Rz. 1

Bei der grundlegenden Gestaltung der Standards der S-Säule sah sich die EFRAG mit der Herausforderung konfrontiert, dass für deren Strukturierung noch keine konkreten Bezugspunkte im weiteren europäischen Rahmen der Nachhaltigkeitsregulatorik vorlagen: Während die E-Säule der ESRS in der Taxonomie-VO ihren Anknüpfungspunkt für die Einteilung der abgedeckten Nachhaltigkeitsaspekte findet, fehlt ein vergleichbarer Bezug für die ESRS, die sich sozialen Aspekten widmen. Bis dato konnte z. B. zu einer sozialen Taxonomie kein Fortschritt erzielt werden. Bereits in ihren vorbereitenden Arbeiten zu den ESRS stellte die eingerichtete Projektarbeitsgruppe bei der EFRAG daher eigenständige Überlegungen an, wie die zu erarbeitenden Standards der S-Säule angeordnet sein sollen, um Benutzerfreundlichkeit und Verständlichkeit der umfassten Standards sicherzustellen. Im Ergebnis wurde eine Stakeholder-orientierte Struktur gewählt, die die von den Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten betroffenen Stakeholder ("betroffene Interessenträger", § 3 Rz 51) in den Mittelpunkt rückt:[1]"In line with the CSRD, this [draft] Standard, along with the other social standards, was drafted with the understanding that social topics are, in their essence, about people, as individuals, groups and societies. […] The key categories of people or affected ‚stakeholders’ – addressed in the ESRS are the undertaking’s own workforce (ESRS S1), workers in the value chain (ESRS S2), affected communities (ESRS S3), and consumers and end-users (ESRS S4)" (ESRS S1.BC4).

 

Rz. 2

Eine weitere Besonderheit der Standards der S-Säule betrifft deren (standard-übergreifende) formale Gestaltung: Verglichen mit den Standards der E-Säule sticht an der S-Säule hervor, dass die einzelnen Standards weitestgehend gleichartig aufgebaut sind und teilw. bis auf einzelne unterschiedliche Schlüsselbegriffe wortwörtlich deckungsgleiche Ausführungen zum Inhalt haben.[2] Dies unterstreicht das gemeinsame Grundprinzip weiter und trägt zu einer vergleichsweise hohen Benutzerfreundlichkeit der Standards der S-Säule bei. Der Orientierungspunkt für diese Strukturierung ist der Prozess der Sustainability Due Diligence (§ 3 Rz 44 ff.), entlang dessen Phasen die Angabepflichten der einzelnen Standards – noch deutlicher erkennbar als bei den Standards der E-Säule bzw. der G-Säule – auch angeordnet sind. Abb. 1 veranschaulicht dies:

Abb. 1: Zusammenhänge zwischen den themenbezogenen Standards der S-Säule[3]

 

Rz. 3

Auch die von den Standards der S-Säule abgedeckten Nachhaltigkeitsaspekte, die i. R. d. Wesentlichkeitsanalyse zu würdigen sind, weisen zahlreiche Berührungspunkte zu der soeben dargelegten Logik der Strukturierung auf. ESRS S1 und ESRS S2 widmen sich im Besonderen dem Arbeitnehmerschutz (für unterschiedliche Arten von Arbeitnehmern), ESRS S3 dem Schutz von Anrainern und weiteren (unternehmensexternen) Gruppen, mit denen Unternehmen entlang ihrer Wertschöpfungskette(n) direkt oder indirekt in Verbindung stehen, und ESRS S4 dem Konsumentenschutz. Insbes. auf Ebene der Unter-Unterthemen sind weitgehend dieselben Nachhaltigkeitsaspekte von den einzelnen Standards abgedeckt, z. B. im Bereich der Grundrechte wie der Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Umgekehrt können einzelne Personengruppen auch unter mehrere der unterschiedenen Stakeholder-Kategorien fallen und damit Gegenstand einer Berichterstattung nach mehreren dieser ESRS werden. Dies unterstreicht nur weiter, wie eng verschränkt die Standards der S-Säule (und die von ihnen abgedeckten Nachhaltigkeitsaspekte) sind; die berichtspflichtigen Unternehmen sollten daher eine möglichst integrierte Sichtweise einnehmen, um die geforderte Verschränkung der Perspektiven effizient in den Berichtsprozessen zu implementieren. Entsprechende Forderungen finden sich in den Standards der S-Säule selbst wiedergegeben (z. B. ESRS S2.6 f.).

 
Wichtig

In der Tabelle der zu berücksichtigenden Nachhaltigkeitsaspekte, welche sich in Anlage A zu ESRS 1 (ESRS 1.AR16) findet (§ 3 Rz 61), sticht hervor, dass viele dieser Nachhaltigkeitsaspekte, die den vier Standards der S-Säule zugeordnet sind, auf Menschenrechte Bezug nehmen. Dies ist für die Wesentlichkeitsanalyse von Bedeutung, in deren Rahmen Unternehmen gem. ESRS 1.AR11 folgende Besonderheit zu berücksichtigen haben: "Im Falle möglicher negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte hat der Schweregrad der Auswirkungen Vorrang vor ihrer Wahrscheinlichkeit". Dies ist ein weiterer wichtiger Punkt, der den Umgang mit den Standards der S-Säule von jenem mit den Standards der E-Säule bzw. G-Säule unterscheidet und tendenziell dazu führen wird, dass häufiger ein einschlägiger Nachhaltigkeitsaspekt als wesentlich bewertet wird (§ 3 Rz 71).

 

Rz. 4

Als weitere Besonderheit der Standards der S-Säule ist anzuführen, dass diese z. T. mit der Veröffentlichung von Set 1 der ESRS noch nicht abgeschlossen wurden. Während ESRS S1 sämtliche Angabebereiche und insbes. eine Vielzahl an Parametern enthält, welche die vo...

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