Rz. 107

ESRS 2 IRO-1 fordert Angaben, die einem Verständnis von der Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse durch das berichtspflichtige Unternehmen dienen. Ausgangspunkt sind die Verfahrensanforderungen gem. ESRS 1, Kap. 3. Sowohl ist nachvollziehbar zu machen, wie die Auswirkungen, Risiken und Chancen des Unternehmens identifiziert wurden, als auch, wie die Bewertung ihrer Wesentlichkeit erfolgte (ESRS 2.51 f.).

 

Rz. 108

Zunächst werden grundlegende Beschreibungen gefordert. Diese umfassen einerseits die angewandten Methoden und Annahmen (ESRS 2.53(a)), andererseits die verwendeten Input-Parameter wie verwendete Datenquellen, den Umfang der erfassten Vorgänge und der Detailgrad der Annahmen (ESRS 2.53(g)). Dies erfordert eine detaillierte Beschreibung der methodischen Vorgehensweise, d. h. der grundlegenden Konzeption und der einzelnen Schritte in der Wesentlichkeitsanalyse. Diese hat sohin eine Methode zu sein und entsprechend systematisch abzulaufen (§ 3 Rz 57 ff.) – was gem. ESRS 2 in der Nachhaltigkeitserklärung entsprechend darzustellen ist. Weiterhin stehen im Zusammenhang mit diesem Datenpunkt v. a. technische Aspekte des Ablaufs im Fokus; Aspekte wie z. B. die Einbindung von Vorstand oder Aufsichtsrat werden von den weiter folgenden Datenpunkten gesondert aufgegriffen.

 

Rz. 109

Schließlich ist in den Darstellungen besonders auf die beiden Dimensionen der doppelten Wesentlichkeit einzugehen, namentlich auf die Perspektive der Auswirkungs-Wesentlichkeit und auf die Perspektive der finanziellen Wesentlichkeit. In beiden Fällen sind die grds. angewandten Prozesse zur Ermittlung, Bewertung, Priorisierung und Überwachung der potenziellen und tatsächlichen Auswirkungen bzw. der Risiken und Chancen darzustellen (ESRS 2.53(b) und (c)). Darüber hinaus ist für jede der beiden Dimensionen zu diesen Darstellungen zum Prozess zu ergänzen:

  • für die Dimension der Auswirkungs-Wesentlichkeit:

    • ein Überblick über dessen Fundierung in den Prozessen der Sustainability Due Diligence im Unternehmen (ESRS 2.53(b));
    • eine Darstellung dazu, ob bzw. wie auf spezifische Tätigkeiten, Geschäftsbeziehungen, geografische Gegebenheiten oder andere Faktoren fokussiert wurde, die mit einem erhöhten Risiko negativer Auswirkungen verbunden sind (ESRS 2.53(b)(i));
    • eine Darstellung dazu, auf welche Weise jeweils Auswirkungen berücksichtigt werden, an denen das Unternehmen durch seine eigenen Wirtschaftsaktivitäten oder durch seine Geschäftsbeziehungen beteiligt ist (ESRS 2.53(b)(ii));
    • eine Darstellung dazu, ob und auf welche Weise Konsultationen der betroffenen Interessenträger durchgeführt wurden, um deren Betroffenheit zu identifizieren, bzw. ob und auf welche Weise externe Sachverständige mit eingebunden wurden (ESRS 2.53(b)(iii));
    • wie Auswirkungen hinsichtlich der gem. ESRS 1 anzuwendenden Bewertungskriterien priorisiert wurden und welche Schwellenwerte oder sonstige Kriterien festgelegt wurden, um die Wesentlichkeit einer Auswirkung zu bestimmen (ESRS 2.53(b)(iv));
  • für die Dimension der finanziellen Wesentlichkeit:

    • wie das Unternehmen Risiken und Chancen berücksichtigt hat, die sich aus seinen Auswirkungen sowie Abhängigkeiten von Ressourcen ergeben können (ESRS 2.53(c)(i));
    • wie Risiken und Chancen hinsichtlich der gem. ESRS 1 anzuwendenden Bewertungskriterien priorisiert wurden und welche Schwellenwerte oder sonstige Kriterien festgelegt wurden, um die Wesentlichkeit eines Risikos oder einer Chance zu bestimmen (ESRS 2.53(c)(ii));
    • wie das Unternehmen Nachhaltigkeitsrisiken im Verhältnis zu anderen Arten von Risiken priorisiert, einschl. ihrer Berücksichtigung beim Einsatz von Instrumenten zur Risikobewertung im Unternehmen (ESRS 2.53(c)(iii)).

Im Hinblick auf die zahlreichen Zusammenhänge, die sich zwischen der Angabepflicht ESRS 2 IRO-1 und den zuvor dargestellten Angabepflichten des ESRS 2 SBM-2 und ESRS 2 SBM-3 ergeben, sind Verweise innerhalb der Nachhaltigkeitserklärung mitunter sinnvoll. Jedenfalls ist zu berücksichtigen, dass im Unterschied zu den beiden anderen Angabepflichten bei den Darstellungen zu ESRS 2 IRO-1 konkret auf den Kontext des Prozesses der Wesentlichkeitsanalyse einzugehen ist.

 

Rz. 110

Dezidiert nicht gefordert ist, dass die konkreten Ergebnisse der Bewertung der Wesentlichkeit von Auswirkungen, Risiken und Chancen angegeben werden – d. h. die in ESRS 1 vorgesehenen Kriterien: Ausmaß, Umfang und Unabänderlichkeit und ggf. Eintrittswahrscheinlichkeit für Auswirkungen, Ausmaß und Wahrscheinlichkeit für Risiken und Chancen. Diese Ergebnisse sind wie der zugrunde liegende Prozess der Bewertung allerdings in die interne Dokumentation des Unternehmens aufzunehmen und spielen gegenüber dem externen Prüfer eine Rolle.[1] Im Fokus steht eine Darstellung des Prozesses der Wesentlichkeitsanalyse.

 

Praxis-Beispiel Deutsche Telekom – Beschreibung des Prozesses der Wesentlichkeitsanalyse[2]

„Prozess zur Ermittlung wesentlicher Themen

Die Themen, die für die Ausrichtung unserer Nachhaltigkeitsstrategie sowie unsere Berichterstattun...

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