Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewohnen im Sinne des GrEStEigWoG - Stromverbrauch nur Indiz

 

Leitsatz (NV)

1. Zu den Voraussetzungen des Bewohnens im Sinne des GrEStEigWoG.

2. Der Umstand, daß während des maßgeblichen Eigennutzungszeitraums tatsächlich kein Strom verbraucht wurde, kann nicht mehr als nur ein Indiz dafür sein, daß die Wohnung oder das Haus nicht oder jedenfalls nicht in dem erforderlichen Umfang eigengenutzt wurde. Das gegen die Eigennutzung sprechende Indiz des fehlenden Stromverbrauchs entbindet das FG nicht davon, alle Umstände des Bewohnens zu ermitteln und dazu auch die zum Bewohnen benannten Zeugen zu vernehmen.

3. Offenkundig und deshalb gemäß § 291 ZPO keines Beweises bedürftig sind nur solche Tatsachen, die allgemeinkundig oder gerichtskundig sind, d.h. vom FG selbst amtlich wahrgenommen wurden.

 

Normenkette

GrEStEigWoG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 2 Nr. 2; FGO § 76 Abs. 1 S. 1; ZPO § 291

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) kaufte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 23. April 1979 ein in A, X-Straße gelegenes Grundstück mit einem Zweifamilienhaus zum Kaufpreis von 365000 DM. Von dem vereinbarten Kaufpreis entfiel ein Teilbetrag von 44100 DM auf miterworbenes Zubehör. Antragsgemäß stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Grunderwerb vorläufig nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des früheren Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG) von der Grunderwerbsteuer frei und setzte nur wegen des den Freibetrag von 300000 DM übersteigenden Teils des Kaufpreises (23354 DM) durch Bescheid vom 22. Oktober 1979 Grunderwerbsteuer in Höhe von 1634,70 DM gegen den Kläger fest.

Am 29. Mai 1981 teilte der Kläger dem FA schriftlich mit, seine Eltern hätten die Erdgeschoßwohnung des Hauses am 1. August 1980 bezogen und bewohnten diese seitdem. Hierzu legte der Kläger auch eine Ummeldebestätigung der Gemeinde A vor.

Aufgrund von Ermittlungen der Steuerfahndung gelangte das FA zu der Auffassung, die Eltern des Klägers hätten die Erdgeschoßwohnung tatsächlich nicht bewohnt und setzte durch Bescheide vom 15. Dezember 1988 Grunderwerbsteuer (21000 DM) und Zinsen (6195 DM) gegen den Kläger fest.

Der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung stützte sich das FA u.a. auch auf eine Rechnung des Stromversorgungsunternehmens vom 8. Dezember 1980 für die Zeit vom 1. August 1980 bis zum 3. Dezember 1980, aus der sich ein Stromverbrauch in der Wohnung des Klägers nicht ergibt.

Mit der Klage trug der Kläger vor, seine Eltern hätten in dem Zeitraum von August 1980 bis Juli 1981 die Erdgeschoßwohnung in seinem Haus in A, X-Straße innegehabt. Sie hätten wegen einer schweren Erkrankung seines Vaters und der damit im Zusammenhang stehenden Pflegebedürftigkeit in der Nähe ihrer Kinder sein wollen. Deswegen seien sie unter Beibehaltung ihrer Wohnung in D zunächst in eine Wohnung in dem von ihm, dem Kläger und seiner Familie bewohnten Haus in A, Z-Straße gezogen. Als dann nach dem Auszug der Eheleute R aus der Erdgeschoßwohnung des Hauses in A, X-Straße im Juli 1980 eine größere Wohnung freigeworden sei, seien seine Eltern dort eingezogen. 1982 habe sich eine Besserung eingestellt, so daß seine Eltern sich noch eine kurze Zeit lang in ihrer Wohnung in D hätten aufhalten können. Während der Zeit der Nutzung der Wohnung im Hause A, X-Straße habe sich sein Vater wiederholt in stationärer Krankenhausbehandlung in D befunden. In diesen Zeiten habe seine Mutter sich auch in D aufgehalten. Für die Tatsache des Bezuges sowie des tatsächlichen Umfangs des Bewohnens der Wohnung durch seine Eltern hat der Kläger Beweis angeboten durch Vernehmung seiner Ehefrau, seines Sohnes, seines Bruders sowie des evangelischen Pastors in A.

Die Angaben der früheren Mieterin der Dachgeschoßwohnung, die Wohnung habe in dem fraglichen Zeitraum leergestanden, seien falsch. Die Mieterin habe ihre Wohnung zwangsweise räumen müssen, nachdem sie über Monate keine Miete bezahlt habe. Darüber hinaus habe die frühere Mieterin an dem Stromzähler Manipulationen zur Stromüberbrückung vorgenommen. Auf seine Veranlassung hin hätten Firmen im Dezember 1980 oder im Januar 1981 eine Überprüfung vorgenommen und dabei festgestellt, daß die Meßeinrichtungen nicht einwandfrei funktionierten. Zum Beweis hierfür berief sich der Kläger auf das Zeugnis der Geschäftsführer der Firmen.

Der Kläger befand sich seit April 1991 in Haft. Das Finanzgericht (FG) hat mündliche Verhandlung auf den 5. Februar 1992 anberaumt. Die Ladung ging dem Kläger am 16. Januar 1992 zu. Am 21. Januar 1992 wandte sich der Kläger schriftlich an das FG mit der Bitte, den Verhandlungstermin zu verlegen. Er sehe sich außerstande, sich in dem erforderlichen Umfang auf die mündliche Verhandlung vorzubereiten, da ihm überhaupt keine Unterlagen zur Verfügung ständen und er wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens auch keine Möglichkeit habe, Unterlagen zu beschaffen. Er beantrage deshalb Akteneinsicht und - solange dies nicht erfolgt sei - den Verhandlungstermin aufzuheben. Daraufhin teilte der zuständige Senatsvorsitzende dem Kläger mit, Gründe, den Verhandlungstermin aufzuheben oder zu verlegen, bestünden nicht. Die Klage sei aus der Sicht des Senats schon seit etlicher Zeit entscheidungsreif. Er habe jedoch veranlaßt, die wesentlichen Teile der Prozeßakte zu fotokopieren und sie dem Kläger als Gedächtnisstütze zur Verfügung zu stellen. Das Strafverfahren dürfe nicht dazu führen, daß entscheidungsreife Prozesse auf unabsehbare Zeit unerledigt blieben, zumal der Kläger durch die Untersuchungshaft im Unterschied zu berufstätigen Bürgern Gelegenheit habe, sich ausschließlich auf seine Rechtsangelegenheit zu konzentrieren.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung war der Kläger zunächst gefesselt. Erst auf Antrag seines Prozeßbevollmächtigten und nach Rückfrage bei der Vorsitzenden der Strafkammer wurden dem Kläger die Handfesseln abgenommen. Im übrigen überreichte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers im Termin einen Schriftsatz, in dem er seinen bisherigen Vortrag zusammengefaßt und insbesondere zur Nutzung der Wohnung durch die Eltern des Klägers früheren Zeugenbeweis wiederholt hat.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GrEStEigWoG nicht erfüllt. Die Behauptung, seine Eltern hätten in der Erdgeschoßwohnung ein Jahr lang gewohnt, könne nicht richtig sein. Aufgrund der Abrechnung des Stromversorgungsunternehmens vom 8. Dezember 1980 steht fest, daß in der Zeit vom 1. August bis zum 3. Dezember 1980 in der Wohnung kein Strom verbraucht worden sei. Ein Fehler der Zähleranlage habe nicht bestanden, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst erklärt habe. Dies ergebe sich im übrigen auch aus den vom Senat eingeholten Auskünften. Danach stehe fest, daß der Stromverbrauch nicht geschätzt worden sei und eine Reparaturbedürftigkeit des Zählers nicht bestanden habe. Aufgrund dieser Tatsache sei es ausgeschlossen, daß in dieser Wohnung jemand gewohnt habe. Dies sei offenkundig. Deshalb habe der Senat auch den Beweis angeboten des Klägers zur Vernehmung seiner Ehefrau, seiner Söhne, seines Bruders und des Pastors nicht folgen müssen. Nach den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen sei nämlich eine Gegenbehauptung mit Zeugen und Beweisantritt hier deshalb ausgeschlossen, weil sie sich gegen einen durch Offenkundigkeit erwiesenen Umstand richten würde.

Die Steuer sei auch nicht verjährt, da die Festsetzungsfrist im Streitfall zehn Jahre betrage. Denn der Kläger habe sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung i.S. des § 370 der Abgabenordnung (AO 1977) erfüllt. Seine Erklärung, seine Eltern hätten in dem Haus in der Zeit vom 1. August 1980 an gewohnt, sei falsch. Aus der Stromrechnung ergebe sich eindeutig, daß die Wohnung nicht bewohnt worden sei. Die falsche Angabe habe dazu dienen sollen, das FA zu veranlassen, von einer Steuernacherhebung abzusehen. Es bestünden nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, daß sich der Kläger über die steuerlichen Folgen seines Tuns im unklaren gewesen sei. Vielmehr habe er bewußt und gewollt dem FA die Unwahrheit unterbreitet, um dieses von der Nacherhebung der Grunderwerbsteuer abzuhalten.

Hiergegen richtet sich die vom Senat auf die Beschwerde des Klägers zugelassene Revision.

Das FG habe sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt, weil es seinem Antrag, den Verhandlungstermin aufzuheben, nicht entsprochen habe. Er habe bedingt durch die Untersuchungshaft keine ausreichende Möglichkeit gehabt, sich auf den Termin vorzubereiten. Verletzt sei sein Recht auf rechtliches Gehör auch dadurch, daß er nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung für ca. 30 Minuten in Handfesseln gelegt gewesen sei. Er sei dadurch nicht in der Lage gewesen, sich sachdienlich zur Sache zu äußern. Mit der Stellung des Sachantrags sei auf diese Verfahrensrüge nicht verzichtet worden, weil er hilfsweise beantragt habe, das Verfahren bis zur Entscheidung des Landgerichts im Strafverfahren auszusetzen. Das angegriffene Urteil beruhe auch auf dieser Rechtsverletzung. Er brauche nicht vorzutragen, was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte. Es reiche hier aus, daß der Verstoß den gesamten Streitstoff erfasse.

Verletzt sei sein Recht auf rechtliches Gehör auch, weil ihm nur unzureichende Gelegenheit gegeben worden sei, Akteneinsicht zu nehmen. Sein Prozeßbevollmächtigter habe zwar kurz vor dem Termin Akteneinsicht erhalten. Dies sei aber nicht ausreichend gewesen, da dieser mit dem Sach- und Streitstand nicht genügend vertraut gewesen sei. Zur ordnungsgemäßen Prozeßführung hätte ihm, dem Kläger, Akteneinsicht gewährt werden müssen.

Das FG habe ferner verfahrensfehlerhaft Beweisanträge übergangen. Der Kläger habe zum Beweis für die Vermietung der Wohnung und die Nutzung der Wohnung durch seine Eltern Beweis angetreten durch verschiedene Zeugen. Diese habe das FG hören müssen. Es habe zudem fehlerhaft angenommen, es sei eindeutig, daß in der Zeit bis zum 3. Dezember 1980 kein Strom verbraucht worden sei. Der Kläger habe unter Beweisantritt behauptet, bei der Stromabrechnung habe es sich um eine Schätzung des Stromunternehmens gehandelt.

Im übrigen habe er die Voraussetzungen für die beantragte Steuerbefreiung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStEigWoG erfüllt. Die Erdgeschoßwohnung sei in dem fraglichen Zeitraum an seine Eltern vermietet gewesen und von diesen auch bewohnt worden. Auf den Umfang des Bewohnens komme es nicht an, da alleine die Vermietung an seine Eltern ausreiche.

Das FG habe ferner keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, daß er, der Kläger, eine vorsätzliche Steuerhinterziehung begangen habe. Zumindest fehle ihm der Vorsatz, da er immer der Meinung gewesen sei und auch dargetan habe, für die Frage der Grunderwerbsteuer komme es nicht auf die tatsächliche Nutzung der Wohnung, sondern auf die Vermietung derselben an.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Vermietung der Wohnung an die Eltern des Klägers reiche nicht aus, vielmehr müsse diese von den Eltern des Klägers auch tatsächlich ein Jahr lang ununterbrochen bewohnt worden sein. Hierzu habe der Kläger unterschiedliche, sich gegenseitig widersprechende Angaben gemacht.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Senat kann offenlassen, ob das finanzgerichtliche Urteil wegen der vom Kläger gerügten Verletzung des rechtlichen Gehörs durch unzureichende Akteneinsicht bzw. Fesselung des Klägers während der mündlichen Verhandlung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen und deshalb aufzuheben ist, denn die Revision ist bereits mangels zureichender tatsächlicher Feststellungen durch das FG begründet. Die Vorentscheidung verstößt darüber hinaus gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Rüge des Klägers, das FG habe sein Beweisangebot hinsichtlich der Nutzung der Wohnung durch seine Eltern nicht übergehen dürfen, greift durch.

1. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um den Steuerfall abschließend beurteilen zu können. Die Entscheidung des Streitfalles hängt nämlich u.a. davon ab, ob der Kläger die Voraussetzungen für die Steuerbefreigung nach dem früheren § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG erfüllt und - im Hinblick auf den Ablauf der regulären Festsetzungsfrist - ob er den objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 AO 1977 erfüllt hat.

Entscheidend ist danach u.a., ob der Kläger, sein Ehegatte oder einer seiner Verwandten in gerader Linie mindestens eine Wohnung des Zweifamilienhauses innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach dem Erwerb mindestens ein Jahr lang ununterbrochen bewohnt haben. Ausreichende Feststellungen zum Bewohnen der Wohnung durch die Eltern des Klägers hat das FG aber nicht getroffen. Bewohnen i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG ist nämlich ein tatsächlicher Vorgang, der vom erkennenden Senat in seiner Entscheidung vom 11. Februar 1981 II R 131/80 (BFHE 132, 490, BStBl II 1981, 330) dahingehend beschrieben wurde, daß eine Wohnung dann bewohnt wird, wenn der Inhaber (oder die sonst berechtigte Person) in ihr sein Heim hat. Ununterbrochenes Bewohnen erfordert nicht ständige Anwesenheit, es genügt, wenn der Inhaber mit gewisser Regelmäßigkeit und in kürzeren Zeitabständen in die Wohnung zurückkehrt. Das Bewohnen besteht somit aus einer Vielzahl von Einzeltatsachen, die sich über einen längeren Zeitraum beginnend mit dem Einzug und endend mit dem Auszug zugetragen haben und die einer Gesamtwürdigung bedürfen. Derartige Tatsachen hat das FG nicht festgestellt. Die vom FG ausgesprochene Rechtsfolge wird durch seine tatsächlichen Feststellungen nicht gedeckt. Das Urteil beruht deshalb auf einem Mangel in der Urteilsfindung und ist wegen fehlerhafter Anwendung sachlichen Rechts aufzuheben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. August 1986 I R 87/83, BFHE 147, 521, BStBl II 1987, 75).

2. Das FG hätte die vom Kläger mehrfach angebotenen Beweismittel hinsichtlich des tatsächlichen Bewohnens der streitigen Wohnung durch dessen Eltern nicht übergehen dürfen. Die Behauptung des Klägers, seine Eltern hätten von August 1980 bis Juli 1981 in der Erdgeschoßwohnung des von ihm erworbenen Zweifamilienhauses gewohnt, ist - auch nach Auffassung des FG - entscheidungserheblich.

Das FG durfte bei seiner Entscheidung nicht allein auf den sich aus der Abrechnung des Stromversorgungsunternehmens vom 8. Dezember 1980 für die Zeit vom 1. August bis zum 3. Dezember 1980 ergebenden Stromverbrauch (0 kWh) abstellen und es deswegen als offenkundig ansehen, daß in der fraglichen Zeit niemand in der Wohnung gewohnt habe. Denn das Nichtbewohnen durch die Eltern des Klägers ist nicht offenkundig, nämlich weder allgemeinkundig noch gerichtskundig. Das FG hat diese Tatsache nicht selbst amtlich wahrgenommen, sondern dies lediglich im Wege einer Beweiswürdigung aus dem fehlenden Stromverbrauch geschlossen. Es hat damit die Voraussetzungen seines verfahrensmäßigen Vorgehens falsch beurteilt und zu Unrecht unter Berufung auf § 291 der Zivilprozeßordnung (ZPO) die Erhebung der vom Kläger angeobtenen Beweise abgelehnt.

Die Stromrechnung für die Zeit vom 1. August bis 3. Dezember 1980 reicht im Streitfall auch allein nicht aus, um zu der sicheren Erkenntnis zu gelangen, die Eltern des Klägers hätten die Wohnung nicht in dem vom Kläger behaupteten Zeitraum im Sinne des GrEStEigWoG bewohnt. Denn zum einen hat der Kläger Tatsachen (z.B. Manipulationen am Stromzähler durch andere Mietpartei) vorgetragen und unter Beweis gestellt, aus denen sich - soweit diese Behauptungen zutreffen - erhebliche Zweifel ergeben können, ob die Stromabrechnung den tatsächlichen Stromverbrauch in dem maßgeblichen Zeitraum wiedergibt, und ferner behauptet, bei der Stromabrechnung handele es sich um eine Schätzung des Stromversorgungsunternehmens. Selbst wenn zuträfe, daß in dem Zeitraum vom 1. August bis 3. Dezember 1980 in der Wohnung des Klägers tatsächlich kein Strom verbraucht wurde, könnte dies zum anderen aber nicht mehr als nur ein mögliches Indiz dafür sein, daß die Wohnung nicht oder jedenfalls nicht im ausreichenden Umfang genutzt wurde. Das gegen das Bewohnen durch die Eltern des Klägers sprechende Indiz des fehlenden Stromverbrauchs entbindet das FG (auch im Hinblick auf die dem Kläger vorgeworfene Steuerhinterziehung; vgl. unten Ziff.3) nicht davon, alle Umstände des Bewohnens zu ermitteln und dazu auch die vom Kläger zum Bewohnen durch seine Eltern benannten Zeugen zu vernehmen. Durch seine Argumentation nimmt das FG in unzulässiger Weise das Ergebnis der Beweisaufnahme vorweg. Welchen Inhalt und welches Gewicht die Bekundungen der Zeugen haben, kann erst beurteilt werden, wenn die Beweisaufnahme durchgeführt ist. Erst im Rahmen der nach Durchführung der Beweisaufnahme vorzunehmenden Beweiswürdigung kann geprüft werden, ob dem Stromverbrauch als sicheres Beweismittel möglicherweise ein höherer Stellenwert zukommt.

3. Die Vorentscheidung ist danach aufzuheben und die Sache wegen fehlender Spruchreife zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG wird die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Tatsachenfeststellungen nachzuholen haben und die angebotenen Zeugenbeweise erheben müssen. Dabei sind - soweit noch möglich - alle Umstände des Bewohnens durch die Eltern des Klägers zu ermitteln, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Steuerbefreiungsvorschrift des § 1 Satz 1 Nr. 2 GrEStEigWoG, sondern auch bezüglich einer möglichen Steuerhinterziehung des Klägers. Sollte das FG nämlich feststellen, daß die Voraussetzungen für die beantragte Steuerbefreiung nach dem GrEStEigWoG nicht gegeben sind, weil z.B. der Umfang des Bewohnens durch die Eltern des Klägers nicht ausreichte oder der Sachverhalt wegen der zeitlich weit zurückliegenden Umstände nicht mehr aufklärbar ist, bedeutet dies nämlich nicht zugleich auch, daß der Kläger den objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt hat. Denn anders als bei der Frage der Steuervergünstigung nach dem GrEStEigWoG (vgl. § 2 Nr. 2 GrEStEigWoG) trägt hinsichtlich der Steuerhinterziehung das FA die Darlegungs- und Feststellungslast dafür, daß der Kläger die Steuervergünstigung tatsächlich zu Unrecht in Anspruch genommen hat. Bestehenbleibende Zweifel gehen zu Lasten des FA. Das FG wird insoweit auch zu prüfen haben, ob der Kläger aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse (Erkenntnisse, Erfahrungen, Grad seiner allgemeinen Einsichtsfähigkeit) angesichts des tatsächlichen Umfangs des Bewohnens seiner Wohnung durch seine Eltern dem FA gegenüber erklären durfte, seine Eltern bewohnten seit dem 1. August 1980 eine Wohnung seines Zweifamilienhauses, oder ob er sich bewußt sein mußte, mit seinem Verhalten eine strafbare Steuerverkürzung herbeizuführen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419407

BFH/NV 1994, 404

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