rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerfreiheit der auf § 37a SGB III beruhenden Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung unter Direktanwendung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g Richtlinie 77/388/EWG

 

Leitsatz (redaktionell)

Erbringt eine Weiterbildung betreibende GmbH gegenüber den Arbeitsämtern auf der Grundlage von § 37a SGB III Leistungen zur aktiven Arbeitsförderung, die sich an Ausbildungs- und Arbeitsstellensuchende richten und diese aktiv bei der Stellensuche, dem Erstellen von individuellen Bewerbungsunterlagen, der Vor- und Nachbereitung von Bewerbungsgesprächen usw. unterstützen, kann sie sich zum Erhalt der Steuerfreiheit der Umsätze unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g Richtlinie 77/388/EWG berufen, da eine Steuerfreiheit aufgrund des UStG nach unzureichender Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in nationales Steuerrecht nicht zu erreichen ist. Die GmbH, die aufgrund der Vertragsschließung mit dem Arbeitsamt als Träger der Sozialleistungen zur Arbeitsförderung als Einrichtung mit sozialem Charakter anzusehen ist, erbringt Leistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind.

 

Normenkette

UStG 1999 § 4 Nr. 21 Buchst. a, b, Nrn. 15, 22 Buchst. a; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g; SGB III § 37a; SGB I §§ 12, 19

 

Tenor

Die Umsatzsteuer für 2002 wird unter Änderung des in Anlage zur Einspruchsentscheidung ergangenen Bescheides vom 1. Juni 2005 auf Null EUR festgesetzt.

Die Umsatzsteuerfestsetzung für 2003 wird unter Änderung des in Anlage zur Einspruchsentscheidung ergangenen Bescheides vom 1. Juni 2005 dahin geändert, dass die Umsätze der Klägerin aus den Maßnahmen nach § 37a SGB III i.H.v. 304.832 EUR steuerfrei behandelt werden. Die auf diese Umsätze entfallenden Vorsteuerbeträge sind nicht abziehbar. Soweit im Übrigen steuerpflichtige Umsätze aus sonstigen Leistungen der Klägerin verbleiben, wird die Klage abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die im Bereich der Weiterbildung tätig ist.

In ihrer für das Streitjahr 2002 im September 2003 bei dem Beklagten eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung erklärte die Klägerin ausschließlich nach § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes (in der Fassung der Jahre 2002 und 2003) – UStG – steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug in Höhe von 4.436.861 EUR und eine Abschlusszahlung von 0,00 EUR.

Anlässlich einer bei der Klägerin für die Zeiträume 2002 und 2003 durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung stellte die Prüferin in ihrem Bericht vom 28. Januar 2004 unter der Textziffer 11 fest, dass die Klägerin zur Unterstützung des Arbeitsamtes vertraglich vereinbarte Leistungen auf der Grundlage des § 37a des Dritten Sozialgesetzbuches – SGB III – erbracht hat. Da sie die Voraussetzungen eines Umsatzsteuerbefreiungstatbestandes nicht feststellen könne, betrachte sie diese Leistungen als umsatzsteuerpflichtig. Für das Streitjahr 2002 ermittelte die Prüferin steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug in Höhe von 4.097.273,00 EUR, steuerpflichtige Umsätze zu 16 v.H. in Höhe von 292.748,00 EUR und Vorsteuern in Höhe von 11.724,57 EUR. Für das Streitjahr 2003 ermittelte die Prüferin steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug in Höhe von 3.020.936,00 EUR, steuerpflichtige Umsätze zu 16 v.H. in Höhe von 336.932,00 EUR (davon 304.832 EUR aus den Maßnahmen nach § 37a SGB I und 32.100 EUR aus sonstigen steuerpflichtigen Erlösen) und Vorsteuern in Zusammenhang mit den Maßnahmen nach § 37a SGB III in Höhe von 11.707,02 EUR. Der Beklagte schloss sich dem Ergebnis der Umsatzsteuersonderprüfung an. Jeweils mit Bescheiden vom 13. Februar 2004 setzte er die Umsatzsteuer für das Kalenderjahr 2002 in Höhe von 35.115,11 EUR und für das Kalenderjahr 2003 in Höhe von 42.202,10 EUR fest. Gegen die Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 11. März 2004 Einspruch ein.

Während des Einspruchsverfahrens wegen der Besteuerung der aufgrund § 37a SGB III erbrachten Leistungen reichte die Klägerin im Dezember 2004 bei dem Beklagten eine Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr 2003 ein, in der sie die streitigen Umsätze – dem Grunde nach entsprechend den Feststellungen des Umsatzsteuer-Sonderprüfungsberichts, mit geringen Abweichungen in der Höhe – mit 342.769 EUR, steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 21 UStG von 3.022.533 EUR, Vorsteuern von 15.321,04 EUR und eine Umsatzsteuerschuld von 39.522 EUR sowie eine Erstattungsforderung von -2.680,10 EUR anmeldete. In den als steuerpflichtig erklärten Umsätzen waren neben den Umsätzen aus den Lehrgängen nach § 37a SGB III auch s...

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