Rz. 18a

§ 74c Abs. 3 und 4 GVG bringen darüber hinaus eine Veränderung der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts. Durch Rechtsverordnungen der jeweiligen Landesregierungen bzw. bei Weitergabe der Ermächtigung an die Landesjustizverwaltung können Steuerstrafsachen, für die eine besondere Geschäftsverteilung auf Wirtschaftsstrafkammern nach § 74c Abs. 1 GVG zulässig wäre, für mehrere Landgerichtsbezirke bei einem Landgericht ganz oder teilweise zentralisiert werden, wenn dies zur sachdienlichen Förderung und schnelleren Verfahrenserledigung zweckmäßig erscheint. Die örtliche Zuständigkeit dieses durch Rechtsverordnung bestimmten Landgerichts erstreckt sich dann über den eigenen Gerichtsbezirk hinaus auf die Bezirke der anderen Landgerichte. Von dieser Möglichkeit der Zuständigkeitsdelegation haben die meisten Länder Gebrauch gemacht. Dabei handelt es sich um Baden-Württemberg[1], Bayern[2], Bremen[3], Mecklenburg-Vorpommern[4], Niedersachsen[5], Rheinland-Pfalz[6], Sachsen[7], Sachsen-Anhalt[8], Schleswig-Holstein[9] und Thüringen.[10]

Die Ermächtigungsnorm gilt nur, soweit die Zuständigkeit des Landgerichts ohnehin gegeben ist, führt aber keine neue sachliche Zuständigkeit ein. Daher kann eine Landesverordnung keine Zuständigkeitskonzentration für Berufungen gegen Urteile des Strafrichters anordnen.[11] Ebenso wie bei den Landgerichten wurde die Zuständigkeit bei den Staatsanwaltschaften teilweise auf Schwerpunktstaatsanwaltschaften verlagert.[12]

[1] Verordnung des Justizministeriums über Zuständigkeiten in der Justiz – Zuständigkeitsverordnung Justiz – ZuVOJu – v. 20.11.1998, GBl 1998, 680, i. d. F. der VO v. 29.11.2022, GBl 2022, 645.
[2] Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz v. 11.6.2012, GVBl 2012, 295, i. d. F. der VO v. 13.12.2022, GVBl 2022, 727.
[3] Verordnung über die Strafkammer und die Strafvollstreckungskammer Bremerhaven v. 3.12.2019, Brem GBl 2019, 698.
[4] Verordnung über die Konzentration von Zuständigkeiten der Gerichte (KonzVO M-V) v. 28.3.1994, GVOBl 1994, 514, i. d. F. der VO v. 22.2.2018, GVOBl 2018, 59.
[5] Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten in der Gerichtsbarkeit und der Justizverwaltung (ZustVO-Justiz) v. 18.12.2009, Nds GVBl 2010, 283, i. d. F. der VO v. 20.12.2022, Nds GVBl 2022, 758.
[6] Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Strafsachen und Bußgeldverfahren v. 19.11.1985, GVBl 1985, 265, i. d. F. der VO v. 11.8.2017, GVBl 2017, 186.
[7] Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die Organisation der Justiz (Sächsische Justizorganisationsverordnung – SächsJOrgVO) v. 14.12.2007, SächsGVBl 2017, 600, i. d. F. VO v. 12.12.2022, SächsGVBl 2022, 769.
[8] Verordnung über die Konzentration von Zuständigkeiten der Landgerichte in Wirtschaftsstrafsachen (WiLGZustV LSA) v. 17.5.2011, GVBl LSA 2011, 578.
[9] Landesverordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten in der Justiz(JZVO) v. 15.11.2019, GVOBl SH 2019, 546, i. d. F. der VO v. 12.1.2023, GVOBl SH 2023, 55.
[10] Thüringer Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes (ThürAGGVG) v. 12.10.1993, GVBl 1993, 612, i. d. F. d. G. v. 10.10.2019, GVBl 2019, 382.
[12] Hilgers-Klautzsch, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 385 AO Rz. 58.

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