Rz. 269

Nach § 78a StGB beginnt die Verjährung bei der Steuerhinterziehung im Zeitpunkt der Beendigung. Die Vollendung der Tat (s. Rz. 150, 152), d. h. die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands reicht nicht aus. Beendet ist die Tat erst, wenn der Taterfolg eingetreten ist und das Tatunrecht seinen Abschluss gefunden hat[1]. Unerheblich ist hierbei, ob die Tat bereits entdeckt war (s. Rz. 149). Der Zeitpunkt des Erfolgseintritts und der Tatbeendigung (= Beginn der Verjährung) bei der Steuerhinterziehung sind damit abhängig von der jeweiligen Steuerart (Veranlagungs- oder Fälligkeitssteuer), der jeweiligen tatbestandlichen Handlung (Tun oder Unterlassen) und dem jeweiligen Verfahrensstadium, in dem die Tat begangen wurde (z. B. Festsetzungs-, Rechtsbehelfs- oder Vollstreckungsverfahren).

 

Rz. 270

Bei der Steuerhinterziehung durch unrichtige Angaben nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in der Steuererklärung (s. Rz. 41) beginnt die Verjährung bei Veranlagungssteuern demgemäß mit der Bekanntgabe der unzutreffenden Steuerfestsetzung[2], und zwar am Tag der tatsächlichen Bekanntgabe; die Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 AO findet insoweit keine Anwendung[3]. Bei Fälligkeitssteuern beginnt die Verjährung mit Abgabe der Anmeldung oder – sofern eine Zustimmung der Finanzbehörde erforderlich ist[4] – mit dem Zugang der Zustimmung[5]. Spätere Änderungen des Steuerbescheids haben auf die Strafverfolgungsverjährung keinen Einfluss[6].

 

Rz. 270a

Bei der Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (s. Rz. 54), z. B. durch Nichtabgabe bzw. verspätete Abgabe der Steuererklärung (s. Rz. 57, 59), beginnt die Verjährung, wenn die Steuerfestsetzungen für dieses Steuerjahr im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Veranlagungsdienststelle allgemein abgeschlossen sind, sofern nicht vorher die Steuer mit Schätzung der Besteuerungsgrundlagen festgesetzt wird (s. Rz. 151). Der hypothetische Zeitpunkt, zu dem das FA bei fristgemäßer Abgabe einer Steuererklärung einen Steuerbescheid erlassen hätte, ist für die Frage der Tatbeendigung und damit für den Verjährungsbeginn ohne Bedeutung[7].

 

Rz. 270b

Eine besondere Problematik ergibt sich im Hinblick auf die Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO bzgl. des Endes der Verjährungsfrist. Insoweit gebietet der in-dubio-Satz nicht die Annahme, dass der Angeklagte als erster veranlagt worden wäre[8]. Folglich ist auch für die Frage, ob eine Tat bereits verjährt ist, für die Berechnung stets von dem Zeitpunkt auszugehen, in dem die Steuerfestsetzungen für das jeweilige Steuerjahr im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Veranlagungsdienststelle allgemein abgeschlossen sind.

[1] BGH v. 6.4.1965, 1 StR 73/65, BGHSt 20, 196; vgl. auch BGH v. 5.4.2000, 5 StR 226/99, wistra 2000, 219.
[3] Müller, StBp 2003, 78; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl. 2009, § 370 AO Rz. 19; a. A. Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen, § 376 AO Rz. 9.

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