Rz. 5

Durch nach Eintritt der Rechtshängigkeit eintretende Veränderungen bzw. nachträglich eintretende Umstände wird die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zum angerufenen Gericht gem. § 17 Abs. 1 S. 1 GVG grundsätzlich nicht berührt. Durch diesen Grundsatz der sog. perpetuatio fori soll verhindert werden, dass bei jeder Veränderung eines die Zuständigkeit begründenden Umstands ein neues Gericht mit dem Rechtsstreit befasst wird. Dies soll die Kapazitäten der Justiz schonen und vor allem den Rechtssuchenden vor Verzögerungen und Verteuerungen des Prozesses bewahren. Das bisherige Gericht soll nicht wertlos gearbeitet haben. Hat ein Kläger demnach bei einem – nach der prozessrechtlichen Ordnung zuständigen – Gericht Klage erhoben, ist in aller Regel jeder weitere Zuständigkeitsstreit ausgeschlossen.[1]

Soweit beim zuständigen Gericht ein gerichtliches Verfahren eingeleitet wurde, ist es daher unerheblich, wenn der Kläger währenddessen seinen Wohnsitz, Ort der Geschäftsleitung oder Aufenthaltsort wechselt.[2] Nach § 38 Abs. 2a S. 1 FGO gilt in Angelegenheiten des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 62 bis 78 EStG (Kindergeld) allerdings das sog. Wohnsitzprinzip.[3] Der Grundsatz der perpetuatio fori hat insoweit aber zur Konsequenz, dass ein sachlich unzuständiges Gericht den Rechtsstreit in den Kindergeldfällen des § 38 Abs. 2a FGO an das FG verweist, das im Zeitpunkt der Klageerhebung vor dem unzuständigen Gericht örtlich zuständig war und nicht das FG, das aufgrund eines Umzugs des Klägers nach Klageerhebung entsprechend § 38 Abs. 2a FGO nunmehr zuständig geworden wäre.[4]

 

Rz. 6

Die Fortdauer der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gilt aber nur für den mit der Klage rechtshängig gewordenen Streitgegenstand. Daher muss das angerufene Gericht seine Zuständigkeit im Falle einer Änderung des Streitgegenstands (Klageänderung) neu prüfen.[5] Wird z. B. – wegen eines Wohnsitzwechsels des Klägers – ein Änderungsbescheid von einer anderen Finanzbehörde erlassen als der ursprünglich angefochtene Bescheid und wird der Änderungsbescheid gem. § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens, richtet sich die Klage nunmehr gegen die Finanzbehörde, die den Änderungsbescheid erlassen hat.[6] Durch den hierdurch erfolgten Beteiligtenwechsel kann gleichzeitig ein (nachträglicher) Wechsel des zuständigen FG erfolgen, wenn die Finanzbehörden in verschiedenen FG-Bezirken ihren Sitz haben.[7] Ein Wechsel des Beklagten lässt die örtliche Zuständigkeit des FG aber dann unberührt, wenn Streitgegenstand weiterhin die Rechtmäßigkeit des ursprünglich klagebefangenen Verwaltungsakts ist.[8] Insoweit entspricht es aber herkömmlichen Rechtsgrundsätzen, dass im Falle eines gesetzlichen Beteiligtenwechsels infolge des Übergangs der Zuständigkeit auf einen anderen Rechtsträger dieser in das Verfahren einrückt, ohne dass entsprechende Erklärungen der Beteiligten erforderlich sind und ohne dass eine Klageänderung vorliegt.[9]

 

Rz. 7

Wechselt allerdings der Kläger nach Ablauf der Klagefrist die beklagte Finanzbehörde aus und beantragt er wegen der Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO, so hat das FG, bei dem die Klage anhängig ist, im Rahmen der Entscheidung über die Verweisung konsequenterweise auch über die Sachdienlichkeit der Klageänderung nach § 67 FGO und deshalb auch über die vorrangige Frage der Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entscheiden.[10]

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