Rz. 12

Der Haftungsanspruch setzt den Fortbestand des Primäranspruchs[1] voraus. Das Erlöschen des Primäranspruchs[2] führt grundsätzlich auch zum Erlöschen des Haftungsanspruchs.[3] Hierbei ist allerdings zu differenzieren:

  • Erlischt der Primäranspruch[4] durch Festsetzungsverjährung[5], Zahlungsverjährung[6] oder Erlass[7], so wird die Geltendmachung durch § 191 Abs. 5 AO grundsätzlich ausgeschlossen .[8]
  • Erlischt der Primäranspruch[9] durch erbrachte Leistungen, Zahlung[10] oder Aufrechnung[11], so sind diese bei Erlass des Haftungsbescheids, spätestens aber bei Erlass der Einspruchsentscheidung[12], zu berücksichtigen.[13] Leistungen auf den Primäranspruch[14] nach Bekanntgabe des Haftungsbescheids bzw. der Einspruchsentscheidung begründen nur einen Anspruch auf Widerruf des Haftungsbescheids[15], der entsprechend der erbrachten Leistung geändert werden muss.[16] Bzw. der Haftungsbescheid ist im Einspruchsverfahren aufzuheben bzw. zu ändern.[17]. Erforderlichenfalls muss das spätere Erlöschen des Haftungsanspruchs im Klageverfahren durch einen Abrechnungsbescheid[18] geklärt werden.[19]
  • Tritt hinsichtlich des Primäranspruchs[20] eine Erledigung auf sonstige Weise ein[21], z. B. bei einem USt-Vorauszahlungsbescheid durch Erlass eines USt-Jahresbescheids, erledigt sich auch der erlassene Haftungsbescheid.[22] Ist vor dem Erlöschen des Primäranspruchs durch Verjährung aber die Haftungsschuld bereits festgesetzt, so soll diese noch im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens erhoben werden können.[23] Insofern unterliegt der Primär- und der Haftungsanspruch jeweils eigenständigen Festsetzungsverjährungen.[24] Für diesen erstmaligen Erlass des Haftungsbescheids gelten die Festsetzungsverjährungsvorschriften der §§ 169 bis 171 AO entsprechend.[25]
  • Unerheblich ist zudem, ob der Primäranspruch gestundet worden ist.[26] Auch die in einem Insolvenzplan[27] vereinbarte (teilweise) Befreiung von der Steuerschuld ist für das Haftungsverfahren irrelevant, weil diese Vereinbarung nur zwischen Schuldner und Finanzbehörde, aber nicht zwischen Haftungsschuldner und Finanzbehörde wirksam ist.[28]
[1] S. Rz. 10.
[4] S. Rz. 10.
[8] S. Rz. 52, 55.
[9] S. Rz. 10.
[12] S. Rz. 30.
[14] S. Rz. 10.
[15] S. Rz. 31.
[16] § 130 AO; AEAO zu § 191 Nr. 4; BFH v. 16.11.1995, VI R 82/95, BFH/NV 1996, 285; BFH v. 12.5.2000, I B 51/99, n. v.; vgl. für einen Duldungsbescheid entspr. BFH v. 8.12.1998, VII B 79/97, BFH/NV 1999, 769; Blesinger, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 21. Aufl. 2015, § 191 AO Rz. 23; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 16.
[17] Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 16.
[20] S. Rz. 10
[22] FG Münster v. 31.8.1995, IV K 4227/92 U, EFG 1996, 86; FG Sachsen-Anhalt v. 29.4.1998, II 288/96, EFG 1999, 101.
[23] BFH v. 29.11.2006, I R 103/05, BFH/NV 2007, 1067; Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 4. Aufl. 2013, Rz. 603; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 11, 16, 105.
[26] Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 11a.
[28] BFH v. 15.5.2013, VII R 2/12, BFH/NV 2013, 1543; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 16.

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