Rz. 64

Die Verjährung führt im Zivilrecht gem. § 222 Abs. 1 BGB nicht wie nach § 47 AO zum Erlöschen des Anspruchs, sondern nur zu einem Leistungsverweigerungsrecht. Dieses Leistungsverweigerungsrecht (Einrede der Verjährung) hindert jedoch für den Gläubiger die Durchsetzung des Anspruchs. Demgegenüber hat die Finanzverwaltung die Verjährung auch hier von Amts wegen zu berücksichtigen. Der fehlenden Durchsetzungsmöglichkeit nach Eintritt der Verjährung des Haftungsanspruchs trägt § 191 Abs. 4 AO dadurch Rechnung, dass dann auch ein Haftungsbescheid nicht mehr erlassen werden darf. Der Finanzbehörde wird der verfahrensmäßige Vorteil[1] wieder entzogen.[2]  

Der Zeitpunkt des Verjährungseintritts ist nach den Vorschriften des Zivilrechts zu bestimmen.[3]  Die regelmäßige (relative) Verjährungsfrist beträgt nach § 195 BGB drei Jahre.[4] Die absolute Verjährungsfrist beträgt nach § 196 bzw. § 197 BGB 10 bzw. 30 Jahre.[5]

Die Fristen werden dabei nach den §§ 203ff. BGB gehemmt oder unterbrochen, § 191 Abs. 3 AO gilt insofern nicht[6]

Für die Inanspruchnahme der Gesellschafter einer aufgelösten GbR bzw. Personenhandelsgesellschaft oder für ausgeschiedene Gesellschafter gilt § 159 HGB entsprechend, also für die "Nachhaftung" eine Frist von fünf Jahren. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem die Finanzbehörde von der Gesellschaftsauflösung bzw. dem Ausscheiden Kenntnis erlangt.[7]. Werden erst nach der Auflösung der Gesellschaft Steuern fällig, beginnt die fünfjährige Verjährungsfrist erst ab Fälligkeit der Steuer zu laufen.[8]. . Die Regelung des § 159 Abs. 4 HGB, wonach der Gesellschafter nach Auflösung der Gesellschaft zuvor vorgenommene Unterbrechungshandlungen gegen sich gelten lassen muss, findet dann auch für den Haftungsanspruch Anwendung.[9]  Ist der Haftungsbescheid einmal erlassen, so gelten hinsichtlich der Zahlungsverjährung aber nicht die zivilrechtlichen Vorschriften, sondern §§ 228ff. AO, denn auch wenn sich der Haftungsanspruch aus der Anwendung zivilrechtlicher Normen ergibt, ändert dies nichts daran, dass er ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis ist.[10] Selbiges soll gelten, wenn der Steueranspruch bereits festgesetzt wurde, im Zusammenhang mit der Regelung des § 159 Abs. 4 HGB.[11]

[1] S. Rz. 62.
[2] Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 101.
[3] §§ 194ff. BGB; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 101.
[4] FG Köln v. 5.12.2013, 13 K 636/09, EFG 2014, 713; Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 4. Aufl. 2013, Rz. 637; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 101,
[5] Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 101.
[6] Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 101.
[8] § 159 Abs. 3 HGB; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 102.
[9] Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 103 BVerwG v. 14.10.2015, 9 C 11.14, DÖV 2016, 224.
[10] § 37 AO; Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 4. Aufl. 2013, Rz. 639.

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