Tz. 62

Stand: EL 80 – ET: 04/2014

Veräußerung iSd § 17 Abs 1 S 1 EStG ist die entgeltliche Übertragung des rechtlichen oder zumindest des wirtsch Eigentums an einer Beteiligung iSd § 17 EStG auf einen anderen Rechtsträger (s Urt des BFH v 17.10.1974, BStBl II 1975, 58; v 12.02.1980, BStBl II 1980, 494; v 10.03.1988, BStBl II 1988, 832 und v 07.03.1995, BStBl II 1995, 693). Der in § 17 Abs 1 S 1 EStG verwendete Begriff der Veräußerung ist weder mit dem zivilrechtlichen Begriff (s §§ 932, 929, 135 – 137 BGB) noch zB mit dem der §§ 6b, 16 und 23 EStG identisch (s Weber-Grellet, in Schmidt, 32. Aufl, § 17 EStG, Rn 97).

Im Gegensatz zu einer Übertragung zwischen nahen Angehörigen spricht bei Verträgen zwischen fremden Personen eine widerlegbare tats Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts, wenn die Werte der den Beteiligten nach dem Vertrag zukommenden Vorteile nicht in einem Missverhältnis zueinander stehen. Wegen Einzelheiten s Tz 76 und s Tz 239.

Zur entgeltlichen Übertragung bei Vereinbarung einer fiduziarischen Vollrechtstreuhand s Tz 194.

 

Tz. 63

Stand: EL 80 – ET: 04/2014

Der Hauptanwendungsfall des § 17 EStG ist – neben § 17 Abs 4 EStG – die Veräußerung von Anteilen sowie die Veräußerung im Wege der Zwangsversteigerung (s Urt des BFH v 10.12.1969, BStBl II 1970, 310 und s Tz 116).

Wird ein Geschäftsanteil an einer GmbH von einem iSd § 17 EStG Beteiligten auf einen Dritten mit der Verpflichtung einer Rückübertragung im Falle des Ausscheidens des Erwerbers unter Beschränkung der Abfindung auf den ab dem Erwerbszeitpunkt eintretenden Wertzuwachs zum Nominalwert übertragen, steht dies der Annahme eines Veräußerungsgeschäfts nicht entgegen. Je nach Ausgestaltung der Rückübertragungsverpflichtung kann diese jedoch als Teil der Gegenleistung zu behandeln sein, wodurch sich ein potentieller Veräußerungsverlust vermindert (s Urt des BFH v 07.03.1995, BStBl II 1995, 693).

Eine Veräußerung iSd § 17 EStG liegt auch dann vor, wenn der Erwerber der Kap-Beteiligung kurz nach Abschluss des Erwerbsgeschäfts dessen Aufhebung bzw Rückabwicklung betreibt und das Geschäft später tats rückgängig gemacht wird. Die Rückübertragung stellt ebenfalls ein Veräußerungsgeschäft iSd § 17 EStG dar. Nicht realisierbare Ersatzansprüche führen dabei uU zu einem Veräußerungsverlust. Hierzu s Urt des BFH v 21.10.1999 (BStBl II 2000, 424) und s Anm von Fischer (FR 2000, 393). UE zu Unrecht krit hierzu s Bahns (Ubg 2008, 762, 766). Wegen des Falls, in dem die Rückgewähr der empfangenen Leistungen in dem Kaufvertrag selbst angelegt ist und daher nach Ansicht des BFH ein Fall des § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO vorliegt s Tz 388.

Nach dem Urt des FG Münster v 23.02.2000 (EFG 2000, 1000; die eingelegte NZB wurde durch Beschl v 18.01.2001 als unzulässig verworfen) kann in einem iR eines gerichtlichen Vergleichs vereinbarten entgeltlichen Verzicht auf das weitere Geltendmachen einer zivilrechtlichen Forderung durch den Kläger eines Zivilrechtsstreits gegenüber anderen Gesellschaftern einer GmbH, dahingehend, dass diese es dem Kläger durch entspr Erklärungen gegenüber dem H-Reg ermöglichen, auch zivilrechtlich wirksam Gesellschafter der GmbH mit einer Beteiligung iSd § 17 EStG zu werden, eine Veräußerung von Anteilen iSd § 17 Abs 1 S 1 EStG liegen.

Zur Abgrenzung zwischen VG iSd § 17 EStG und Schmiergeldzahlung bei Gewährung einer Minderheitsbeteiligung an einer GmbH s Urt des FG Ba-Wü v 29.04.1997 (EFG 1998, 43).

Wird eine iR der Beendigung einer Zugewinngemeinschaft entstandene Ausgleichsforderung durch Übertragung einer Beteiligung iSd § 17 EStG getilgt, ist hierin uE eine entgeltliche Übertragung zu sehen (ebenso s Beschl des BFH v 30.03.2011, BFH/NV 2011, 1323); zu der Frage, ob in der Erfüllung privater Verbindlichkeiten eine entgeltliche Übertragung zu sehen ist weiter s Urt des BFH v 31.07.2002 (BStBl II 2003, 282); BFH v 16.12.2004 (BStBl II 2005, 554) und BFH v 12.07.2005 (BStBl II 2005, 843). AA s Weber-Grellet (in Schmidt, 32. Aufl, § 17 EStG, Rn 98), der Realteilungsgrundsätze anwenden will.

Keine Veräußerung ist die Zuwendung einer Beteiligung iSd § 17 EStG nach § 10b Abs 3 EStG. Auch ein sonstiger Realisationstatbestand (zB verdeckte Einlage) liegt nicht vor. Dies hatte – vor Inkrafttreten des JStG 2009 – zur Folge, dass obwohl eine Besteuerung nach § 17 Abs 2 EStG nicht stattgefunden hat, die stillen Reserven nach § 10b Abs 3 S 3 EStG aF abgezogen werden konnten, da die Zuwendung mit dem gW zu berücksichtigen war. Dies hatte insbesondere bei (Sach-)Spenden in Form einer Kap-Beteiligung an Stiftungen Bedeutung. Nach § 10b Abs 3 S 3 und 4 EStG ist die Zuwendung nunmehr nur noch mit den AK zu berücksichtigen. Die St-Verhaftung nach § 17 Abs 2 S 5 EStG (s Tz 373) setzt sich bei der stbegünstigten Kö nur dann fort, wenn die Beteiligung nicht einem Zweckbetrieb oder der Vermögensverwaltung der Kö zuzuordnen ist. Nach § 52 Abs 1 EStG idF des JStG 2009 gilt die Regelung erstmals ab dem VZ 2009.

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