Liegen die genannten Voraussetzungen für den Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme vor, ist das Rechtsfolgeermessen des Dienstherrn ausgelöst. Lediglich wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erfüllt sind, besteht kein Ermessen (§ 31 Abs. 1 LDG BW).

Nach pflichtgemäßem Ermessen muss der Dienstherr also entscheiden,

  • welche der tatbestandlich gegebenen Disziplinarmaßnahmen im vorliegenden Fall geeignet, erforderlich und angemessen ist (sind etwa die Voraussetzungen für eine Bezügekürzung gegeben, so umfassen diese tatbestandlich auch die Voraussetzungen der Geldbuße und des Verweises, so dass der Dienstherr nach pflichtgemäßen Ermessen eine der drei Maßnahmen wählen kann)
  • und in welchem Grad er die gewählte Disziplinarmaßnahme verhängt (eine solche graduelle Abstufung ist möglich bei Geldbuße, Gehaltskürzung und Zurückstufung).

Bei der Ermessensausübung muss der Dienstherr noch einmal alle Umstände heranziehen, namentlich das Persönlichkeitsbild und alle be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls.

 
Praxis-Beispiel

Ausübung des Rechtsfolgeermessens

Der Beamte B des Rems-Murr-Kreises hat eine BAföG-Akte, die seine Enkelin betrifft, unterschlagen. Aus der Akte hätte sich ergeben, dass seine Enkelin bei der BAföG-Antragstellung bewusst falsche Angaben gemacht hat, so dass das an sie inzwischen ausbezahlte BAföG wieder zurückgefordert werden und sie mit einem Ordnungsgeld belegt werden könnte.

Der Untersuchungsführer U beim Landratsamt Rems-Murr-Kreis führt ein förmliches Disziplinarverfahren gegen den B durch und kommt dabei (rechtfehlerfrei) zum Ergebnis, dass ein "mittelschweres Dienstvergehen" vorliegt, das "das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nicht nur geringfügig beeinträchtigt". Der Landrat steht nun vor der Ausübung des Rechtsfolgeermessens und fragt, welche Disziplinarmaßnahmen gegen den B rechtlich möglich wären.

Lösung:

Die Voraussetzungen für eine Kürzung der Bezüge (§ 29 LDG BW) liegen nicht vor: Zwar ist ein mittelschweres Dienstvergehen gegeben. Zusätzlich müsste aber der Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung "erheblich" beeinträchtigt sein, was hier nach den Feststellungen des U nicht der Fall ist (möglicherweise, weil der B in der Vergangenheit stets beanstandungsfrei gearbeitet hat und keine Wiederholungsgefahr besteht).

Dagegen sind die Voraussetzungen für eine Geldbuße (§ 28 LDG BW) gegeben: Ein leichtes Dienstvergehen liegt vor (weil ein mittelschweres Dienstvergehen stets auch ein leichtes Dienstvergehen mit umschließt) und das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung ist nicht nur geringfügig beeinträchtigt.

Auch die Voraussetzungen eines Verweises (§ 27 LDG BW) sind (als mildere Maßnahme) gegeben.

Das Rechtsfolgeermessen des Landrats umfasst also die Geldbuße und den Verweis: Innerhalb dieser beiden tatbestandlich gegebenen Disziplinarmaßnahmen muss er sich (ermessensfehlerfrei) entscheiden.

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