Kapitel
Geringwertige Wirtschaftsgüter: Beispiele und Merkmale

Geringwertige Wirtschaftsgüter (kurz: GWG) sind Teil des Anlagevermögens. Doch was sind typische geringwertige Wirtschaftsgüter? Was gibt es bei immateriellen Wirtschaftsgütern, wie z. B. Computerprogrammen oder Software, zu beachten? Und wie werden die Anschaffungskosten berechnet? In diesem Kapitel werden grundlegende Fragen zum GWG 2024 beantwortet.

Ein geringwertiges Wirtschaftsgut ist ein Wirtschaftsgut, dessen Anschaffungskosten zwischen 250 EUR und 800 EUR (ab 2024 Anpassung durch das Wachstumschancengesetz geplant auf: 250 EUR bis 1.000 EUR) netto liegen. Des Weiteren muss es

  • beweglich,
  • selbstständig nutzbar und
  • abnutzbar

sein. Die Nutzungsdauer des geringwertigen Wirtschaftsguts muss mindestens ein Jahr betragen, weil andernfalls eine Aktivierung ausscheidet. Güter des Anlagevermögens müssen dem Unternehmen langfristig zur Verfügung stehen.

Was sind geringwertige Wirtschaftsgüter?

Typische Beispiele für geringwertige Wirtschaftsgüter sind

  • Kleinmöbel,
  • Bilder,
  • Datenträger,
  • Kaffeemaschinen,
  • Paletten,
  • Transportkisten,
  • Werkzeuge (außer Maschinenwerkzeug),
  • Lampen,
  • Bürocontainer,
  • beruflich genutzte Software,
  • Telefone

Keine GWG: Unselbstständige Wirtschaftsgüter

Nicht zu den GWG zählen Wirtschaftsgüter, die nur mit anderen Wirtschaftsgütern zusammen genutzt werden können. Darunter fällt z. B.

  • ein Computer-Monitor, der ohne Computer nicht selbstständig nutzbar ist,
  • Regalteile,
  • Lampen eines Beleuchtungssystems,
  • Softwareupdates oder
  • die Computermaus.

Hier wird zunächst nach "vorsichtiger kaufmännischer Beurteilung" entschieden, ob es sich bei dem unselbstständigen Wirtschaftsgut

  • um nachträgliche Anschaffungskosten oder
  • um Erhaltungsaufwand

handelt.

Tritt Ersteres ein, weil ein bestehendes Anlagegut verbessert oder erweitert wird, werden die neuen Kosten dem Anlagegut zum Tag der Anschaffung zugeschrieben und gemeinsam mit diesem abgeschrieben.

Wird hingegen das bestehende Anlagegut instandgehalten, gepflegt oder gewartet, ist das erworbene Wirtschaftsgut als Erhaltungsaufwand zu betrachten und der Aufwand ist damit sofort als Betriebsausgabe abziehbar.

Sind Wirtschaftsgüter aus mehreren Teilen ebenfalls GWG?

Bei Wirtschaftsgütern, die aus mehreren Teilen bestehen, wird sich die Finanzverwaltung üblicherweise gegen die Behandlung des Wirtschaftsguts als GWG aussprechen. Sie wird die Ansicht vertreten, dass die Teile nach ihrem wirtschaftlichen Zweck oder nach der Verkehrsauffassung eine Einheit bilden. Hierauf sollten Unternehmen vorbereitet sein und schon im Vorfeld Argumente sammeln. So könnte man z. B. bei einem Stuhl anbringen, dass jeder Stuhl einer Sitzgruppe für sich alleine nutzbar ist.

GWG: Immaterielle Wirtschaftsgüter wie z. B. Software

Einen Spezialfall bilden Computerprogramme, weil sie grundsätzlich nicht zu den materiellen Wirtschaftsgütern gehören. Die Finanzverwaltung unterscheidet zwischen

  • Trivialprogrammen, die lediglich Datenbestände oder allgemein zugängliche Daten speichern bzw. verarbeiten und die für die Allgemeinheit erwerbbar sind (z.B. allgemeine Office-Programme, Telefonbücher, Lexika, Vokabulare) und
  • individuell programmierten Computerprogrammen, die nur einem kleinen Anwenderkreis zur Verfügung stehen, z. B. ERP-Software für Unternehmen, Spezialsoftware für Grafiker oder Architekten.

Die Trivialprogramme werden von der Finanzverwaltung als abnutzbare bewegliche und selbständig nutzbare Wirtschaftsgüter anerkannt (R 5.5 Abs. 1 S. 2 EStR). Gemäß R 5.5 Abs. 1 S. 3 EStR sind den Trivialprogrammen gemäß Finanzverwaltung regelmäßig alle Computerprogramme zuzuordnen, deren Wert 800 EUR netto (geplante Anpassung ab 2024 durch das Wachstumschancengesetz auf bis zu 1.000 EUR zu erwarten) nicht überschreitet.

Sämtliche Programme mit einem Wert über 800 EUR (geplante Anpassung ab 2024 durch das Wachstumschancengesetz auf über 1.000 EUR zu erwarten) hingegen werden als langlebige immaterielle Vermögensgegenstände eingestuft und müssen regelmäßig über eine Nutzungsdauer von 3 oder 5 Jahren abgeschrieben werden (siehe auch BFH Beschluss vom 16.06.1995 - X B 237/94). Dabei wird

  • Standardsoftware in der Regel auf nur 3 Jahre abgeschrieben, wohingegen
  • die Anschaffungskosten für höherwertige Individualprogramme, die oftmals speziell für den einzelnen Betrieb erstellt wurden, auf 5 Abschreibungsjahre verteilt wird.

Bereits im Jahr 2021 hat die Finanzverwaltung mit einem BMF-Schreiben die steuerliche Anwendung einer verkürzten Nutzungsdauer für Computer und Peripheriegeräte ermöglicht. Mit der Überarbeitung des BMF-Schreibens in 2022 (BMF, Schreiben v. 22.2.2022, IV C 3 – S 2190/21/10002 :025) wurde dann für die Steuerpflichtigen noch mehr Klarheit geschaffen: Demnach darf auch für Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung steuerlich eine Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden. Es wird hierbei auch nicht beanstandet, wenn die Abschreibung im Anschaffungsjahr in voller Höhe beansprucht wird. Zu beachten gilt jedoch, dass die Verkürzung der Nutzungsdauer nicht für das Handelsrecht anwendbar ist. Wirtschaftsgüter der Computerhard- und -software, für welche die verkürzte Nutzungsdauer gewählt werden kann, sind im vorgenannten BMF-Schreiben abschließend geregelt.

Wichtig: Nettoanschaffungskosten sind entscheidend

Bei den betragsmäßigen Grenzen handelt es sich immer um die Nettoanschaffungskosten, die sofort in voller Höhe als Betriebsausgabe berücksichtigt werden können. Es kommt nicht darauf an, ob ein Vorsteuerabzugsrecht besteht. Auch für Kleinunternehmer, die nicht zur Regelbesteuerung optiert haben, gelten die Nettoanschaffungskosten für die Bestimmung der Wertgrenze.

GWG: Berechnung der Anschaffungskosten

Der Nettobetrag, der für die GWG-Einstufung maßgeblich ist, berechnet sich gem. § 255 Abs. 1 HGB folgendermaßen:

Preis einschl. USt

./.

19 % USt (ggf. 7 % USt)

./.

Skonto, sonstige Rabatte

./.

Zuschüsse

./.

Rücklage für Ersatzbeschaffung

./.

Investitionsabzugsbetrag

=

Netto-Anschaffungskosten

Ausnahme: Einlage in das Betriebsvermögen

Handelt es sich um eine Einlage in das Betriebsvermögen, darf bei der Prüfung der GWG-Grenze nicht vom ursprünglichen Preis ausgegangen werden. Stattdessen ist der Einlagewert maßgeblich, der sich nach dem Zeitpunkt der Einlage nach Anschaffung richtet.

EinlagezeitpunktAusgangswert

Innerhalb von 3 Jahren nach Anschaffung

Kaufpreis (brutto abzgl. vorgenommene bzw. fiktive Abschreibung = Restwert zum Zeitpunkt der Einlage)

Vorsicht: Die Abschreibung muss auch abgezogen werden, wenn diese steuerlich nicht geltend gemacht wurde.

Wurden Abschreibungen als Werbungskosten angesetzt, sind maximal diese abzuziehen.

Nach mehr als 3 Jahren nach Anschaffung

Schätzung des Einlagewerts (Restwerts)

Richtschnur: Was würde ein fremder Käufer noch für den Gegenstand bezahlen?