Rz. 28

Durch die 2. EG-Richtlinie v. 11.4.1967[1] wurde für die EG-Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich das Mehrwertsteuersystem vorgeschrieben. Art. 15 dieser Richtlinie ließ aber nationale Sonderregelungen für den Bereich der landwirtschaftlichen Unternehmen zu, sodass die Besteuerung nach Durchschnittssätzen gem. § 24 UStG 1967 ab dem 1.1.1968 (Rz. 1) darauf gestützt werden konnte.

 

Rz. 29

Die 6. EG-Richtlinie[2], zur Harmonisierung des Umsatzsteuerrechts in den EG-Mitgliedstaaten sah in ihrem Art. 25 i. V. m. Anhang A, B und C eine Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger vor. Den Erwägungsgründen zufolge sollten die Mitgliedstaaten (weiterhin) die Möglichkeit haben, eine Sonderregelung anzuwenden, die für jene Landwirte, die nicht unter die Regelbesteuerung fallen, einen Pauschalausgleich der Vorsteuerbelastung vorsieht. Dabei waren (nunmehr) aber in der EG-Richtlinie die wesentlichen Grundsätze dieser Regelung festgelegt und war im Interesse der Erhebung der Eigenmittel in den Mitgliedstaaten ein gemeinsames Verfahren zur Bestimmung des Mehrwerts der Pauschallandwirte definiert. Einer Protokollerklärung des Rates zufolge sollte diese Sonderregelung für Land- und Forstwirte allerdings nur eine Übergangsregelung sein (Rz. 13); auf bestimmte Gruppen von Land- und Forstwirten soll danach – insbesondere unter Beachtung der Höhe des Jahresumsatzes – schrittweise die Regelbesteuerung angewandt werden.[3] Die Europäische Kommission hatte darauf gedrängt, den Anwendungsbereich der Sonderregelung einzuschränken; die Protokollerklärung der Mitgliedstaaten stellte insofern einen Kompromiss dar.

§ 24 UStG in der ab dem 1.1.1980 geltenden Fassung des UStG 1980 (Rz. 18) beruhte nach der Gesetzesbegründung auf der Pauschalregelung nach Art. 25 der 6. EG-Richtlinie.[4] Ergänzend sicherte die 20. EG-Richtlinie v. 16.7.1985[5] die Sonderbeihilfe in Form des Kürzungsanspruchs nach § 24a UStG in der Zeit v. 1.7.1984 bis zum 31.12.1991 gemeinschaftsrechtlich ab (Rz. 19).

 

Rz. 30

Seit dem 1.1.2007 bildet die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) 2006/112/EG v. 28.11.2006[6] die Grundlage für das harmonisierte Mehrwertsteuerrecht. Die unionsrechtliche Grundlage für § 24 UStG findet sich nunmehr in Titel XII Kap. 2 MwStSystRL, also in Art. 295 bis 305 MwStSystRL ("Gemeinsame Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger") sowie in Anhang VII ("Verzeichnis der Tätigkeiten landwirtschaftlicher Erzeugung") und in Anhang VIII ("Exemplarisches Verzeichnis der landwirtschaftlichen Dienstleistungen") der MwStSystRL.

 

Rz. 31

Der Protokollerklärung zur MwStSystRL zufolge gelten die zur 6. EG-Richtlinie ergangenen Begründungen in den Erwägungsgründen und die Protokollerklärungen weiter. Aus dem dritten Erwägungsgrund und einer Protokollerklärung zur MwStSystRL ergibt sich außerdem, dass mit der Neufassung des Unionsrechts durch die MwStSystRL grundsätzlich keine Änderungen des geltenden Rechts verbunden waren. Damit ist also auch die zu Art. 25 der 6. EG-Richtlinie ergangene Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Art. 295 bis 305 MwStSystRL entsprechend heranzuziehen und besitzen auch Art. 295 bis 305 MwStSystRL nur Übergangscharakter (Rz. 29). Dementsprechend hatte die EU-Kommission in ihrem Grünbuch aus dem Dezember 2010 zur Zukunft der Mehrwertsteuer[7] angeregt, darüber nachzudenken, ob die Art. 295 bis 305 MwStSystRL beibehalten werden sollten, da bereits Konzepte, die kleinen und mittelgroßen Unternehmen zugute kommen, dem Vereinfachungsbedarf der landwirtschaftlichen Erzeuger entgegenkommen könnten.

 

Rz. 32

Nach einleitenden Begriffsbestimmungen in Art. 295 MwStSystRL ist den Mitgliedstaaten durch Art. 296 Abs. 1 MwStSystRL als "Kann-Regelung" das Recht eingeräumt, auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder die Kleinunternehmerregelung nach Art. 281ff. MwStSystRL auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Mehrwertsteuerbelastung der von ihnen bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen eine Pauschalregelung nach den Art. 295 bis 305 MwStSystRL anzuwenden. So haben u. a. Schweden, Finnland und Dänemark (Rz. 13) keine Pauschalregelung eingeführt, wohingegen u. a. Frankreich, die Niederlande, Belgien, Polen, Österreich und Spanien eine solche Regelung anwenden. Nach Art. 296 Abs. 2 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten von einer solchen Pauschalregelung bestimmte Gruppen landwirtschaftlicher Erzeuger ausnehmen. Weiterhin sieht Art. 296 Abs. 3 MwStSystRL vor, dass unter bestimmten Einzelheiten und Voraussetzungen, die die Mitgliedstaaten festlegen können, jeder Pauschallandwirt die Möglichkeit der Option zur Regelbesteuerung haben muss, was national in § 24 Abs. 4 UStG umgesetzt ist (Rz. 288ff.).

 

Rz. 33

Im persönlichen Anwendungsbereich ist die Pauschalregelung also beschränkt auf landwirtschaftliche Erzeuger. Dies sind nach Art. 295 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL Unternehmer, die ihre Tätigkeit im Rahmen eines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieb...

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