt Virtual-Reality-Komplett­­­lösungen mit virtuell begehbaren und konfigurierbaren Immobilien.

"Wenn potenzielle Käufer ihr neues Zuhause schon lange vor dem Bau live am Bildschirm oder auf der Leinwand erleben können, bekommen sie dafür ein ganz anderes Gefühl." Enrico Kürtös, CEO von Inreal Technologies

Intelligentes Datenmanagement ermöglicht das Berliner PropTech Architrave. Dessen KI-Roboter DELPHI erkennt Inhalte, klassifiziert Dokumente, benennt sie exakt, extrahiert die wichtigsten Daten und sortiert sie an die richtige Stelle der Ablage. Anfang des Jahres ist die Deka Bank mit zwölf Prozent bei dem PropTech eingestiegen. Deka Immobilien wird Künstliche-Intelligenz-Technologie für die automatische Erkennung und Sortierung von Objektdokumenten sowie die Extraktion von Dokumenteninhalten nutzen.

Big Data birgt sowohl Chancen als auch Risiken

"Unser Verhältnis zu den tradierten Maklerunternehmen ist nicht immer einfach. Viele sehen uns als Bedrohung und fürchten in der fortschreitenden Digitalisierung eine Disruption für die Maklerbranche." Hanno Heintzenberg, Gründer und Geschäftsführer von McMakler

Diese oft beschworene Disruption der Maklerbranche durch die digitalen Startups ist bisher ausgeblieben. Allerdings stehen die Unternehmen im Hinblick auf die mögliche Ausdehnung des Bestellerprinzips auf den Immobilienkauf und den Umgang mit Big Data vor Herausforderungen.

"Informationen über Objekte, Kauf- und Mietpreise werden sich viel effektiver und effizienter beschaffen und verarbeiten lassen." Jürgen Michael Schick, IVD-Präsident

Diese Entwicklung werde für Makler genau dann zum Risiko, wenn sie es versäumten, den digital nicht ersetzbaren Mehrwert ihrer Leistungen gegenüber dem Kunden herauszustellen, meint Schick. Die BNP Paribas Real Estate Holding etwa greift der Konsolidierung von Daten durchaus auf Leistungen von PropTechs zurück, beispielsweise kooperiert das Unternehmen mit dem Datenraumanbieter Architrave.

"Bei der Vermarktung nutzen wir Virtual und Augmented Reality, um insbesondere bei Projektentwicklungen das fertige Produkt zu simulieren." Andreas Völker, Geschäftsführer BNP Paribas Real Estate

PropTechs als Wettbewerber für eigene IT-Lösungen, das Erwerben des PropTechs oder das Abschließen von Rahmenverträgen – dies alles sei denkbar, doch das klassische gewerbliche Maklergeschäft sei immer noch ein People-Business, ergänzt Thomas Herr, EMEA Head of Digital Innovations bei CBRE. Die Digitalisierung habe das Geschäft bereits um so manche innovative Neuerung bereichert, aber:

"Eine wirkliche Innovation im Investmentberatungsgeschäft wäre gegeben, wenn eine Plattform an den Markt kommt, die die Vielzahl der global verfügbaren Immobilien­investitionsmöglichkeiten hinsichtlich der Kriterien des jeweiligen Investors verlässlich aufbereitet." Thomas Herr, EMEA Head of Digital Innovations bei CBRE

PropTechs als neue Wettbewerber erkannt?

Bei Engel & Völkers beschäftigen sich mittlerweile rund ein Drittel der Mitarbeiter mit Digital- und Technology-Themen. Dem Netzwerk werden nach Angaben des Unternehmens kontinuierlich selbst entwickelte digitale Tools und Apps zur Verfügung gestellt, um den Vermarktungsprozess zu vereinfachen.

"Aufgrund ihres Marktwissens und ihrer persönlichen Kompetenz behalten unsere Berater jedoch ihre Daseinsberechtigung." Christian Evers, Vorstandsmitglied der Engel & Völkers AG

Insbesondere offene Immobilienfonds und Spezialfonds unterliegen beim An- und Verkauf von Objekten strengen Compliance-Regeln. Der Ablauf der Prozesse muss daher lückenlos dokumentiert werden. Bei der Transaktion komplexer großvolumiger Objekte werden etwa bei Deka Immobilien professionelle Dienstleister – auch Maklerunternehmen – eingebunden.

"Offene Vermittlungsplattformen mit Direktkontakt zwischen Anbieter und Kaufinteressent stellen daher für uns keine Alternative zu professionellen Beraterdienstleistungen dar." Thomas Schmengler, Geschäftsführer Deka Immobilien

Eine Großzahl der klassischen Makler hat laut Corvin Tolle, dem geschäftsführenden Gesellschafter von Rohrer Immobilien Berlin, noch nicht verstanden, dass PropTechs neue Wettbewerber sind, denen sie nichts entgegenzusetzen haben, wenn sie sich nicht der Digitalisierung öffnen und selbst Plattformen oder Netzwerke gründen.


Der vollständige Artikel erschien im Magazin "Immobilienwirtschaft", Ausgabe 03/2019.

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