Leitsatz (amtlich)

Für den Beginn der Verfolgungsverjährung einer Steuerhinterziehung muss der Anknüpfungspunkt der Beendigung der Tat zu Gunsten des Steuerpflichtigen soweit wie möglich vorgezogen werden. Er ist demzufolge auf den Beginn und nicht auf das Ende der Veranlagungsarbeiten zu legen.

 

Verfahrensgang

LG Bochum

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Landeskasse verworfen, die auch die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten zu tragen hat.

 

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft Bochum wirft dem Angeschuldigten mit ihrer Anklage vom 7. Oktober 1999 u. a. die Hinterziehung von Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer durch Unterlassen für die Jahre 1990 bis 1996 vor (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO).

Er soll in dem strafbefangenen Zeitraum erhebliche Einkünfte als reisender Teppichhändler innerhalb Deutschlands erzielt haben. Da der Angeschuldigte diese gegenüber dem Finanzamt nicht erklärt haben soll - er war beim zuständigen Finanzamt Essen-Ost nicht erfasst, da er weder seinen Gewerbebetrieb angemeldet noch zu irgendeinem Zeitpunkt Steuererklärungen beim Finanzamt eingereicht haben soll -, wird ihm die Hinterziehung von Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer durch Unterlassen vorgeworfen. Überdies wird ihm zur Last gelegt, in dem Zeitraum von 1993 bis 1995 in gewerbsmäßiger Weise mit Grundstücken gehandelt zu haben. Er soll erstens am 1. Juli 1992 über einen Strohmann ein Mehrfamilienhaus zum Preis von 370. 000, 00 DM gekauft und am 16. Dezember 1995 für 1. 100. 000, 00 DM wieder verkauft haben. Am 13. Januar 1994 soll er ein zweites Mehrfamilienhaus zum Preis von 420. 000, 00 DM und drittens am 15. Mai 1994 weitere zwei Mehrfamilienhäuser für 347. 500, 00 DM erworben haben. Die Staatsanwaltschaft wertet diese Grundstücksgeschäfte als gewerblichen Grundstückshandel und hat den Angeschuldigten angeklagt, in den Jahren 1993, 1994 und 1995 Gewerbesteuern hinterzogen zu haben.

Das Landgericht Bochum hat durch Beschluss vom 27. März 2001 die Eröffnung des Hauptverfahrens aus Rechtsgründen insofern abgelehnt, als dem Angeschuldigten die Hinterziehung von Umsatzsteuer für die Jahre 1990 und 1991, von Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1990 und die Hinterziehung von Gewerbesteuer aus Grundstückshandel für die Jahre 1993, 1994 und 1995 und den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Einkommensteuer für diese Jahre zur Last gelegt worden ist. Bei der Gewerbesteuer für die Jahre 1993 bis 1995 hat das Landgericht die Eröffnung hilfsweise aus tatsächlichen Gründen abgelehnt.

Seine Entscheidung hat es auf folgende Gesichtspunkte gestützt:

Hinsichtlich der angeklagten Hinterziehung von Umsatzsteuer für die Jahre 1990 und 1991 sowie von Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1990, sei die Strafverfolgung verjährt, da die maßgebende fünfjährige Frist des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB abgelaufen sei.

Die Verjährungsfrist betreffend die Umsatzsteuerhinterziehung habe gemäß § 78 a StGB mit dem Ablauf des 31. Mai 1991 und demjenigen des 31. Mai 1992 begonnen, weil an diesen Tagen die jeweiligen Fristen für die Jahreserklärungen nach § 149 Abs. 2 AO geendet hätten. Folglich sei die Verjährung mit dem Ablauf des 31. Mai 1996 und des 31. Mai 1997 eingetreten. Die Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Bochum vom 2. Juni 1997 seien die ersten Maßnahmen gewesen, die die Verjährung hätten unterbrechen können.

Die Verjährungsfrist bezüglich der Einkommen- und Gewerbesteuerhinterziehung für das Jahr 1990 habe für diese beiden Taten in dem Zeitpunkt begonnen, in dem das Finanzamt im Wesentlichen die Veranlagungsarbeiten abgeschlossen hätte, wenn der Angeschuldigte rechtzeitig und damit gemäß § 149 Abs. 2 AO spätestens am 31. Mai 1991 seine Steuererklärung abgegeben hätte. Auch wenn dieser Zeitpunkt nach den bisherigen Ermittlungen nicht genau festgelegt werden könne, sei sicher, dass er deutlich vor dem 2. Juni 1992 gelegen hätte, so dass die Verjährung vor den ersten verjährungsunterbrechenden Maßnahmen vom 2. Juni 1997 eingetreten sei.

Hinsichtlich der dem Angeschuldigten für die Jahre 1993, 1994 und 1995 als gewerblicher Grundstückshändler angelasteten Gewerbesteuerhinterziehung könne ein strafrechtlicher Vorwurf nicht erhoben werden, weil es an einem gewerblichen Grundstückshandel im Sinne des § 15 Abs. 2 S. 1 EStG fehle und damit auch keine Gewerbesteuerpflicht bestanden habe; zumindest sei dem Angeschuldigten ein vorsätzliches Handeln nicht vorzuwerfen. Im Einzelnen führt das Landgericht hierzu Folgendes aus:

"a) Gewerblicher Grundstückshandel setzt nach allgemeiner Ansicht voraus, dass die Veräußerung von Grundstücken in einer Weise erfolgt, die den Tatbestand des § 15 Abs. 2 S. 1 EStG erfüllt. An dieser Voraussetzung fehlt es hier selbst dann, wenn man von der Sachverhaltsdarstellung aus der Anklageschrift ausgeht. Die Betätigung des Angeschuldigten auf dem Gebiet des Grundstückshandels kann nämlich nicht als "nachhaltig" bezeichnet werden. Darüber hinaus ist sie als private Vermögensverwaltung und nicht als gewerbliches Ha...

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