2.1 Ebenen von Standards und Angabepflichten

 

Rz. 3

ESRS 1 legt die grundlegende Struktur der ESRS dar und behandelt damit zugleich das Zusammenspiel der bereits vorliegenden und noch in Entwicklung befindlichen ESRS. Unterschieden werden drei Ebenen von Standards, die sektorunabhängig für alle berichtspflichtigen Unternehmen gelten (ESRS 1.4):

  • generelle Standards (cross-cutting standards): diese umfassen ESRS 1 ("Allgemeine Anforderungen") und ESRS 2 ("Allgemeine Angaben"); die Regelungen dieser Standards sind für alle Nachhaltigkeitsaspekte von Relevanz, die auf den beiden nachfolgenden Ebenen der ESRS behandelt werden; sie liegen somit der gesamten Berichterstattung gem. ESRS als Fundament zugrunde (ESRS 1.5 ff.);
  • themenbezogene Standards (topical standards): die ESRS unterscheiden drei Säulen von Standards, die konkrete Angabepflichten zu Nachhaltigkeitsaspekten zum Inhalt haben; diese Säulen folgen der in Literatur und Praxis[1] etablierten, von der CSRD auch vorgegebenen Gliederung nach den drei Dimensionen von ESG: Umweltstandards, Sozialstandards und Governance-Standards (ESRS 1.8 f.);
  • sektorspezifische Standards (sector-specific standards): schließlich sollen ESRS entwickelt werden, die Angabepflichten nur für solche Unternehmen ergänzen, die mit ihrer Geschäftstätigkeit einem bestimmten Sektor zuzuordnen sind; damit soll auf spezifische Sachverhalte besser eingegangen werden können, die z. B. innerhalb einzelner Branchen von besonders hohem Stellenwert sind oder sogar nur in diesen vorkommen (ESRS 1.10).

Set 1 der ESRS, das 2023 verabschiedet wurde, umfasst die generellen Standards sowie zehn themenbezogene Standards. Letztere sind allerdings in Teilen noch nicht fertiggestellt (siehe insbes. ESRS S2 bis ESRS S4; § 11 Rz 4 f.). Zu den sektorspezifischen Standards liegen gegenwärtig erst Arbeitspapiere vor. Eine Verabschiedung erster Standards dieser Ebene war ursprünglich für das Jahr 2024 geplant, wurde nunmehr allerdings auf das Jahr 2026 verschoben. Damit wird es noch längere Zeit dauern, bis diese angekündigten rd. 40 ESRS vorliegen.

Abb. 1 veranschaulicht die Struktur der ESRS.

Abb. 1: Struktur der ESRS

 

Rz. 4

Die ESRS fügen sich mit dieser dreigliedrigen Standard-Struktur in die mittlerweile etablierte Praxis internationaler Standardsetzung ein (§ 2 Rz 1 ff.). GRI hatte zunächst begonnen, seine themenbezogenen Standards durch sektorspezifische Standards zu ergänzen. Nach einer Orientierungsphase folgen inzwischen auch die IFRS Sustainability Disclosure Standards (IFRS SDS) einem solchen Strukturierungszugang. Die Etablierung sektorspezifischer Berichtsvorgaben wurde wesentlich durch die Standards des SASB vorangetrieben, die inzwischen in die Organisation der IFRS-Stiftung aufgenommen wurden und in der Anwendung der IFRS SDS globale Bedeutung erhalten haben. Diese Bezugnahmen sind insbes. für die Übergangsbestimmungen von Bedeutung, die ESRS 1 vorsieht (Rz 153).[2]

 

Rz. 5

Die Standards aller drei Ebenen sind hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit gleichrangig. Sie unterscheiden sich dahingehend, dass die generellen Standards von allen berichtspflichtigen Unternehmen angewandt werden müssen, während die themenbezogenen Standards nur dann berichtspflichtig sind, wenn die davon abgedeckten Themen, Unterthemen bzw. Unter-Unterthemen (Rz 61) in der Wesentlichkeitsanalyse als wesentlich identifiziert werden. Die Angabepflichten der sektorspezifischen Standards unterliegen ggf. einem ebensolchen Wesentlichkeitsvorbehalt; zusätzlich ist aber jedenfalls erforderlich, dass ein Unternehmen zu einem Sektor zugeordnet werden kann, für den ein sektorspezifischer ESRS vorliegt. Für diese Sektoreneinteilung wird ein eigener Standard entwickelt, der primär auf die Branche abstellt, in der ein Unternehmen tätig ist; weiterhin stellt die NACE-Klassifizierung, wie bei der Taxonomie-VO auch, für die sektorspezifischen Standards einen wichtigen Orientierungspunkt dar.[3]

 

Rz. 6

Eine gewisse Durchbrechung dieser dreigliedrigen Struktur der ESRS erfolgt auf Ebene der generellen Standards, insbes. bei ESRS 2. Dieser enthält einerseits grundlegende Angabepflichten für die Berichterstattung gem. ESRS, die für sich stehen (z. B. zu den Berichtsgrenzen). Andererseits werden einzelne Angabepflichten aus ESRS 2 in den themenbezogenen Standards wieder aufgegriffen und – sofern das Thema eines ESRS für das berichtspflichtige Unternehmen wesentlich ist (siehe zur Ausnahme Rz 82) – ergänzt (ESRS 1.9). Diese ergänzenden Angaben sind dann gem. den Vorgaben zum Aufbau der Nachhaltigkeitserklärung an zentraler Stelle mit den weiteren Angaben gem. ESRS 2 zu tätigen. Alternativ ist für einzelne Angabepflichten eine Berichterstattung mit den weiteren Angaben der jeweiligen themenbezogenen Standards möglich (§ 4 Rz 13).

 
Hinweis

Neben den hier dargestellten Ebenen der "full ESRS" (wie sie in dieser Kommentierung behandelt werden) können weitere Versionen der ESRS unterschieden werden – namentlich die ESRS für KMU sowie die ESRS für Drittstaaten:

  • Zu Ersteren veröffentlichte die EFRAG zum Jahres...

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