Rz. 346

Art. 295ff. MwStSystRL ermöglichen eine umsatzsteuerliche Pauschalregelung für Landwirte, bei denen die Anwendung der Regelbesteuerung auf Schwierigkeiten stoßen würde, zum Ausgleich der Vorsteuerbelastung auf die vom Pauschallandwirt bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen (die langfristige Verpachtung eines landwirtschaftlichen (Teil-)Betriebs fällt nicht unter die Pauschalregelung, es handelt sich nicht um eine landwirtschaftliche Dienstleistung[1]); Gleiches gilt für die Verpachtung eines Eigenjagdbezirks durch eine Kommune.[2] Zum pauschalen Ausgleich der Mehrwertsteuervorbelastung werden Pauschalausgleich-Prozentsätze bestimmt. Diese Sätze beruhen auf den allein für die Pauschallandwirte geltenden makroökonomischen Daten der letzten drei Jahre vor dem laufenden Jahr der Erhöhung der Pauschale. Die Mitgliedstaaten dürfen keine Durchschnittssätze festsetzen, die dazu führen, dass die Pauschallandwirte insgesamt Erstattungen erhalten, die über die Mehrwertsteuervorbelastung hinausgehen.[3]

Die Pauschalregelung für die Landwirtschaft nach Art. 272 Abs. 1 Buchst. e und 296 Abs. 1 MwStSystRL soll es den Mitgliedstaaten ermöglichen, landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Regelung oder der Sonderregelung für Kleinunternehmen auf Schwierigkeiten stoßen würde, von bestimmten oder allen Pflichten zu befreien, denen die unter die normale Mehrwertsteuerregelung fallenden Steuerpflichtigen gewöhnlich unterliegen, und ihnen gleichzeitig einen Pauschalausgleich für ihre MwSt-Vorbelastung zu gewähren. In der MwStSystRL ist für landwirtschaftliche Tätigkeiten keine Steuerbefreiung vorgesehen. Die Pauschalregelung für die Landwirtschaft ist gerade nicht als Befreiungsregelung konzipiert worden, da eine solche Regelung es nicht gestattet hätte, die MwSt-Vorbelastung zu beseitigen und damit die Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems zu gewährleisten. Auch ergibt sich aus Art. 296 Abs. 1 MwStSystRL, dass landwirtschaftliche Erzeuger grundsätzlich entweder der Regelbesteuerung oder der Sonderregelung für Kleinunternehmen oder der Pauschalregelung für die Land- und Forstwirtschaft unterliegen.[4]

 

Rz. 347

Steuertechnisch wird der Ausgleich in Deutschland dadurch erreicht, dass die Land- und Forstwirte ihren Abnehmern USt mit dem Pauschalsatz in Rechnung stellen, jedoch keine Steuer an das FA abführen. Deutschland macht also von der Möglichkeit in Art. 301 Abs. 1 MwStSystRL Gebrauch, wonach der Pauschalausgleich durch den Leistungsempfänger gezahlt wird. Andere Mitgliedstaaten wenden Art. 301 Abs. 1 MwStSystRL so an, dass der Ausgleich unmittelbar durch den Fiskus gezahlt wird.

 

Rz. 348

Nach Art. 298 MwStSystRL werden die Durchschnittssätze anhand der allein für die Pauschallandwirte geltenden makroökonomischen Daten der letzten drei Jahre bestimmt. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Mitgliedstaat bei jeder Erhöhung der Vorbelastung zu einer Erhöhung der Durchschnittssätze verpflichtet ist. Es dürfen keine Durchschnittssätze festgesetzt werden, die insgesamt zu Erstattungen führen. Die Durchschnittssätze dürfen jedoch geringer als die tatsächliche Vorbelastung sein, sie können sogar auf Null herabgesetzt werden.

 

Rz. 349

Es besteht somit kein Rechtsanspruch der Land- und Forstwirtschaft auf etwaige Anpassung von Durchschnittssätzen. Bei der Verabschiedung von Art. 25 der 6. EG-Richtlinie hatte die Kommission darauf gedrängt, den Anwendungsbereich der Sonderregelung einzuschränken. Als Kompromiss sind die Mitgliedstaaten in einer Protokollerklärung übereingekommen, verstärkt darauf hinzuwirken, dass auf bestimmte Gruppen von Landwirten schrittweise die normale Mehrwertsteuerregelung angewendet wird. Art. 296 Abs. 2 MwStSystRL regelt, wann ein Mitgliedstaat einen landwirtschaftlichen Erzeuger von der Pauschalregelung ausnehmen kann. Die Pauschalregelung kann grundsätzlich keine völlige Neutralität der MwSt gewährleisten, da sie gerade dieses Ziel mit einer Vereinfachung der auf die Pauschallandwirte anwendbaren Vorschriften in Einklang bringen soll. Art. 297 bis 299 MwStSystRL sehen vor, dass die Festlegung der Pauschalausgleich-Prozentsätze durch jeden Mitgliedstaat anhand der allein für die Pauschallandwirte geltenden makroökonomischen Daten der letzten drei Jahre global erfolgt. Daher kann Art. 299 MwStSystRL nicht eine nationale Entscheidung rechtfertigen, mit der ein Pauschallandwirt auf individueller Basis angesichts der in Anwendung dieser Prozentsätze erhaltenen Erstattungen von der Pauschalregelung ausgeschlossen wird.[5]

 

Rz. 350

Die EU-Kommission hatte ein Vertragsverletzungsverfahren hinschtlich der Vorsteuer-Pauschalierung für Land- und Forstwirte gegen Deutschland eingeleitet. Sie rügte die Anwendung der MwSt-Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger in Deutschland unter drei Gesichtspunkten:

  • Es dürfen in Deutschland ganz allgemein alle Landwirte auf die Pauschalregelung zurückgreifen. Eine solche allgemeine Anwendung sei nicht gerechtfertigt und nicht vereinbar mit ...

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