Rz. 6

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Das nationale Umsatzsteuerrecht stand in der Vergangenheit hinsichtlich des Leistungsortes von Strom und Gas nicht im Einklang mit EU-Recht. Zu den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben vgl. auch Rn. 20 ff.

 

Rz. 7

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Für Lieferungen bis zum 31.12.2004 ging das BMF davon aus, dass es sich bei der Lieferung von Gas um eine bewegte Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 6 UStG handelte. Bei der Lieferung vom Strom sah das BMF eine ruhende Lieferung; die Ortsbestimmung richtete sich nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG und war dort, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befand. Das BMF hielt eine erneute Erörterung mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder sogar für entbehrlich (BMF vom 11.09.2002, Az: IV B 7 – S 7100 – 234/02, BB 2002, 2540). Die Ortsbestimmung für die Lieferung von Strom war letzten Endes unklar und damit umsatzsteuerlich problematisch. Es ließ sich vertreten, den Ort der Lieferung beim Käufer zu sehen, weil dieser die tatsächliche Verfügungsmacht erst durch den Verbrauch erlangte. Er konnte aber auch beim Lieferer liegen, weil dieser dem Abnehmer den Strom bereits dort zur Verfügung stellt (zu Übergangsbestimmungen vgl. Rn. 70 ff.). Insofern war eine rechtliche Klarstellung dringend geboten.

 

Rz. 8

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Sofern andere Mitgliedstaaten die Lieferung von Strom als bewegte Lieferung ansahen, ergab sich aufgrund der nationalen Einstufung als ruhende Lieferung folgende Situation: Unternehmer bestimmter anderer Mitgliedstaaten haben die Lieferung von Elektrizität aus diesem anderen Mitgliedstaat in das Inland als steuerfreie i. g. Lieferung behandelt, Leistungsempfänger haben dementsprechend einen i. g. Erwerb deklariert. Da nach nationaler Rechtslage mangels Bewegung des Liefergegenstandes keine i. g. Lieferung vorlag, konnte der Leistungsempfänger rechtssystematisch insofern den Vorsteuerabzug nicht geltend machen, während der leistende Unternehmer – aufgrund Einstufung als steuerbare/steuerpflichtige Lieferung i. S. d. nationalen Umsatzsteuerrechts – Steuer für die im Inland erbrachte Lieferung abzuführen hatte. Der Leistungsempfänger wiederum konnte diese mangels entsprechender Rechnung nicht abziehen. Andererseits waren Lieferungen von Elektrizität aus dem Inland in andere Mitgliedstaaten oder ins Drittland im Inland nicht steuerbar (Ort der Leistung war dort, wo die Verfügungsmacht verschafft wurde), während der Unternehmer im betreffenden andere Mitgliedstaat keine Erwerbsbesteuerung durchführte (zu Übergangsvorschriften vgl. Rn. 70 ff.).

 

Rz. 9

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Mit Wirkung ab 01.01.2005 ist § 3g UStG durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-RL in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG vom 09.12.2004, BGBl I 2004, 3310, BStBl I 2004, 1158 [1166]) in das deutsche Umsatzsteuerrecht eingebracht worden. Damit wurde die Vorgabe des Art. 38 f. MwStSystRL aus 2003 in nationales Recht umgesetzt (Art. 1 Nr. 2 der RL 2003/92/EG ("Gas- und Elektrizitätsrichtlinie"), vom 07.10.2003, ABl EG Nr. L 260/2003, 8).

 

Rz. 10

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Als Umsatzsteuerrichtlinien zu § 3g UStG ist Abschn. 42n UStR 2008 erlassen worden, im Wesentlichen basierend auf dem BMF-Schreiben vom 01.08.2005, Az: IV A5 – S 7124 – 8/05, BStBl I 2005, 849 sowie Schreiben vom 07.06.2006, Az: IV A 5 – S 7124 – 5/06, NWB Kurznachrichten 2006, 4043), seit dem 01.11.2010 abgelöst durch Abschn. 1.7 und Abschn. 3g.1 UStAE. Zum 01.01.2011 wurde der Anwendungsbereich des § 3g UStG auf die Lieferung von Wärme und Kälte ausgedehnt (Art. 4, Art. 32 Abs. 5 JStG 2010).

Zum 01.09.2013 ist i. R. d. Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetzes (BGBl I 2013, 1809) der Leistungskatalog im Zusammenhang mit dem Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger (sog. Reverse-Charge-Verfahren) nach § 13b UStG erweitert worden. Bisher ging die Steuerschuldnerschaft auf den Empfänger von Energielieferungen nur dann über, wenn der liefernde Unternehmer nach § 3g UStG im Ausland ansässig war. Nunmehr verlagert zudem der neu gefasste § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b UStG in speziellen Fällen auch bei innerdeutschen Strom- und Gaslieferungen die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger. Das hat zur Folge, dass für diese Lieferungen künftig Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis und mit dem Hinweis auszustellen sind, dass die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger übergeht.

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