Rz. 148

Die Angabepflichten gem. ESRS S1-16 zielen darauf ab, Einkommensungleichheiten darzustellen: Zum einen sind etwaige geschlechtsspezifische Verdienstunterschiede (auch: "Gender pay gap") in der eigenen Belegschaft aufzuzeigen und zum anderen die innerbetriebliche Einkommensspreizung zwischen dem höchsten Einkommen und dem Medianeinkommen (ESRS S1.95 f.). Folgende Informationen sind offenzulegen:

  • Der geschlechterspezifische Einkommensunterschied ("Verdienstgefälle"), sprich die Differenz zwischen dem Durchschnittseinkommen von weiblichen und männlichen Beschäftigten, ausgedrückt als Prozentsatz des Durchschnittseinkommens männlicher Beschäftigter (ESRS S1.97(a)).
  • Hinsichtlich der Einkommensspreizung im Unternehmen ist das Verhältnis der jährlichen Gesamtvergütung der bestbezahlten Person zum Median der jährlichen Gesamtvergütung aller Beschäftigten (mit Ausnahme der bestbezahlten Person) darzustellen (ESRS S1.97(b)). Da die Bestimmung des Medians eine grenzüberschreitende Reihung aller Mitarbeiter, aufsteigend nach Gesamtvergütung sortiert, erfordert, ist davon auszugehen, dass dies in internationalen Großunternehmen realistisch nicht durchführbar ist, da nicht zuletzt Datenschutzbestimmungen die erforderliche Datenzusammenführung behindern. Darüber hinaus ist die resultierende Kennzahl aufgrund unterschiedlicher Währungen, Steuersysteme und Kaufkraftparitäten nur begrenzt aussagekräftig. Es ist daher zu erwarten, dass große Unternehmen diese Kennzahl lediglich basierend auf Schätzungen werden darstellen können.
  • Darüber hinaus können Hintergrundinformationen, die zum Verständnis der Daten sowie deren Zusammenstellung erforderlich sind (z. B. Berechnungsmethoden, getroffene Annahmen bzw. Schätzungen und Erläuterungen), offengelegt werden (ESRS S1.97(c)).
  • Die Anwendungsanforderungen führen dazu näher aus, dass quantitative Daten, wie das Verhältnis der jährlichen Gesamtvergütung, allein möglicherweise nicht ausreichen, "um die Lohnunterschiede und ihre Ursachen zu verstehen. Die Vergütungsverhältnisse können bspw. durch die Größe des Unternehmens (z. B. Einnahmen, Zahl der Beschäftigten), seine Branche, seine Beschäftigungsstrategie (z. B. Abhängigkeit von ausgelagerten Arbeitskräften oder Teilzeitbeschäftigten, ein hohes Maß an Automatisierung) oder durch Währungsschwankungen beeinflusst werden" (ESRS S1.AR102).
 

Rz. 149

Für das bessere Verständnis wird empfohlen, die Angabe gem. ESRS S1.97(a) nach Beschäftigtenkategorie und/oder Land/Segment aufzuschlüsseln. Die Beschäftigtenkategorien können zudem optional nach Grundgehalt und sonstigen bzw. variablen Entgeltbestandteilen gegliedert werden (ESRS S1.98). Darüber hinaus können Anpassungen in der Datengrundlage im Hinblick auf Kaufkraftunterschiede in einzelnen Ländern vorgenommen werden; hier ist die Vorgehensweise für solche Anpassungen aber zu beschreiben (ESRS S1.99).

 

Rz. 150

Das geschlechterspezifische Verdienstgefälle gem. ESRS S1.97(a) wird wie folgt berechnet (ESRS S1.AR98):

 
Durchschnittlicher Bruttostundendienst von männlichen Beschäftigten – Stundenverdienst von weiblichen Beschäftigten
Durchschnittlicher Bruttostundenverdienst von männlichen Beschäftigten

Im Zusammenhang mit der Angabe gem. ESRS S1.97(a) wird zudem verlangt, alle Hintergrundinformationen, die für das Verständnis der Daten und der Art und Weise, wie die Daten erhoben wurden (sprich: Methodik), erforderlich sind, offenzulegen. Potenziell können Informationen darüber, wie objektive Faktoren (bspw. die Art der Arbeit und das Beschäftigungsland) das geschlechtsspezifische Verdienstgefälle beeinflussen, angegeben werden.

 
Hinweis

In den Anwendungsanforderungen findet sich zum Gender pay gap ein bedeutender Hinweis für berichtspflichtige Unternehmen: Diese Kennzahl ist für den laufenden Berichtszeitraum und, falls sie bereits in früheren Nachhaltigkeitsberichten berichtet wurde, für die beiden vorangegangenen Berichtszeiträume darzustellen (ESRS S1.AR100).

 

Rz. 151

Das Verhältnis der jährlichen Gesamtvergütung der bestbezahlten Person zum Median der jährlichen Gesamtvergütung aller Beschäftigten mit Ausnahme der bestbezahlten Person gem. ESRS S1.97(b) wird wie folgt berechnet (ESRS S1.AR101):

 
Jährliche Gesamtvergütung für die höchstbezahlte Person im Unternehmen
Median der jährlichen Gesamtvergütung für die Beschäftigten (ohne höchstbezahlte Person)
 

Rz. 152

Die Definition "Jährliche Gesamtvergütung" der eigenen Belegschaft nimmt Bezug auf GRI 2-21 "Verhältnis der Jahresgesamtvergütung" und umfasst Gehälter, Bonuszahlungen, Aktienprämien, Optionsprämien, nicht aktienbasierte Vergütung i. R. v. Anreizplänen, Änderung des Rentenwerts und nicht qualifizierte zurückgestellte Vergütungsgewinne, die im Lauf eines Jahrs anfallen.[1]

 

Rz. 153

Das Verständnis von "Lohn" entspricht jenem von ESRS S1-10 (Rz 103). ESRS S1 lässt allerdings eine präzise Begriffsdefinition des Bruttolohns vermissen. Eine konkrete Begriffsabgrenzung ist für Unternehmen allerdings von großer Bedeutung, da sich der Parameter ...

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