Gesetzestext

 

(1) 1Für die Entscheidungen nach den §§ 344 bis 346 ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk die Niederlassung oder, wenn eine Niederlassung fehlt, Vermögen des Schuldners belegen ist. 2§ 3 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, zur sachdienlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren durch Rechtsverordnung die Entscheidungen nach den §§ 344 bis 346 für die Bezirke mehrerer Insolvenzgerichte einem von diesen zuzuweisen. 2Die Landesregierungen können die Ermächtigungen auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(3) 1Die Länder können vereinbaren, dass die Entscheidungen nach den §§ 344 bis 346 für mehrere Länder den Gerichten eines Landes zugewiesen werden. 2Geht ein Antrag nach den §§ 344 bis 346 bei einem unzuständigen Gericht ein, so leitet dieses den Antrag unverzüglich an das zuständige Gericht weiter und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

Bisherige gesetzliche Regelungen: Art. 102 EGInsO

1. Allgemeines

 

Rn 1

§ 348 normiert die ausschließliche örtliche Zuständigkeit des Insolvenzgerichts für die Anträge des ausländischen (vorläufigen) Verwalters nach den §§ 344 bis 346.

 

Rn 2

Die Besonderheit bei den Anträgen nach § 344 (Anordnung von Maßnahmen nach § 21 zur Sicherung des von einem inländischen Sekundärverfahren erfassten Vermögens), § 345 (öffentliche Bekanntmachung eines ausländischen Verfahrens im Inland) und § 346 (Eintragung der Eröffnung eines ausländischen Verfahrens oder der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen im Grundbuch oder anderen Registern) besteht darin, dass im Inland kein Insolvenzantrag vorliegt bzw. kein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Das autonome internationale Insolvenzrecht muss vor diesem Hintergrund eine Regelung zur Zuständigkeit des Gerichts treffen.[1]

[1] Braun-Liersch, § 348 Rn. 1; MünchKommBGB-Kindler, § 348 Rn. 1105.

2. § 348 Abs. 1

2.1 Ort der Niederlassung

 

Rn 3

Unterhält der Schuldner im Inland eine Niederlassung, so ist nach § 348 Abs. 1 das Insolvenzgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich die Niederlassung befindet.

 

Rn 4

Der Begriff der Niederlassung ist wie in Art. 2 lit. h EuInsVO[2] weit zu verstehen.[3] Danach bezeichnet eine Niederlassung denjenigen Tätigkeitsort des Schuldners, an dem er für Dritte erkennbar einer wirtschaftlichen Aktivität nachgeht, die nicht nur von vorübergehender Dauer ist und die den Einsatz von Vermögenswerten und Personal erfordert.[4] Ein fester Geschäftssitz oder eine Eintragung der Niederlassung im Handelsregister sind nicht erforderlich.[5]

 

Rn 5

Alleinvertriebshändler, Handelsvertreter oder selbständige Handelsmakler werden demgegenüber als vom Schuldner unabhängige Personen eingestuft, deren Tätigkeit eine Niederlassung des Schuldners im Inland nicht begründet.[6]

[2] Zum Niederlassungsbegriff in Art. 2 lit. h EuInsVO ausführlich Duursma-Kepplinger, in: Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, Art. 2 EuInsVO Rn. 20 ff.; Huber, in: Haß/Huber/Gruber/Heiderhoff, Art. 2 EuInsVO Rn. 7 ff.
[3] HK-Stephan, § 348 Rn. 4; MünchKommBGB-Kindler, § 348 Rn. 1107; Smid, Deutsches und Europäisches Internationales Insolvenzrecht, § 348 Rn. 2.
[4] Kübler/Prütting-Kemper, § 348 Rn. 3; MünchKommBGB-Kindler, § 348 Rn. 1107.
[5] HK-Stephan, § 348 Rn. 4.
[6] HK-Stephan, § 348 Rn. 4; MünchKommBGB-Kindler, § 348 Rn. 1107.

2.2 Belegenheitsort

 

Rn 6

Sobald keine Niederlassung im Inland existiert, ist die örtliche Zuständigkeit des Gerichts für die Anträge nach §§ 344 bis 346 danach zu bestimmen, in welchem Bezirk das Vermögen des Schuldners belegen ist.

 

Rn 7

Handelt es sich bei den Vermögensgegenständen um Forderungen, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Drittschuldner seinen Sitz bzw. Wohnsitz unterhält (vgl. § 23 ZPO).[7]

 

Rn 8

Die Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit nach § 348 Abs. 1 sind ausschließlich und demnach der Disposition der Parteien entzogen: Eine Vereinbarung über die Zuständigkeit kann nicht getroffen werden.[8]

[7] HK-Stephan, § 348 Rn. 6; MünchKommBGB-Kindler, § 348 Rn. 1108. Auf die Vergleichbarkeit zu § 23 ZPO verweist ebenfalls Kübler/Prütting-Kemper, § 348 Rn. 4.
[8] Kübler/Prütting-Kemper, § 348 Rn. 4.

2.3 Funktionelle Zuständigkeit

 

Rn 9

Funktionell ist zur Entscheidung über den Antrag des ausländischen (vorläufigen) Verwalters nach den §§ 344 bis 346 der Richter des Insolvenzgerichts zuständig (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 RPflG).[9]

[9] BegrRegE, BT-Drs. 15/16, S. 26 f.; HK-Stephan, § 348 Rn. 8; Kübler/Prütting-Kemper, § 348 Rn. 2; MünchKommBGB-Kindler, § 348 Rn. 1106.

2.4 Grundsatz der Priorität

 

Rn 10

Sind mehrere Gerichte örtlich zuständig, beseitigt § 348 Abs. 1 Satz 2 den Zuständigkeitskonflikt durch einen Verweis auf § 3 Abs. 2. Bei mehreren örtlich zuständigen Gerichten ist danach das Insolvenzgericht zuständig, bei dem der Antrag nach §§ 344 bis 346 zuerst eingegangen ist (Grundsatz der Priorität).

 

Rn 11

Der Prioritätsgrundsatz schließt die Insolvenzgerichte, bei denen später ein Antrag eingeht, von der Entscheidung aus.

3. § 348 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1

 

Rn 12

Über § 348 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 kann die örtliche Zuständigkeit auf bestimmte Gerichte konzentriert werden.[10]

 

Rn 13

Die Landesregierungen können die Entschei...

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