Rz. 12

Anlage A von ESRS 1 enthält die Aufstellung der Nachhaltigkeitsaspekte, die bei der Wesentlichkeitsanalyse eines berichtspflichtigen Unternehmens mind. zu würdigen sind (§ 3). Die für ESRS S4 einschlägige Aufstellung von Themen, Unterthemen und Unter-Unterthemen zeigt die Tab. 1:

 
Thema Unterthema Unter-Unterthemen
Verbraucher und Endnutzer Informationsbezogene Auswirkungen für Verbraucher und/oder Endnutzer
  • Datenschutz
  • Meinungsfreiheit
  • Zugang zu (hochwertigen) Informationen
Persönliche Sicherheit von Verbrauchern und/oder Endnutzern
  • Gesundheitsschutz und Sicherheit
  • Persönliche Sicherheit
  • Kinderschutz
Soziale Inklusion von Verbrauchern und/oder Endnutzern
  • Nichtdiskriminierung
  • Zugang zu Produkten und Dienstleistungen
  • Verantwortungsvolle Vermarktungspraktiken

Tab. 1: Nachhaltigkeitsaspekte gem. ESRS S4 (ESRS 1.AR16)

Wie bei den anderen ESRS-Sozialstandards steht auch beim ESRS S4 die Achtung der Menschenrechte im Vordergrund. ESRS S4.BC2 verdeutlicht nochmals die Bedeutung der Achtung der Menschenrechte, wie sie auch in der Charta der Grundrechte der EU und in internationalen Instrumenten wie den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen verankert sind. So sind die CSRD und ihre Vorgängerin, die NFRD[1], sowie die Verordnung über die Offenlegung von Informationen über nachhaltige Finanzierungen (SFDR[2]) und die Verordnung über die EU-Taxonomie[3] jeweils zentrale Bestandteile der Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung, welche die Ziele der EU-Strategie für nachhaltige Finanzen sowohl untermauern als auch voranbringen sollen und welche allesamt die Bedeutung der Achtung der Menschenrechte anerkennen.

Aufgrund dieser Relevanz sind Auswirkungen von Wirtschaftsaktivitäten auf Menschenrechtsbelange sehr häufig als wesentlich zu klassifizieren, so dass diese im Weiteren wiederum regelmäßig wesentliche Chancen und Risiken für das Unternehmen darstellen (können). Daher sind die Themen des ESRS S4 zu Verbrauchern und Endnutzern bei der Erstellung der Nachhaltigkeitsberichterstattung entsprechend ausführlich nach den in ESRS 2 dargelegten Verfahren zur Bewertung der Wesentlichkeit zu analysieren (ESRS S4.5, ESRS S4.BC10). Gerade bei Menschenrechtsbelangen ist in der Berichterstattung dann aber zwischen "potenziellen Auswirkungen" und "tatsächlichen Auswirkungen" sowie den Brutto- und Nettowahrscheinlichkeiten zu unterscheiden.

 
Praxis-Beispiel

Bei einem Produzenten von Flugzeugreifen könnten daraus folgende Überlegungen resultieren:

  • Ein Reifen könnte beim Start oder der Landung des Flugzeugs platzen und dadurch könnten Menschen leiblichen Schaden erleiden (potenzielle Auswirkung, Bruttowahrscheinlichkeit).
  • Aufgrund der Qualitätsanforderungen und auch der Qualitätskontrolle bei Flugzeugreifen kann ein Platzen allerdings immer noch passieren, ist aber nicht wahrscheinlich (potenzielle Auswirkung, Nettowahrscheinlichkeit).
  • Die gute Qualität der produzierten Flugzeugreifen hat im Berichtsjahr dazu geführt, dass es keinen geplatzten Flugzeugreifen gab (tatsächliche Auswirkung).

Je nach Auslegung kann die Differenz zwischen Brutto- und Nettowahrscheinlichkeit dann sogar als "positive Auswirkung" ausgelegt werden, so dass eine Berichterstattung i. S. v. "weniger schlecht ist besser und damit positiv" erfolgen könnte.

ESRS S4 ist also stets i. V. m. ESRS 1 "Allgemeine Anforderungen" und ESRS 2 "Allgemeine Angaben" sowie ESRS S1 "Eigene Belegschaft", ESRS S2 "Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette" und ESRS S3 "Betroffene Gemeinschaften" zu lesen (ESRS S4.6). Dies untermauert die gemeinsame Stoßrichtung, aber kann ggf. auch zu gewissen Überschneidungen führen, was die Berichtspflicht unter ESRS S4 unwahrscheinlicher machen könnte, da die Aspekte bereits an anderer Stelle als relevanter einzuschätzen und dort berichtspflichtig sind. ESRS S4 fungiert somit in gewisser Hinsicht als Auffangtatbestand für die soziale Berichterstattung.

 

Rz. 13

Für Verbraucher und Endnutzer ergeben sich unter Berücksichtigung von Art. 29b Abs. 2 Buchst. b) der CRSD die folgenden vier Kategorien tatsächlicher und potenzieller Auswirkungen (ESRS S4.BC3):

  • Verbraucher und/oder Endnutzer von Produkten, die von Natur aus schädlich für den Menschen sind und/oder das Risiko für chronische Krankheiten erhöhen,
  • Verbraucher und/oder Endnutzer von Dienstleistungen, die sich potenziell negativ auf ihr Recht auf Privatsphäre, auf den Schutz ihrer persönlichen Daten, auf freie Meinungsäußerung und auf Nichtdiskriminierung auswirken,
  • Verbraucher und/oder Endnutzer, die auf korrekte und zugängliche produkt- oder dienstleistungsbezogene Informationen, wie Handbücher und Produktetiketten, angewiesen sind, um eine möglicherweise schädliche Nutzung eines Produkts oder einer Dienstleistung zu vermeiden,
  • Verbraucher und/oder Endnutzer, die besonders anfällig für Auswirkungen auf die Gesundheit oder die Privatsphäre oder für Auswirkungen von Marketing- und Verkaufsstrategien sind, wie z. B. Ki...

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