Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1992

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.03.1998; Aktenzeichen V R 7/97)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Mit Bescheid vom … September 1994 setzte der Beklagte (das Finanzamt … –FA–) die Umsatzsteuer 1992 gegenüber dem Kläger unter Vorbehalt der Nachprüfung auf … DM fest. Die Besteuerungsgrundlagen wurden dabei geschätzt, weil der Kläger keine Umsatzsteuererklärung abgegeben hatte. Mit Änderungsbescheid vom … November 1995 erhöhte das FA die Besteuerungsgrundlagen (festgesetzte Umsatzsteuer … DM) und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren forderte das FA den Kläger mit Schreiben vom 29. Februar 1996 unter Fristsetzung gemäß § 364 b Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) bis 30. April 1996 zur Angabe von Tatsachen zur Beschwer auf und wies ihn auf die Folgen einer Fristversäumnis hin. Nach erfolglosem Ablauf der Frist wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück

Zur Begründung der Klage hat der Kläger die Umsatzsteuererklärung eingereicht, die einen Erstattungsbetrag in Höhe von … DM ausweist und darauf verwiesen, er erziele steuerpflichtige Umsätze aus Vermietung und Verpachtung und gemeinsam mit seiner Ehefrau Umsätze aus Gewerbebetrieb. Dem FA habe dies aus verschiedenen Gründen bekannt sein müssen. Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid enthalte die Erlöse aus beiden unternehmerischen Tätigkeiten und sei damit sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich der Adressierung fehlerhaft. Demgemäß könne die Vorschrift des § 364 b AO nicht eingreifen und es sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Umsatzsteuer für 1992 mit einem Erstattungsbetrag in Höhe von … DM festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es sieht sich an einer Änderung des streitbefangenen Bescheides unter Berücksichtigung der nunmehr vorliegenden Umsatzsteuererklärung durch die Präklusionswirkung des § 364 b Abs. 2 AO gehindert. Gründe für eine Wiedereinsetzung lägen nicht vor.

Mit Schreiben des Gerichts vom 5. September 1996 wurde der Kläger aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, ob und ggf. welcher Entschuldigungsgrund für das Versäumen der vom FA nach § 364 b AO gesetzten Frist besteht. Der Kläger hat sich hierzu nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364 b Abs. 1 AO gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden (§ 76 Abs. 3 Satz 1 Finanzgerichtsordnung –FGO–), wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und über die Folgen einer Fristversäumnis belehrt worden ist, es sei denn, der Sachverhalt kann mit geringem Aufwand auch ohne Mitwirkung des Beteiligten ermittelt werden (§ 76 Abs. 3 Satz 2 FGO i.V.m. § 79 b Abs. 3 FGO). § 364 b AO dient der Beschleunigung des behördlichen, § 76 Abs. 3 FGO der Beschleunigung des finanzgerichtlichen Verfahrens (vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO, Kommentar, § 76 FGO RdNr. 9). Nach dem Zweck der Vorschriften ist § 76 Abs. 3 FGO nicht dahingehend zu verstehen, daß die materielle Prüfung von verspätet eingereichten Erklärungen in Ansehung der Präklusionswirkung (§ 364 b Abs. 2 AO) von den Finanzbehörden auf die Finanzgerichte verlagert und den Steuerbürgern damit eine sanktionslose Möglichkeit eingeräumt werden soll, ihren steuerlichen Verpflichtungen mit zeitlicher Verzögerung nachzukommen. Es ist daher nicht ermessensfehlerhaft, eine erst im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegte Steuererklärung zurückzuweisen, wenn Anhaltspunkte für das Erfordernis weiterer Aufklärung bestehen und auch sonst keine Gründe vorliegen, die behördliche Entscheidung zu beanstanden.

So liegen die Dinge im Streitfall. Der Kläger trägt selbst vor, daß (möglicherweise) Umsätze aus seiner gemeinsam mit seiner Ehefrau betriebenen gewerblichen Tätigkeit im streitbefangenen Bescheid miterfaßt worden seien. Ob dies und ggf. in welcher Höhe dies der Fall ist, bedürfte weiterer Aufklärung, die die Erledigung des Rechtsstreits ebenso verzögern würde wie eine Überprüfung der geltend gemachten Vorsteuerbeträge. Zu den Vorsteuerbeträgen ergibt sich aus den Akten, daß im Anwesen … Str. 1, …, das durch teilweise Vermietung der Unternehmenstätigkeit des Klägers zugrunde liegt, das Dachgeschoß ausgebaut wurde und mit Rücksicht darauf die Steuerfestsetzung für 1991 hinsichtlich des Vorsteuerabzugs unter den Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 AO gestellt wurde. Auch insoweit wäre eine weitere Aufklärung erforderlich und ohne Mitwirkung des Klägers eine Sachverhaltsermittlung nur mit erheblichem Aufwand möglich (§ 79 b Abs. 3 Satz 3 FGO).

Andere Gründe, die der Klage zu...

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