Schrifttum:

Friebel, Bau in Bauabschnitten und Bauten in einem Zuge, StWa. 1988, 125; Kessler, Bewertung von im Umbau befindlichen Gebäuden, LSW Gruppe 3, 4442; Neufang, Bau in einem Zuge bzw. Bau in Bauabschnitten aus bewertungsrechtlicher und einkommensteuerlicher Sicht, DB 1985, 1501 und DB 1989, 1056.

A. Grundaussagen der Vorschrift

I. Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

[Autor/Stand] Der Begriff "bebautes Grundstück" wurde zwar schon im BewG 1934 verwendet (vgl. § 52), war jedoch im Gesetz selbst nicht näher bestimmt. Aus den §§ 33a und 45 BewDV a.F. ergab sich aber, dass nach früherem Bewertungsrecht als bebaute Grundstücke solche Grundstücke anzusehen waren, auf denen sich am Bewertungsstichtag "bezugsfertige Gebäude" befanden.

Mit dem Bewertungsänderungsgesetz 1975 wurde in § 74 Satz 1 eine Legaldefinition des Begriffs "Bebaute Grundstücke" in das Gesetz übernommen, die bis heute unverändert geblieben ist. Die einzelnen zu unterscheidenden Grundstücksarten sind seitdem in § 75 Abs. 2 BewG genannt und in den Absätzen 2 bis 7 definiert.

Das Bundeskabinett hat am 21.6.2019 einen Gesetzentwurf zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts verabschiedet (Grundsteuer-Reformgesetz – GrStRefG), um in Zukunft den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts[2] gerecht zu werden, das die aktuellen Regelungen zur Einheitsbewertung als nicht vereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG ansieht. Die Neuregelung muss bis zum 31.12.2019 erfolgen.

Der Gesetzesentwurf sieht eine umfangreiche Novellierung des Bewertungsgesetzes vor, insb. wird ein Großteil der bisherigen Normen entfallen und durch Neuregelungen ersetzt werden. Dies gilt auch für die §§ 74 bis 77 BewG.

Die Anwendung der bisherigen Regelungen ist gemäß dem verabschiedeten Gesetzentwurf noch für weitere fünf Jahre ab der Verkündung der Neuregelung, längstens bis zum 31.12.2024 zulässig. Mithin wird die Einführung der Neuregelungen aller Voraussicht nach ab dem 1.1.2025 erfolgen.

[Autor/Stand] Autor: Haas, Stand: 01.02.2020
[2] BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12, BVerfGE 148, 147 = BGBl. I 2018, 531 (Entscheidungsformel).

II. Regelungsgegenstand und -zweck

 

Rz. 2

[Autor/Stand] Im Hinblick auf die Benutzbarkeit eines Gebäudes wird zwar grundsätzlich darauf abgestellt, dass das gesamte Gebäude benutzbar ist, doch macht § 74 Satz 2 BewG eine Einschränkung. Danach führt die Errichtung eines Gebäudes "in Bauabschnitten" dazu, dass bereits mit der Fertigstellung des ersten Abschnitts ein bebautes Grundstück entsteht und eine dieser Einordnung entsprechende Bewertung stattfindet. Die Nichterfassung der fertig gestellten und selbständig nutzbaren Teilgebäude bei der Grundsteuer wäre nicht vertretbar gewesen.[2]

Zur Bewertung von Grundstücken im Zustand der Bebauung vgl. die Erläuterungen zu § 91 BewG.

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Die Abgrenzung der bebauten von den unbebauten Grundstücken hat wegen der unterschiedlichen Bewertungsmethoden Auswirkungen auf die Höhe des festzustellenden Einheitswerts.

[Autor/Stand] Autor: Haas, Stand: 01.02.2020
[2] Vgl. BT-Drucks. IV/1488, S. 53 – zu § 51c.
[Autor/Stand] Autor: Haas, Stand: 01.02.2020

B. Begriff des bebauten Grundstücks (Satz 1)

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Wie die Bestimmung des Begriffs "unbebautes Grundstück" in § 72 BewG an das Nichtvorhandensein benutzbarer Gebäude anknüpft, so liegt umgekehrt ein "bebautes Grundstück" nach § 74 BewG vor, wenn sich auf der wirtschaftlichen Einheit Grundstück ein benutzbares Gebäude befindet. Der Gebäudebegriff wird in Abschn. 1 Abs. 2 BewRGr erläutert. Ein Bauwerk ist dann als Gebäude i.S.d. § 74 BewG anzusehen, wenn es Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständig keit und ausreichend standfest ist (zu Einzelheiten zum Gebäudebegriff siehe Erläuterungen bei § 68 BewG Rz. 39 ff. und zur Frage der Benutzbarkeit eines Gebäudes siehe Erläuterungen zu § 72 BewG Rz. 9).

 

Rz. 5

[Autor/Stand] Grundstücke, auf denen nur Bauwerke errichtet sind, die als Betriebsvorrichtungen anzusehen sind (s. § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG, Anm. 23 ff.), gelten nicht als bebaute Grundstücke, sondern als unbebaute Grundstücke.

 

Rz. 6

[Autor/Stand] Auch die Bebauung eines Grundstücks mit einem Gebäude, dessen Zweckbestimmung und Wert gegenüber der Zweckbestimmung und dem Wert des Grundes und Bodens von untergeordneter Bedeutung ist, führt nicht dazu, dass es sich um ein bebautes Grundstück handelt. Es bleibt vielmehr bei der Einordnung als unbebautes Grundstück (§ 72 Abs. 2 Anm. 61 BewG). Ein bebautes Grundstück fällt in die Kategorie der unbebauten Grundstücke zurück, wenn im Hinblick auf die auf ihm befindlichen Gebäude in Folge der Zerstörung oder des Verfalls dauerhaft benutzbarer Raum nicht mehr vorhanden ist (§ 72 Abs. 3 Anm. 71 BewG).

 

Rz. 7

[Autor/Stand] Ein Gebäude ist erst dann i.S.d. §§ 72 und 74 BewG als benutzbar (bezugsfertig) anzusehen, wenn das ganze Gebäude benutzbar ist. Die Fertigstellung einzelner Wohnungen oder Räume reicht grundsätzlich nicht aus (vgl. auch § 72 BewG Rz. 15). Ein Grundstü...

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