Rz. 150

Besteht der Taterfolg der Steuerhinterziehung in einer Steuerverkürzung (s. Rz. 84), so ist zu unterscheiden:

  • Die Steuerhinterziehung durch aktives Tun nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist vollendet mit

    • Bekanntgabe des die Steuer unrichtig (s. Rz. 84) festsetzenden Steuerbescheids[1];
    • Abgabe einer Steueranmeldung. Nach § 168 S. 1 AO hat die Abgabe regelmäßig Festsetzungswirkung, die zur Vollendung führt (s. Rz. 96). Zur USt-Hinterziehung s. Rz. 283.
 

Rz. 151

  • Bei der Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, z. B. durch Nichtabgabe bzw. verspätete Abgabe der Steuererklärung (s. Rz. 57, 59), ist die Steuerhinterziehung mit dem Taterfolg Steuerverkürzung (s. Rz. 84) vollendet, wenn die Steuerfestsetzungen für diesen Vz im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen FA allgemein abgeschlossen sind[2]. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt, zu dem bei ordnungsgemäßer Abgabe der Steuererklärung auch für den unterlassenden Täter die Steuerfestsetzung (s. Rz. 94, 95) bei dem für ihn zuständigen Arbeitsgebiet erfolgt wäre[3]. Hierbei wird man im Zweifel unterstellen müssen, dass der Täter als letzter in diesem Arbeitsgebiet veranlagt worden wäre[4]. Das kann jedoch für diejenigen Fälle nicht gelten, in denen aus besonderen Gründen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Steuerfestsetzung schon vorher stattgefunden hätte, wenn die zuständige Finanzbehörde diesen Nachweis erbringen kann[5].

    Wird zuvor die Steuer mit Schätzung der Besteuerungsgrundlagen[6] festgesetzt, so ist die Steuerhinterziehung mit Bekanntgabe des Steuerbescheids vollendet (s. Rz. 150), sofern die Steuer zu niedrig festgesetzt wurde[7]. Wird die Steuer nach dem Abschluss der Veranlagungsarbeiten festgesetzt, ist für die Vollendung dieser Zeitpunkt maßgeblich[8].

    Bei dem Unterlassen einer Steueranmeldung (s. Rz. 96) ist die Tat mit Ablauf der Erklärungsfrist beendet[9].

[1] § 155 AO; vgl. BGH v. 31.1.1984, 5 StR 706/83, HFR 1984, 391; BGH v. 16.5.1984, 2 StR 525/83, HFR 1984, 439; BFH v. 22.6.1995, IV R 26/94, BStBl II 1995, 575; BGH v. 25.4.2001, 5 StR 613/00, wistra 2001, 309.
[2] BGH v. 18.5.2011, 1 StR 209/11, wistra 2011, 346; BGH v. 17.7.1979, 5 StR 410/79, HFR 1980, 27; BGH v. 11.12.1990, 5 StR 519/90, HFR 1991, 727; BGH v. 19.3.1991, 5 StR 516/90, HFR 1992, 311; BayObLG v. 9.11.2000, 4 St RR 126/2000, wistra 2001, 194; OLG Düsseldorf v. 4.4.2005, III 2 Ss 139/04-6/05 III, NJW 2005, 1960; Hessisches FG v. 16.9.2003, 13 K 29/00, EFG 2004, 1274; FG Hamburg v. 23.11.2006, 2 K 298/04, n. v.
[3] BGH v. 28.10.1998, 5 StR 500/98, wistra 1999, 385; Hellmann, in HHSp, AO/FGO, § 370 AO Rz. 150, 310.
[4] Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl. 2009, § 370 AO Rz. 37a; OLG München v. 1.10.2001, 2 Ws 1070/01, wistra 2002, 34; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen, § 370 AO Rz. 62; a. A. OLG Hamm v. 2.8.2001, 2 Ws 156/01, wistra 2001, 474: Beginn der Veranlagungsarbeiten.
[7] S. Rz. 84; vgl. BayObLG v. 9.11.2000, 4 St RR 126/2000, wistra 2001, 194.
[8] OLG Düsseldorf v. 4.4.2005, III 2 Ss 139/04-6/05 III, NJW 2005, 1960.
[9] BGH v. 10.12.1991, 5 StR 536/91, wistra 1992, 93; zur USt-Hinterziehung s. Rz. 283.

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