Gesetzestext

 

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt voraus, dass ein Eröffnungsgrund gegeben ist.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Vorschrift stellt klar, dass ein Insolvenzverfahren nur dann eröffnet werden kann, wenn neben der formellen Voraussetzung eines ordnungsgemäßen Eröffnungsantrags (§§ 11 ff.), der voraussichtlichen Verfahrenskostendeckung (§ 26) auch die materiellen Voraussetzungen einer Insolvenz in Form eines Eröffnungsgrundes nach §§ 1719 gegeben sind. Dies sind namentlich die Zahlungsunfähigkeit gem. § 17, die drohende Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 sowie die Überschuldung gem. § 19. Zudem sind die Sonderregelungen aus §§ 320, 332 Abs. 1 sowie 333 Abs. 2 S. 3 zu beachten.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Gesamtvollstreckungsverfahren mit der Konsequenz des Verlustes der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners über sein der Zwangsvollstreckung unterliegendes Vermögen ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Schuldner mit der eigenverantwortlichen, privatautonomen Abwicklung seiner Vermögens- und Haftungsverhältnisse gescheitert ist. Das Insolvenzverfahren als Gesamtvollstreckungsverfahren löst demnach die Einzelvollstreckung ab. Zugleich wird damit dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger (par condicio creditorum) im Insolvenzverfahren Vorrang vor dem einzelzwangsvollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzip gegeben.

Wann dies der Fall ist, determinieren die gesetzlichen Eröffnungsgründe, die in den §§ 1719 benannt und legal definiert werden. Die Norm hat daher nur deklaratorische Bedeutung.[1]

[1] HambKomm-J.-S. Schröder, § 16 Rn. 4.

2. Einzelne Eröffnungsgründe

 

Rn 2

Der Eröffnungsgrund bildet die materielle Voraussetzung der Verfahrenseröffnung. Zu differenzieren ist zwischen dem allgemeinen Eröffnungsgrund nach § 17 und den sog. besonderen Eröffnungsgründen nach §§ 18 und 19, da diese nicht in allen Fällen als Grundlage einer Verfahrensbeantragung taugen.

 

Rn 3

Die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bildet den allgemeinen Eröffnungsgrund, § 17. Dieser gilt für alle Rechtssubjekte und Vermögensmassen, die gemäß § 11 insolvenzfähig sind.

 

Rn 4

Für juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, bildet die Überschuldung einen weiteren, d.h. zusätzlichen Eröffnungsgrund (§ 19).

Auch beim Nachlassinsolvenzverfahren und beim Insolvenzverfahren über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft stellt die Überschuldung einen weiteren Eröffnungsgrund dar (§§ 320, 332).

 

Rn 5

Darüber hinaus kann die drohende Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 tauglicher Eröffnungsgrund sein. Auf die drohende Zahlungsunfähigkeit kann sich nur der Schuldner berufen, der einen Eigenantrag auf Verfahrenseröffnung stellt.

 

Rn 6

Gesetzgeberische Intention bei der Schaffung des Insolvenzgrunds der drohenden Zahlungsunfähigkeit war eine mögliche Vorverlagerung des Eröffnungszeitpunkts zur Wahrung von Sanierungschancen für das Schuldnerunternehmen mit den nunmehr flexibleren Mitteln des Insolvenzverfahrens.[2]

[2] BegrRegE, BT-Drs. 12/2443, 81.

3. Prämissen des Eröffnungsgrundes

 

Rn 7

Das Vorliegen eines Insolvenzgrundes hat das Insolvenzgericht, auch in einer Beschwerdeinstanz,[3] von Amts wegen zu überprüfen (§ 5 Abs. 1).[4] Das Verfahren wird nur eröffnet, wenn ein Eröffnungsgrund gegeben ist.[5] Um ein Insolvenzverfahren eröffnen zu können, muss der Insolvenzrichter vom Vorliegen des Eröffnungsgrundes überzeugt sein.[6] Bei der Feststellung des Eröffnungsgrundes reicht ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit aus.[7] Grundsätzlich ist das Insolvenzgericht an den benannten Eröffnungsgrund im Antrag nicht gebunden, sondern muss von sich aus alle in Betracht kommenden Gründe prüfen.[8] Ausnahme ist indes ein Eigenantrag des Schuldners, der dem Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit unterliegen kann (§ 18), denn hier unterliegt das Antragsrecht nur dem Schuldner.[9]

 

Rn 8

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens eines Eröffnungsgrundes ist der der Verfahrenseröffnung, wie er im Eröffnungsbeschluss mit Datum und Uhrzeit beurkundet ist.[10] Zu Zeiten der KO und in den frühen Jahren der InsO galt als relevanter Zeitpunkt die letzte Tatsachenentscheidung. Dies hat der BGH ausdrücklich für die InsO abgelehnt.[11] Nur so kann für den Schuldner ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden.[12] Dabei ist zu beachten, dass der Eröffnungsgrund nicht schon bei Eingang des Eröffnungsantrages vorliegen muss.

Beschließt der Insolvenzrichter die Eröffnung des Verfahrens, ist also der Zeitpunkt des Erlasses des Eröffnungsbeschlusses maßgeblich.

 

Rn 9

Bei einer Eröffnung des Verfahrens im Beschwerdeverfahren kommt es auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung an, wenn das Gericht den Antrag zuvor abgewiesen hatte.[13] Liegen die Eröffnungsvoraussetzungen in diesem Zeitpunkt – sei es auch erstmals – vor, ist das Insolvenzverfahren zu eröffnen.[14]

 

Rn 10

Stellt sich vor Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses heraus, dass im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung kein gesetzlicher Eröffn...

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