Rz. 17

Manche gesetzlichen Ermessensermächtigungen gewähren neben einem Entschließungsermessen (auch sog. Handlungsermessen) auch ein Auswahlermessen.[1]

 

Rz. 18

Das Entschließungsermessen betrifft die Frage, ob die Behörde eine der von der Ermessensvorschrift bereitgestellten Rechtsfolge eintreten lassen und ob sie überhaupt handeln will.[2] So kann die Finanzbehörde z. B. sich nach § 328 Abs. 1 AO dafür entscheiden, die Vornahme einer Handlung durch Zwangsmittel zu erzwingen oder nach § 152 Abs. 1 AO einen Verspätungszuschlag festzusetzen.[3] Bei Haftungsansprüchen ist im Rahmen des Entschließungsermessens die Frage zu entscheiden, ob ein Haftungsbescheid überhaupt ergehen soll. Besteht allerdings neben dem Haftungsanspruch oder den Haftungsansprüchen noch die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Steuerschuldners, so ist die Entscheidung über den Haftungsbescheid eine Frage des Auswahlermessens zwischen mehreren Gesamtschuldnern i. S. d. § 44 AO. Das Entschließungsermessen setzt im Übrigen voraus, dass die Ermächtigungsvorschrift den Verzicht auf eine Entscheidung überhaupt zulässt (vgl. Rz. 37).

 

Rz. 19

Hat die Finanzbehörde ihr Entschließungsermessen ausgeübt oder stand ihr ein solches nicht zu, hat sie zwischen den mehreren Wahlmöglichkeiten bei den Rechtsfolgen eine der Möglichkeiten auszuwählen, also das Auswahlermessen auszuüben.[4] Dieses betrifft in den unter Rz. 18 genannten Beispielen die Frage der Höhe des anzudrohenden Zwangsgelds[5] oder festzusetzenden Verspätungszuschlags.[6] Nach der Ermessensentscheidung im Rahmen des Entschließungsermessens für eine Haftungsinanspruchnahme hat die Finanzbehörde möglicherweise noch im Rahmen einer Entscheidung zum Auswahlermessen zu befinden, welchen von mehreren Haftenden sie ganz, teilweise oder gar nicht in Anspruch nehmen will. Zum Ermessen bei der Haftung vgl. ausführlich Schwarz, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, Vor §§ 6977 AO Rz. 28–30.

 

Rz. 20

Eine ermessensbegründende Vorschrift kann so gestaltet sein, dass der Behörde sowohl ein Entschließungs- als auch ein Auswahlermessen zusteht und der Ausspruch der Rechtsfolge damit – so im Fall der Festsetzung des Verzögerungsgeldes nach § 146 Abs. 2b AO – eine zweifache Ermessensentscheidung erfordert.[7] Hier erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass der Gegenstand des Erschließungsermessens mit demjenigen des Auswahlermessens übereinstimmt.[8]

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