Rz. 66

Ein Nachhaltigkeitsaspekt ist aus der ökologischen und sozialen Perspektive wesentlich, sobald im Kontext des berichtspflichtigen Unternehmens tatsächliche oder potenzielle, positive oder negative, kurz-, mittel- oder langfristige Auswirkungen auf Menschen oder Umwelt erfolgen, die als wesentlich bewertet werden (ESRS 1.43). Die Auswirkungen müssen mit den eigenen Geschäftstätigkeiten bzw. mit den Geschäftstätigkeiten des Unternehmens verbunden sein inkl. verbundener Produkte, Dienstleistungen oder weiteren Teilen der Wertschöpfungskette. Im Fall der Geschäftsbeziehungen sind alle Beziehungen in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette des Unternehmens (d. h. die Kunden- und Lieferantenbeziehungen) betroffen. Die Definition der Auswirkungs-Wesentlichkeit gem. ESRS entspricht damit weitgehend dem Verständnis von Wesentlichkeit i. S. d. GRI-Standards, die sich damit als weitere Orientierungspunkte anbieten.

 
Hinweis

Die ESRS definieren Auswirkungen in einem weiten Sinne, der offenkundig an den SDG Anlehnung nimmt: "Die Auswirkungen, die das Unternehmen auf die Umwelt und die Menschen hat oder haben könnte, einschließlich der Auswirkungen auf ihre Menschenrechte [...]. Die Auswirkungen geben den negativen oder positiven Beitrag des Unternehmens zur nachhaltigen Entwicklung an."[1]

 

Rz. 67

Für die Identifikation solcher Auswirkungen ist auf drei Fallkonstellationen abzustellen; diese sind gleichermaßen für die weitere Wesentlichkeitsanalyse zu berücksichtigen:[2]

  • Das berichtspflichtige Unternehmen verursacht diese Auswirkungen durch seine Wirtschaftsaktivitäten unmittelbar selbst: "The undertaking is single-handedly responsible for the impacts."
  • Das berichtspflichtige Unternehmen trägt durch seine Wirtschaftsaktivitäten zu diesen Auswirkungen bei: "When the impact is not caused solely by the undertaking but in conjunction with a third party: undertaking’s action or omission would not, single-handedly, cause the impact, but together with others' actions or omissions, it leads to the impact."
  • Das Unternehmen ist mit seinen Wirtschaftsaktivitäten unmittelbar mit diesen Auswirkungen verbunden: "Impacts directly linked to the undertaking’s operations, products, and services but caused by a business relationship. The entity that caused or contributed to the impact is linked to the undertaking." Dies ist häufig bei Geschäftsbeziehungen und dem von den Geschäftspartnern gesetzten Verhalten der Fall.
 
Hinweis

Sofern ein Unternehmen Kobalt, das durch Kinderarbeit gefördert wurde, in seinen Produkten verwenden sollte, besteht eine direkte negative Auswirkung in Bezug auf die betreffenden Produkte. Dabei spielen die Geschäftsbeziehungen zu den Schmelzhütten, Mineralienhändlern und Bergbauunternehmen, die von Kinderarbeit profitieren, eine entscheidende Rolle. Dies wäre auch der Fall, wenn das berichtspflichtige Unternehmen eine finanzielle Verbindung zu diesen Unternehmen hätte. Dies hat zur Folge, dass auch die Vergabe eines Kredits zu einer Beteiligung an den negativen Auswirkungen führen kann (ESRS 1.AR12).

 

Rz. 68

In der Bewertung der Auswirkungs-Wesentlichkeit wird zwischen negativen und positiven Auswirkungen unterschieden. Negative Auswirkungen ergeben sich aus dem Due-Diligence-Prozess gem. den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen (ESRS 1.45). Dabei wird ebenfalls zwischen tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen unterschieden. Die Wesentlichkeit einer tatsächlichen negativen Auswirkung hängt vom Schweregrad der tatsächlichen Auswirkung ab, wohingegen bei potenziellen negativen Auswirkungen die Wahrscheinlichkeit zusätzlich mitberücksichtigt werden muss. Das trifft ebenfalls auf mögliche positive Auswirkungen zu.

Im Fall von negativen Auswirkungen erfolgt die Bewertung des Schweregrads unter folgenden Gesichtspunkten (ESRS 1.AR10):

  • Ausmaß: Wie schwerwiegend sind die Auswirkungen auf den Menschen und die Umwelt?
  • Umfang: Wie weit verbreitet sind die Auswirkungen? Im Fall von Umweltauswirkungen können geografische Daten hinzugezogen werden und im Fall von Auswirkungen auf den Menschen kann die Anzahl der Betroffenen berücksichtigt werden.
  • Unabänderbarkeit: Inwieweit können die Auswirkungen rückgängig gemacht werden?
 

Rz. 69

Abb. 9 fasst die zu berücksichtigenden Abwägungen für die verschiedenen Arten von Auswirkungen zusammen.

Abb. 9: Elemente der Wesentlichkeitsanalyse im Hinblick auf die Auswirkungs-Wesentlichkeit[3]

 

Rz. 70

 
Wichtig

Wichtige Hinweise zur Operationalisierung dieser Elemente der Wesentlichkeitsanalyse finden sich noch in den Anwendungsanforderungen. Dort wird klargestellt: "Jedes der drei Merkmale (Ausmaß, Umfang und Unabänderlichkeit) kann schwerwiegende negative Auswirkungen mit sich bringen" (ESRS 1.AR11). D. h., dass eine Auswirkung auch dann berichtspflichtig sein kann, wenn sie nur nach einem der drei Elemente als schwerwiegend beurteilt wird. Eine rein additive bzw. multiplikative Betrachtung der drei Elemente (z. B. in F...

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