Aussetzung für die Insolvenzantragspflicht endet zum 30.4.

Um eine Insolvenzwelle bei Unternehmen zu vermeiden, wurde die Pflicht zur Insolvenzanmeldung bei pandemiebedingter Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ausgesetzt und mehrfach verlängert - zuletzt nur bei Überschuldung und letztmals bis zum 30.4. und bei rechtzeitiger, nicht offensichtlich aussichtsloser Beantragung von Unterstützung. Zu einer weiteren Verlängerung konnte sich die Koalition nicht entschließen. Fazit: Die Anmeldungspflicht gilt seit Mai wieder uneingeschränkt.

Es gilt seit dem 1. Mai das alte Insolvenzrecht wieder, da die mehrfach verlängerte Aussetzung der Insolvenzanmeldungsfrist, zuletzt nur noch für für überschuldete Unternehmen, ausgelaufen ist.

Keine weitere Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht 

Zwar kämpfte die SPD um eine rückwirkende Verlängerung der Sonderregelung für coronabedingt strauchelnde Unternehmen, die war allerdings zu umstritten, auch

  • weil die Rechtslage immer verworrener geworden wäre
  • und man eine Fülle verschleppter Insolvenzen mit allen damit verbundenen Nachteilen befürchtete.

seit Montag dem 3.5. besteht wieder die volle Insolvenzantragspflicht. Ist ein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet, muss der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden.

Vorsicht mit der Dreiwochenfrist bei Zahlungsunfähigkeit

In normalen, nicht pandemieschen Zeiten gilt für eine Zahlungsunfähigkeit die sog. Dreiwochenfrist: Bei Anzeichen für eine bevorstehende Zahlungsunfähigkeit bleiben 3 Wochen Zeit, um die Lage zu prüfen und womöglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Zahlungsfähigkeit wieder herzustellen. Droht Zahlungsunfähigkeit pandemie-bedingt  aber schon länger, dann ist von dieser Dreiwochenfrist nicht mehr auszugehen, sondern unverzüglich zu handeln:  Der Insolvenzantrag ist zu stellen, schon um sich selbst zu schützen. Nach Möglichkeit mit dem Ziel einer Insolvenz in Eigenverwaltung und der Restrukturierung des 

Corona-bedingte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht 

Die Insolvenzantragspflicht war bereits im Frühling zum Anfang der Pandemie ausgesetzt und zunächst für alle, später nur für den Insolvenzantragsgrund Überschuldung  bis Ende 2010, dann bis Ende Januar verlängert worden. Insbesondere sollte verhindert werden, dass Firmen eine Insolvenz beantragen müssen, weil die November- und Dezemberhilfen  wegen des Wellenbrecher-Lockdowns bis auf die Abschlagszahlungen wegen eines Softwareproblems verspätet ausbezahlt wurden.  Die Coronabeschlüsse vom 19.1. verlängerten schließlich die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. April 2021. Voraussetzung soll sein die rechtzeitige und nicht offensichtlich aussichtslose Beantragung ausreichender Unterstützung. 

Eine Reihe von Maßnahmen sollte die Corona-Insolvenzwelle klein halten

Ist eine Firma überschuldet und kann ihre Zahlungsverpflichtungen und Kredite in absehbarer Zeit nicht bedienen, ist der Geschäftsführer gemäß § 15a InsO verpflichtet, innerhalb von drei Wochen den Antrag auf Insolvenz beim zuständigen Amtsgericht einzureichen. Mit Beginn der coronabedingten Beschränkungen des freien Wirtschaftsverkehrs und der damit verbundenen Umsatz- und Einnahmeausfälle fürchtete der Gesetzgeber eine drohende Insolvenzwelle.

Es wurde deshalb nicht nur

  • die Regeln zur Anmeldung der Insolvenz teilweise ausgesetzt
  • sondern durch massive Eingriffe in das Insolvenzrecht vorgenommen.
  • Die Geschäftsführerhaftung für Auszahlungen trotz Insolvenzreife 
  • sowie die Anfechtungsrechte des Insolvenzverwalters wurden deutlich modifiziert und 
  • man stellte betroffenen Betrieben in erheblichem Umfang Finanzhilfen zur Verfügung. 

Voraussetzungen des Aufschubs nach dem Gesetz zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (COVInsAG)

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gemäß § 15 a InsO sowie gemäß § 42 Abs. 2 BGB (Vereine) erfolgte gemäß § 1 COVInsAG unter folgenden Voraussetzungen:

  • Die Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung des Unternehmens war Folge der Pandemie, 
  • Es wurde vermutet, dass die Zahlungsunfähigkeit auf der Pandemie beruht, wenn der Schuldner am 31.12.2019 noch nicht zahlungsunfähig war.
  • Es durften keine Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass Aussichten für eine erfolgreiche Sanierung des Unternehmens künftig nicht gegeben sind.
  • Es wird vermutet, dass Aussicht auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit besteht, wenn der Schuldner am 31.12.2019 noch nicht zahlungsunfähig war.

Wichtig: Ist der Schuldner eine natürliche Person, so kann auf die Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Zeitraum 1. März bis 30. September 2020 keine Versagung der Restschuldbefreiung gestützt werden.

Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Gemäß Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes wurde für den Zeitraum 1.10.2020 bis 31.12.2020 die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages wegen Überschuldung nach Maßgabe des § 1 des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes vom 27.3.2020 weiterhin bis zum 30.4. ausgesetzt. Die Änderung schloss ausdrücklich die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit aus, d.h. dieser Insolvenzgrund wurde von der Verlängerung nicht erfasst.

  • Zahlungsunfähig ist ein Unternehmen, wenn es seine laufenden Verbindlichkeiten wie Arbeitslöhne, Mieten, Lieferantenforderungen u.ä. nicht mehr bedienen kann.
  • Überschuldung bedeutet, dass die Summe der Verbindlichkeiten des Unternehmens die auf der Habenseite vorhandenen Mittel übersteigt, ohne dass das Unternehmen einzelne Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen könnte.

Schutz nur für lebensfähige Unternehmen

Der Grund für die Beschränkung der Verlängerung auf den Tatbestand der Überschuldung bestand darin, dass nach Auffassung des Gesetzgebers bei zahlungsunfähigen Unternehmen, die ihre laufenden Verpflichtungen nicht mehr erfüllen können, die Chance auf einen Fortbestand nach Ende der Coronakrise deutlich geringer war als bei nur überschuldeten Unternehmen.

Der Gesetzgeber wollte auch das erforderliche Vertrauen der Wirtschaft in den Waren- und Dienstleistungsverkehr nicht dadurch gefährden, dass zahlungsunfähige Unternehmen weiterhin uneingeschränkt am Wirtschaftskreislauf teilnehmen.

Folgen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach COVInsAG

Gemäß § 2 COVInsAG hatte die Aussetzung der Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags eine ganze Reihe wichtiger zusätzlicher Folgen.

Haftungsprivilegierung von Leitungspersonen

Zahlungen, die ein insolvenzreifes Unternehmen während des Aussetzungszeitraums im ordnungsgemäßen Geschäftsgang tätigt, galten als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters erfolgt. Damit wurden die an die Insolvenzreife geknüpften Zahlungsverbote (§ 64 Satz GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG) weitgehend ausgesetzt. Hierdurch wurde die Gefahr beseitigt, dass Geschäftsführer oder Vorstände wegen solcher Zahlungen später in die Haftung genommen werden könnten.

COVInsAG-Privilegierung von Kreditgebern

Die Rückzahlung eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredits sowie die im Aussetzungszeitraum erfolgte Bestellung von Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite gelten bis zum 30.09.2023 gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG nicht als gläubigerbenachteiligend. Außerdem sind Kreditgewährung und Besicherungen im Aussetzungszeitraum nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen. Dies gilt auch für die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen. Mit dieser Regelung sollten mögliche Kreditgeber motiviert werden, auch während der Coronakrise betroffenen Unternehmen Kredite zu gewähren, ohne dass sie befürchten müssen, dass andere Gläubiger später die Rückzahlung dieser Kredite anfechten könnten.

Beschränkung der Gläubigeranfechtung nach COVInsAG

In einem späteren Insolvenzverfahren sind Rechtshandlungen, die einem Gläubiger des Unternehmens Sicherung oder Befriedigung ermöglicht haben, nicht anfechtbar. Dies gilt auch für die Gewährung von Zahlungserleichterungen, die Verkürzung von Zahlungszielen, für Leistungen an erfüllungsstatt und erfüllungshalber sowie für die Zahlung durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners. Eine Ausnahme gilt allerdings bei Bösgläubigkeit des Gläubigers im Hinblick auf die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, § 2 Abs. 1 Nr.4 COVInsAG..

Beschränkung von Gläubigerinsolvenzanträgen nach COVInsAG

Bei Gläubigerinsolvenzanträgen, die innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes gestellt wurden, setzte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 3 COVInsAG voraus, dass der Eröffnungsgrund bereits am 1.3.2020 vorgelegen hat.

Maßnahmen erfolgreich aber umstritten

Die Zahlen von Insolvenzanmeldungen bestätigen, dass die Maßnahmen der Regierung zunächst erfolgreich waren. Neben der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht dürften die bis Ende 2021 geltende Kurzarbeiterregelung sowie die staatlichen Überbrückungshilfen ein wichtiges Element bei der Zurückdrängung von Insolvenzen gewesen sein. Wirtschaftswissenschaftler sehen aber gerade darin auch ein Problem. Die Regelungen unterstützen eine ganze Reihe von Unternehmen, die bereits vor der Corona-Pandemie wirtschaftlich schwach gewesen seien. Dies könnte dazu geführt haben, dass strukturell schwache Unternehmen künstlich am Leben erhalten wurden. Damit könnte ab Mai eine ums heftigere Insolvenzwelle beginnen.

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Schlagworte zum Thema:  Infektionsschutzgesetz, Coronavirus, Insolvenz, Gesetz