Entscheidungsstichwort (Thema)

Tätigkeit auf dem Gebiet der Forschung oder Entwicklung

 

Leitsatz (NV)

1. Bei der Entscheidung über die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung sind die Erfolgsaussichten einer künftigen Revision nicht zu prüfen.

2. Werden einzelne Forschungs- und Entwicklungsaufgaben aus einem Unternehmen ausgelagert und einem anderen Unternehmen übertragen, ist ernstlich zweifelhaft, ob das auftragnehmende Unternehmen auf dem Gebiet der Forschung oder Entwicklung i. S. von § 4 Abs. 1 InvZulG a. F. tätig ist.

 

Normenkette

InvZulG 1982/1985 § 4; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin und Antragstellerin (Klägerin) ist die Untersuchung, Entwicklung und Dauererprobung von Motoren, Motorbauteilen und Betriebsstoffen in Motorprüfständen mit neuzeitlichen Prüfverfahren sowie die Entwicklung und Erprobung von Motorbaugruppen für Kraftfahrzeuge. Diese Arbeiten werden im Rahmen der Forschung und Entwicklung der auftraggebenden Firmen in der Motoren- und Mineralölindustrie sowie deren Zuliefererfirmen durchgeführt.

Die Klägerin stellte für die Jahre 1985 und 1986 (Streitjahre) Anträge auf Investitionszulage für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter gemäß § 4 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982 bzw. 1985.

Mit Bescheid vom 7. April 1986 setzte der Beklagte und Antragsgegner (das Finanzamt -- FA --) für 1985 eine Investitionszulage fest und zahlte diese aus. Die Aktenverfügung (ebenso die Auszahlungsanordnung), nicht aber der der Klägerin zugegangene Investitionszulagenbescheid, enthielt den Vermerk: "Der Bescheid ergeht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO". Für 1986 wurde mit Festsetzungsbescheid vom 27. März 1987 ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung eine Investitionszulage festgesetzt.

Bei einer Außenprüfung für die Streitjahre bemerkte das FA, daß der Bescheid für 1985 nicht den Vorbehaltsvermerk enthielt. Es erließ daraufhin am 15. November 1989 einen gemäß § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Bescheid, in dem der Vorbehalt ausgewiesen wurde.

Anläßlich der Außenprüfung stellte das FA außerdem fest, daß etwa 20 v. H. der Prüfstände der Klägerin der Erprobung von Betriebsstoffen, vornehmlich von Schmierölen, dienten. Dazu führt die Klägerin Langlaufversuche mit Prüfmotoren auf stationären Prüfständen durch, um anhand genormter Testmethoden für die Auftraggeber neu entwickelte Schmieröle und Schmiermittel auf ihr Verschleißschutzverhalten in Motoren zu erproben. Nach Auftragsdurchführung erteilt die Klägerin einen Prüfbericht unter Angabe der Testergebnisse, die in dafür vorgesehene Felder eingetragen werden, eventuell unter Beifügung von Prüfdiagrammen.

Eine gutachterliche Stellungnahme enthalten die Berichte aus Gründen der gebotenen Neutralität nicht. Die Umsetzung der Testergebnisse und die Weiterentwicklung des Endprodukts obliegen den Ölherstellern.

Die übrigen Prüfstände dienten der Erprobung von Motoren und deren Bauteilen für die Kraftfahrzeugindustrie. Nach den abgeschlossenen Rahmenverträgen führt die Klägerin auf den von ihr zur Verfügung gestellten Prüfständen und mit dem von ihr gestellten Personal Motordauerläufe nach von den Herstellern vorgegebenen Programmen und Vorschriften durch. Die Arbeitsergebnisse werden mit Entstehung Eigentum der Auftraggeber. Die Klägerin hat mitzuteilen, ob und gegebenenfalls welche schon vorhandenen eigenen Schutzrechte oder welches geheime Erfahrungswissen bei der Durchführung eines Einzelauftrags benutzt wird.

Neben den Versuchen für Dritte entfaltete die Klägerin auch eigene Tätigkeiten. Sie entwickelte -- außerhalb des Streitzeitraums -- ein ... -Gerät.

Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, die Klägerin erbringe lediglich Dienstleistungen für die Hersteller von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugbetriebsstoffen. Der überwiegende Teil ihrer Tätigkeit bestehe darin, die von den Motorenherstellern ausgelagerten Motorenprüfläufe durchzuführen. Es handele sich dabei fast ausschließlich um Dienstleistungen für Dritte ohne eigene Forschungs- und Entwicklungstätigkeit i. S. von § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. u Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Wenn im Rahmen der Forschung und Entwicklung Teilaufgaben von einem Dritten übernommen würden, müsse der Auftragnehmer -- hier die Klägerin -- selbst eine Tätigkeit zur Gewinnung neuer Erkenntnisse ausüben oder eine Neu- und Weiterentwicklung vornehmen, damit bei ihm eine Forschungs- oder Entwicklungstätigkeit angenommen werden könne. Das FA erließ dementsprechend am 6. März 1991 geänderte Investitionszulagenbescheide für die Streitjahre, mit denen es die Investitionszulage auf 0 DM festsetzte und die gewährten Beträge zurückforderte. Die hiergegen erhobenen Einsprüche blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 601 veröffentlichten Urteil ab. Die Entscheidung wurde der Klägerin am 16. Januar 1996 zugestellt. Das FG führte im wesentlichen aus:

Der Investitionszulagenbescheid für 1985 habe berichtigt werden können. Bei der unterbliebenen Übernahme des Vorbehaltsvermerks aus der Aktenverfügung in den Originalbescheid handele es sich um eine offenbare Unrichtigkeit i. S. von § 129 AO 1977. Es sei nicht erforderlich, daß diese aus dem Bescheid erkennbar gewesen sei.

Die Wirtschaftsgüter, für deren Anschaffung bzw. Herstellung Investitionszulage begehrt werde, dienten nicht im erforderlichen Umfang der Forschung und Entwicklung i. S. von § 4 Abs. 1 Satz 1 InvZulG. Dem stehe die Verwendung für andere betriebliche Zwecke, nämlich für Leistungen an fremde Auftraggeber, entgegen. Unerheblich sei, ob aus der Sicht der Auftraggeber ein Beitrag zur Forschung und Entwicklung erbracht werde. Denn begünstigt seien nur die Forschung und Entwicklung im Rahmen des eigenen Unternehmens, nicht aber die Tätigkeit für Dritte. Die Klägerin habe indes lediglich die Vorstellungen ihrer Auftraggeber anhand ihres Wissens und Könnens zu verwirklichen versucht. Sie habe damit die angeschafften Wirtschaftsgüter nicht für die eigene Forschung oder Entwicklung eingesetzt, sondern um eine Leistung für Dritte zu erbringen. Dem stehe die eigene innovative Kraft der Klägerin bei der Ausführung der Aufträge nicht entgegen.

Die Revision ließ das FG in seinem Urteil nicht zu. Hiergegen hat die Klägerin mit dem am 12. Februar 1996 eingegangenen Schriftsatz Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, der das FG mit Beschluß vom selben Tage nicht abgeholfen hat. Mit der Beschwerde macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Sie trägt im wesentlichen vor: Die Begründung des FG, die angeschafften Wirtschaftsgüter seien zulageschädlich für andere betriebliche Zwecke, nämlich für Leistungen an fremde Auftraggeber gegen Entgelt, eingesetzt worden, sei mit § 4 InvZulG nicht vereinbar. Die Industrie gehe aus Kostengründen zunehmend dazu über, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an fremde Unternehmen zu vergeben, da die dafür entstehenden Kosten geringer seien als bei der Unterhaltung einer entsprechenden eigenen Betriebsabteilung. In diesen Fällen werde bei den Auftragnehmern Forschung und Entwicklung betrieben und somit von ihnen der begünstigte Zweck erfüllt. In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei noch nicht geklärt, ob eine Forschungs- und Entwicklungstätigkeit für Dritte gegen Entgelt zulageschädlich sei. Für ihre, der Klägerin, Auftraggeber sei es unerheblich, ob ihnen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung im eigenen Unternehmen entstünden oder durch Vergütungen an fremde Erprobungsunternehmen. Lehne man bei einer Vergabe der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an Dritte die Gewährung einer Investitionszulage ab, entfalle die Förderung trotz ausschließlicher Widmung der ein gesetzten Anlagen für Forschung und Entwicklung. Es entspreche indes dem Gesetzeszweck, demjenigen, der die für die Forschung und Entwicklung erforderlichen Anlagen anschaffe und sie entsprechend nutze, die Zulage zu gewähren. Der Ausschluß von der Förderung würde zu dem Gesetzeszweck widersprechenden Preiserhöhungen führen.

Mit einem bereits am 9. Februar 1996 beim FG eingegangenen und an dieses adressierten Schriftsatz hat die Klägerin auch die Aussetzung der Vollziehung der Änderungsbescheide vom 6. März 1991 gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zum Abschluß des Hauptverfahrens vor dem BFH beantragt. Sie verweist zur Begründung auf die Nichtzulassungsbeschwerde, aus der sich ergebe, daß Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide beständen. Das FG leitete den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung formlos an den BFH weiter, wo er am 19. Februar 1996 einging.

Das FA ist dem Antrag mit der Begründung entgegen getreten, die Beschwerde habe keine Aussicht auf Erfolg. Es hat auch schon zuvor einen bei ihm -- ebenfalls am 9. Februar 1996 -- gestellten Antrag abgelehnt.

Dem im Einspruchsverfahren gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hatte das FA entsprochen. Die Aussetzung endete am 16. Februar 1996 (einen Monat nach Zustellung des FG-Urteils). Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin hatte das FA aber bereits unter dem 24. Januar 1996 zum Ausdruck gebracht, daß es die gewährte Aussetzung im Hinblick auf das am 15. Dezember 1995 verkündete FG-Urteil nicht verlängere.

Mit Beschluß vom heutigen Tage hat der Senat der Nichtzulassungsbeschwerde stattgegeben.

 

Entscheidungsgründe

Der beim BFH am 19. Februar 1996 eingegangene Antrag hat Erfolg.

1. Er ist zulässig.

a) Dem steht nicht entgegen, daß die Klägerin ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vor der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und der Entscheidung darüber beim FG gestellt hat. Es ist zwar fraglich, ob das FG oder der BFH in der Zeit vom Erlaß der erstinstanzlichen Hauptsacheentscheidung bis zur Einlegung des Rechtsmittels (zwischen den Instanzen) für die Aussetzung der Vollziehung zuständig ist (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl, § 69 Anm. 126). Doch gelangte der Aussetzungsantrag über das FG nach dessen Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde an den BFH als Gericht der Hauptsache und damit an das für die Entscheidung über den Aussetzungsantrag nunmehr zuständige Gericht (BFH-Beschluß vom 25. Februar 1993 I S 2/92, BFH/NV 1993, 674).

b) Auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 69 Abs. 3 FGO i. d. F. vor Inkrafttreten des FGO-Änderungsgesetzes (FGO- ÄndG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2109) i. V. m. Art. 3 § 7 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) sind im Streitfall gegeben. Wie die Klägerin unwidersprochen angegeben hat, hatte das FA unter dem 24. Januar 1996 zu erkennen gegeben, daß es die Vollziehung nicht über den 16. Februar 1996 hinaus verlängern werde (Art. 3 § 7 Abs. 1 Nr. 1 VGFGEntlG). Gemäß Art. 7 FGO- ÄndG richtet sich die Zulässigkeit des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung nach Art. 3 § 7 VGFGEntlG, da die angefochtenen Bescheide im März 1991, somit vor dem Inkrafttreten des FGO-ÄndG am 1. Januar 1993 (Art. 9 FGO-ÄndG) bekanntgegeben worden sind.

2. Der Antrag ist auch begründet.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Eine besondere Härte wird im Streitfall nicht geltend gemacht. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sind zu bejahen, wenn bei der summarischen Prüfung des Bescheides anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (BFH-Beschluß vom 12. November 1992 XI B 69/92, BFHE 170, 106, BStBl II 1993, 263, m. w. N.). Der Erfolg braucht jedoch nicht wahrscheinlicher zu sein als der Mißerfolg, insbesondere brauchen nicht erhebliche Zweifel in dem Sinne zu bestehen, daß eine Aufhebung des Verwaltungsakts mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Vielmehr genügt es, daß der Erfolg des Rechtsbehelfs in dem summarischen Verfahren ebensowenig auszuschließen ist wie sein Mißerfolg (BFH-Beschluß vom 14. November 1989 VII B 124/89, BFH/NV 1990, 279, m. w. N.). In diesem Sinne ergeben sich hier ernstliche Zweifel.

a) Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, daß der Senat der von der Klägerin erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde stattgegeben hat. Wird mit der Beschwerde -- wie hier -- die grundsätzliche Bedeutung der Sache dargelegt, ist im Beschwerdeverfahren lediglich zu prüfen, ob der aufgeworfenen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Erfolgsaussichten einer künftigen Revision sind bei der Entscheidung über die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zu berücksichtigen (Gräber/Ruban, a. a. O., § 115 Anm. 35).

b) Bei der gebotenen überschlägigen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Änderungsbescheide.

Für die Gewährung einer Investitionszulage nach § 4 InvZulG ist Voraussetzung, daß die abnutzbaren (hier) beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter in vollem Umfang oder zu mehr als 66 2/3 v. H. ausschließlich der Forschung und Entwicklung i. S. des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. u Satz 4 EStG dienen (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 InvZulG). Der Forschung und Entwicklung i. S. des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. u Satz 4 EStG dienen Wirtschaftsgüter, wenn sie verwendet werden.

aa) zur Gewinnung von neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen und Erfahrungen allgemeiner Art (Grundlagenforschung) oder

bb) zur Neuentwicklung von Erzeugnissen oder Herstellungsverfahren oder

cc) zur Weiterentwicklung von Erzeugnissen oder Herstellungsverfahren, soweit wesentliche Änderungen dieser Erzeugnisse oder Verfahren entwickelt werden.

Nach der Auffassung des FG ist die Klägerin -- dem Grunde nach -- auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung tätig. Sie leistet aus der Sicht ihrer Auftraggeber bzw. aus gesamtwirtschaftlicher Sicht einen entsprechenden Beitrag. Denn sie erbringt für ihre Auftraggeber einen Teil der Arbeiten, die, wenn sie nicht an darauf spezialisierte Unternehmen vergeben würden, von den auftraggebenden Unternehmen selbst in ihren eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen durchgeführt werden müßten. Nach der Rechtsmeinung des FG liegt gleichwohl bei der Klägerin -- aus deren vom FG für maßgeblich gehaltenen Sicht -- keine Forschungs- und Entwicklungstätigkeit vor, weil sie diese Tätigkeit gegen Entgelt erbringt und deshalb bei ihr keine (eigene) Forschung und Entwicklung vorliege, sondern eine auf die Herstellung einer verkaufbaren Leistung gerichtete Betätigung.

Dieses Ergebnis ist indes nicht frei von ernstlichen rechtlichen Zweifeln. Zum einen liegt keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage vor, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung im Auftrage eines Dritten nach § 4 InvZulG zulagebegünstigt sein kann.

Die vom FG vorgenommene einschränkende Auslegung läßt sich nicht ohne weiteres aus dem Gesetz entnehmen. Vielmehr bietet der Zweck der Regelung, Forschung und Entwicklung zu fördern, deutliche Anhaltspunkte dafür, daß die Auslagerung einzelner Forschungs- und Entwicklungsaufgaben aus einem Unternehmen auf ein anderes Unternehmen der Zulagebegünstigung bei dem auftragnehmenden Unternehmen nicht entgegensteht. Im übrigen steht das FG-Urteil auch in Widerspruch zur Auffassung der Finanzverwaltung, nach der grundsätzlich auch im Dienstleistungsbereich ausgeführte Arbeiten als Entwicklung oder Forschung zu beurteilen sein können (s. z. B. Abschn. 234 Abs. 2 Satz 10 der Einkommensteuer-Richtlinien 1987).

Zum anderen erscheint dem Senat das finanzgerichtliche Urteil insoweit nicht ganz frei von Widersprüchen, als das FG einerseits davon ausgeht, die Klägerin habe keine -- eigene -- Forschung und Entwicklung betrieben, weil sie lediglich nach von ihren Auftraggebern vorgegebenen Prüfprogrammen tätig geworden sei. Andererseits führt das FG jedoch auch aus, die Klägerin habe dabei ihr eigenes Wissen und Können und hohe innovative Kraft eingesetzt, Gesichtspunkte, die auf eine selbständige Forschungs- und Entwicklungstätigkeit hinweisen können.

Bei der gebotenen überschlägigen Prüfung bestehen allerdings keine Bedenken gegen die Entscheidung des FG hinsichtlich der Berichtigung des ursprünglichen Bescheides für das Jahr 1985 nach § 129 AO 1977. Bei der Unterlassung der Übernahme des Vorbehaltsvermerks aus der Aktenverfügung in den Bescheid handelt es sich bei summarischer Prüfung um eine offenbare Unrichtigkeit, die gemäß § 129 AO 1977 berichtigt werden konnte. Es ist nicht erforderlich, daß die Unrichtigkeit aus dem Bescheid erkennbar ist (z. B. BFH-Urteile vom 28. Oktober 1992 II R 111/89, BFH/NV 1993, 637, und vom 17. Februar 1993 X R 47/91, BFH/NV 1993, 638).

 

Fundstellen

Haufe-Index 421783

BFH/NV 1997, 262

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge