Literatur

Langer, Umsatzsteuer im Binnenmarkt, 1. Aufl. 2002.

Plikat, Umsatzsteuer innerhalb der Europäischen Union, UStB 2007, 300.

Rondorf, Das Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz, 1. Aufl. 1992.

Weimann, Änderungen im Umsatzsteuerrecht durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999, UStB 2000, 61.

Weimann, Umsatzsteuer in der Praxis (UidP),16. Aufl. 2018, Kap. 35.

Richtlinien/Hinweise/Verordnungen

UStAE: Abschn. 3c.1.

MwStSystRL: Art. 33 ff.

1 Allgemeines

1.1 Überblick über die Vorschrift

 

Rz. 1

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Bei grenzüberschreitenden Lieferungen an private Letztverbraucher gilt seit der Einführung des USt-Binnenmarktes zum 01.01.1993 grundsätzlich das Ursprungslandprinzip: Die Besteuerung erfolgt in dem Mitgliedstaat, in dem die Ware erworben wurde bzw. in dem die Beförderung oder Versendung der Ware beginnt. Eine besondere Regelung erfahren jedoch die sog. "Versandhandels- oder Fernverkäufe", d. h. innergemeinschaftliche Beförderungs- oder Versendungslieferungen an private Endverbraucher und andere nicht erwerbssteuerpflichtige Personen (nachfolgend kurz "Versandhandel"). Grund für die Sonderregelung war die Befürchtung einiger Mitgliedstaaten, die strikte Anwendung des Ursprungslandprinzips auf derartige Umsätze führe zu erheblichen Einnahmeverschiebungen zugunsten der exportorientierten Länder. Ursprünglich war geplant, nur den "Versandhandel im klassischen Sinne" im Bestimmungsland zu besteuern. Da es jedoch nicht möglich war, eine taugliche Definition für diesen "echten Versandhandel" zu finden, wurde die Regelung auf alle Lieferungen ausgedehnt, in denen die gelieferten Gegenstände vom Lieferer oder in dessen Auftrag versandt oder befördert werden (Weimann, UidP, Kap. 3.5.1.1, m. w. N.).

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 2

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

§ 3c UStG wurde als zentrale Vorschrift der Umsatzbesteuerung im Binnenmarkt (vgl. dazu Rn. 1) zum 01.01.1993 in das UStG eingefügt. Die Vorschrift galt bis zum 31.12.1999 abgesehen von einer zum 01.01.1994 erfolgten redaktionellen Anpassung (vgl. dazu Bülow in S/W/R, § 3c Rz. 6) unverändert.

 

Rz. 3

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Zur Prüfung der Lieferschwelle galt die ja noch recht junge Vorschrift bereits in drei Varianten:

  • Variante 1 (bis 31.12.1999): Zunächst sah die in § 3c Abs. 3 S. 1 UStG enthaltene Regelung vor, dass die Ortsverlagerung i. R. d. sog. Versandhandelsregelung nur dann Anwendung findet, wenn der Gesamtbetrag der Entgelte, der den Lieferungen in einem Mitgliedstaat zuzurechnen war, bei dem Lieferer (tatsächlich) im vorangegangenen oder voraussichtlich im laufenden Kj. die maßgebliche Lieferschwelle überstiegen hat bzw. übersteigt. Diese Regelung entsprach insoweit nicht den EG-rechtlichen Vorgaben, als sie bei der Berechnung der maßgeblichen Lieferschwelle auf die voraussichtlich im laufenden Kj. bewirkten Umsätze abstellte (vgl. Rn. 30 f.). Dadurch konnte es zu Doppelbesteuerungen bzw. Nichtbesteuerungen im Verhältnis zu solchen Staaten kommen, die die EG-rechtlichen Vorgaben in nationales Recht umgesetzt haben.
  • Variante 2 (01.01.2000–30.06.2006): Das Steuerbereinigungsgesetz 1999 (BGBl I 1999, 2601 = BStBl I 2000, 116) hat daher m. W. v. 01.01.2000 § 3c Abs. 3 UStG an die gemeinschaftsrechtliche Vorgaben des damaligen Art. 28b Teil B Abs. 2 der 6. EG-RL angepasst. Die EG-rechtliche Regelung sah (und sieht immer noch) die Ortsverlagerung vor, sobald im laufenden Kj. die Lieferschwelle überschritten wird. Dabei ging Deutschland zunächst von einer Ortsverlagerung nur für die nach dem Zeitpunkt des Überschreitens der Lieferschwelle bewirkten Umsätze aus (vgl. Abschn. 42j Abs. 3 S. 5 UStR 2005). Der Umsatz, mit dem die Lieferschwelle überschritten wurde, unterlag noch im Ursprungsland der Besteuerung (BT-Drucks. 14/1655).
  • Variante 3 (ab 01.07.2006): Das nun wiederum verstieß gegen Art. 22 der DVO zur 6. EG-RL (genauer: "Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG" vom 17.10.2005, ABl. EU 2005 Nr. L 288 S. 1, welche m. W. v. 01.07.2006 unmittelbar geltendes Recht in den Mitgliedstaaten wurde, ABl. EU 2005 Nr. L 288, 1.); hiernach ist die Versandhandelsregelung bereits auf den Umsatz anzuwenden, mit dem die Lieferschwelle überschritten wird (vgl. Abschn. 3c.1 Abs. 3 S. 6 UStAE).
 

TIPP

Damit hat ein Unternehmer, der Versandhandelsumsätze tätigt, die Lieferschwelle auch unterjährig (ständig) zu prüfen – und zwar getrennt nach den einzelnen Bestimmungsländern (vgl. Rn. 27).

Der Umsatz, mit dem die Schwelle überschritten wird, findet bereits im Bestimmungsland statt.

 
Praxis-Beispiel

Tierfutterhersteller DOG in Dortmund (D) vertreibt seine Ware über Zoofachgeschäfte und auch an Privatkunden über das Internet. Im Jahr 2013 hat D an niederländische Privatkunden Ware im Wert von insgesamt 88.000 EUR (Gesamtbetrag der Entgelte) versandt. Da sich die gute Qualität der Produkte herumspricht, kann D den Umsatz in die Niederlande bereits im ersten Halbjahr 2014 auf 99.985 EUR steigern.

Am 01.07.2014 ist es dann soweit: Es kann gefeiert werden! Durch eine Bestellung über 35 EUR wird die "magische Grenze"...

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