Drohende Insolvenz erkennen und vermeiden

Es erfolgt keine erneute Verlängerung der bis zum 30.4.2021 ausgesetzten Insolvenz-Antragspflicht bei pandemiebedingt überschuldeten Unternehmen. Neben den zahlungsunfähigen Unternehmen sind damit ab dem 1.5.2021 nunmehr auch Unternehmen bei Überschuldung wieder zur Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens verpflichtet. Aber auch gesunde Unternehmen sollten das Risiko einer möglichen Insolvenz nicht unterschätzen und den Handlungsbedarf prüfen.

Unternehmen in Insolvenz (bei Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung, zum Hintergrund siehe weiter unten im Beitrag) sind grundsätzlich verpflichtet, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Die Antragspflicht hierfür beträgt regelmäßig 3 Wochen ab Eintritt des Insolvenzgrundes. Der Antrag muss durch das Unternehmen oder seinen Vertreter ohne schuldhaftes Verzögern gestellt werden. Kommt es zu schuldhaften Verzögerungen müssen die Unternehmen bzw. deren Vertreter mit straf- und haftungsrechtlichen Konsequenzen nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für sich persönlich rechnen. Dies macht den Handlungsbedarf – auch für gesunde Unternehmen – deutlich.

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Insolvenz-Antragspflicht: Änderungen aufgrund der Corona-Pandemie

Aufgrund der Corona-Pandemie gab es in den vergangenen Monaten bereits verschiedene Erleichterungen bei den Regelungen zur Eröffnung von Insolvenzverfahren. Seit dem 30.9.2020 galt hiernach aber nur noch für Unternehmen, die pandemiebedingt überschuldet sind, die Aussetzung der Antragspflicht. Nunmehr gibt es auch für diese Unternehmen keine weitere Schonfrist mehr. Auch pandemiebedingt überschuldete Unternehmen sind damit ab dem 1.5.2021 wieder verpflichtet innerhalb der 3-Wochenfrist einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen.

Was tun, um eine Insolvenz frühestmöglich zu erkennen?

Unternehmer sollten immer das Zahlenwerk des Unternehmens fest im Blick haben und zeitnah auf negative Veränderungen reagieren. Eine Krise ist nicht immer selbstverschuldet und auch für gesunde Unternehmen ist der Eintritt möglich. Ob sinkende Umsatzerlöse, Zahlungsausfälle oder Zwangsschließungen, z.B. aufgrund der Corona-Pandemie. Dies und vieles andere können wirtschaftliche Schwierigkeiten für ein Unternehmen mit sich bringen und es ist wichtig, möglichst frühzeitig zu reagieren. 

Wichtig: Zahlen permanent im Blick behalten

Für einen guten Weg durch das Wirtschaftsjahr sei allen Unternehmern – ob Selbstbucher oder bei externer Erstellung der Buchhaltung - daher geraten, folgende Punkte regelmäßig und zeitnah - ggf. mit externer Unterstützung – zu prüfen und zu steuern:

  • Erstellen Sie einen Businessplan. Dies gilt nicht nur zu Beginn bei Unternehmensgründung. Aktualisieren Sie diesen mindestens jährlich und passen Sie ihn den aktuellen Entwicklungen an.
  • Erstellen Sie einen Liquiditätsplan. Dieser sollte sowohl einen kurz-, mittel- als auch langfristigen Überblick über Ihre Planung geben.
  • Erstellen Sie mindestens jährlich einen Plan zu Ihren Einnahmen und Ausgaben. Dieser bildet im laufenden Wirtschaftsjahr die Grundlage für einen Plan-Ist-Vergleich und kann den sich ergebenden Veränderungen im Unternehmen angepasst werden.
  • Wichtig ist ebenfalls, die aktuellen Zahlen zeitnah aufzubereiten, um einen Überblick (Betriebswirtschaftliche Auswertung, Soll-Ist-Vergleich) zu erhalten. Dies dient sowohl dem aktuellen Überblick als auch der Erhöhung der Reaktionsschnelligkeit bei ungeplanten Ereignissen.
  • Prüfen Sie regelmäßig und in kurzen Abständen die Liquidität und offenen Verbindlichkeiten Ihres Unternehmens. Wichtig hierbei ist auch die Unterscheidung der verschiedenen Fristigkeiten der Verbindlichkeiten.
  • Führen Sie ein aktives Mahnwesen ein. Das heißt prüfen Sie regelmäßig Ihre Außenstände und fordern Sie Ihre Schuldner kurzfristig und aktiv zur Zahlung auf. Mit jedem Tag Zahlungsverzug gewähren Sie Ihrem Schuldner ein unverzinstes Darlehen. Schlimmstenfalls müssen Sie hierfür jedoch selbst liquide Mittel gegen Zins bei der Bank abrufen, um Ihren eigenen Verbindlichkeiten nachzugehen.
  • Kommt es doch einmal zu Liquiditätsengpässen, prüfen Sie die Möglichkeit kurzfristiger Darlehen z.B. von Lieferanten durch die Ausnutzung gewährter Zahlungsziele. Viele Lieferanten bieten z.B. verschiedene Zahlungsziele mit und ohne Skonto. Vergleicht man diese miteinander und errechnet einen fiktiven Zinssatz für die Nutzung der Zahlungsziele ohne Skonto, ist der sich ergebende Zinssatz zwar oft höher als bei einem Bankkredit, dennoch kann die Nutzung dem Unternehmen unproblematisch bei einmaliger/seltener kurzfristiger Liquiditätsproblematik helfen.
  • Suchen Sie sich Unterstützung durch Ihren Steuerberater. Dieser ist Ihr Sparringspartner nicht nur bei steuerlichen Fragestellungen, sondern regelmäßig auch bei betriebswirtschaftlichen Fragen. Nehmen Sie hier regelmäßige Beratungsgespräche (z.B. Quartalsgespräche) in Anspruch, um den aktuellen Stand und die Planung für die kommenden Monate und Jahre zu besprechen. Für Unternehmen, die ihre Buchhaltung selbst erstellen, empfiehlt sich hierfür, die Daten regelmäßig dem Steuerberater zur Kurzprüfung zur Verfügung zu stellen. Fragestellungen und Herausforderungen sowohl in der Aufbereitung der Buchhaltung, aber auch in der Unternehmensentwicklung, können hierdurch frühzeitig erkannt und besprochen werden. Auch das Eintreten der möglichen Insolvenzgründe kann in beiden Fällen mit dem Steuerberater beleuchtet werden.
  • Liegen bereits Hinweise für eine Überschuldung vor, prüfen Sie die Möglichkeit eines (qualifizierten) Rangrücktritts der Gesellschafter mit Ihren Verbindlichkeiten gegenüber dem Unternehmen hinter alle sonstigen Verbindlichkeiten. Dies kann verschiedentlich eine Überschuldung abwenden.
  • Eine weitere Möglichkeit der Abwendung einer Überschuldung kann durch die Erstellung einer positiven Fortführungsprognose oder bei Vorliegen von ausreichend stillen Reserven (z.B. Grundstück im Betriebsvermögen) gegeben sein. 

Holen Sie sich schnell aktiv Rat ein, wenn Zahlungsprobleme anhalten und/oder die ersten Anzeichen einer Überschuldung eintreten. Dann ist es möglich, frühzeitig zu agieren und Lösungen zum Abwenden der Insolvenz zu finden.

Corona-Pandemie und ihre Folgen für die Kreditvergabe

Aufgrund der seit dem Frühjahr 2020 andauernden Pandemie ist die Gefahr einer (unverschuldeten) Insolvenz gestiegen. Auch gesunde Unternehmen können zunehmend in Schwierigkeiten geraten. Die Hintergründe hierfür können vielfältig sein. Neben den Umsatzeinbrüchen und leeren Auftragsbüchern sollten alle Unternehmen auch beachten, dass in den kommenden Monaten mit einer erschwerten Kreditvergabe zu rechnen ist. Aufgrund der vermuteten steigenden Zahl von Insolvenzen und bereits jetzt vorliegender erhöhter Kreditausfälle bei den Banken, werden die Banken die Anforderungen an die Kreditgewährung erhöhen. Auch mit einer verlängerten Bearbeitungsdauer bei Kreditanträgen muss gerechnet werden. 

Aktuelle Zahlen wichtig für Kreditvergabe, Daten der Vergangenheit lediglich Ergänzung

Des Weiteren ist bereits jetzt absehbar, dass sich auch die von den Banken angefragten Unterlagen im Wandel befinden. Der Jahresabschluss, der immer eine Darstellung der Zahlen und Entwicklung der Vergangenheit enthält, wird als Grundlage für die Kreditgewährung zwar nicht vollständig entfallen, aber immer mehr zur reinen Ergänzung. Insbesondere in der heutigen Lage ist es – für Unternehmen wie Banken – wichtiger, Aufschluss über die aktuelle Situation und die Planung der nächsten Monate zu erhalten. Hierfür ist es umso wichtiger, dass Unternehmen jederzeit Zugriff auf Ihre aktuellen Buchhaltungsauswertungen und Ihre Planzahlen und Unternehmensplanungen der Zukunft haben.

Zum Hintergrund: Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung als Gründe für eine Insolvenz

Die Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung bilden regelmäßig Eröffnungsgründe zum Insolvenzverfahren für natürliche oder juristische Personen. Gleiches gilt auch für nicht rechtsfähige Vereine, Personengesellschaften und Gesellschaften bürgerlichen Rechts. Neben den Gläubigern können die Eröffnungsanträge auch Schuldner (Unternehmern) stellen. Hierbei ist zu beachten, dass insbesondere bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit eine Antragspflicht besteht, wenn die Voraussetzung einer Insolvenz gegeben sind. Bei bestehender Insolvenz des Unternehmens sind die Anmeldefristen für die Unternehmen hierbei begrenzt. 

Praxis-Hinweis: Behalten Sie die Fristen für die Insolvenz-Antragspflicht im Blick

Der Einhaltung der Anmeldefristen sollten juristische Personen und Gesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit ein besonderes Augenmerk widmen. Nur so können die Geschäftsleiter für sich selbst straf- und haftungsrechtliche Fragen bestmöglich abwehren.

Insolvenzgrund: Wann liegt Zahlungsunfähigkeit vor?

Gemäß Insolvenzordnung werden als mögliche Eröffnungsgründe für ein Insolvenzverfahren die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die Überschuldung juristischer Personen oder Personengesellschaften ohne haftende natürliche Personen unterschieden.

Eine Zahlungsunfähigkeit liegt dann vor, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, innerhalb von 3 Wochen mindestens 90 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten zu tilgen. Man spricht von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, im Zeitpunkt der Fälligkeit den bestehenden Zahlungsverpflichtungen nachzugehen.

Praxis-Tipp: Ziehen Sie die aktuellen „Offene Postenlisten“ zu Ihren Verbindlichkeiten (OPOS-Liste Kreditoren) aus Ihrer Buchhaltung. Bei vollständiger Buchhaltung geben Sie einen schnellen Grobüberblick über die anstehenden Zahlungsverbindlichkeiten und lassen sich schnell mit den vorhandenen liquiden Mitteln abgleichen.

Wichtig: Bereits die drohende Zahlungsunfähigkeit stellt einen Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren dar.

Insolvenzgrund: Wann liegt Überschuldung vor?

Eine Überschuldung liegt hingegen vor, wenn das Vermögen des Schuldners die Verbindlichkeiten des Unternehmens nicht mehr deckt (ein Hinweis darauf ist z.B. ein „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ in der Bilanz). Ausschließlich bei Vorliegen einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Fortführung des Unternehmens (Stichwort: positive Fortführungsprognose, Going-Concern-Prinzip), ist nicht von einer antragspflichtigen Überschuldung auszugehen.