Beteiligung an den Kosten der Lebensführung

Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung des Haupthausstands darf nicht erkennbar unzureichend sein. Ob dies der Fall ist, bedarf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Eine bestimmte betragliche Grenze sieht das Gesetz nicht vor, ebenso wenig ist eine laufende Beteiligung erforderlich.

Hintergrund: Doppelte Haushaltsführung bei unentgeltlicher Wohnung im Elternhaus

A unterhält seit 2013 eine angemietete Zweizimmerwohnung in B. Von dort fährt er täglich zu seiner Arbeitsstelle.

Zudem bewohnt A (gemeinsam mit seinem Bruder) unentgeltlich eine Wohnung im Obergeschoss seines Elternhauses in X. Die Räume sind nicht baulich getrennt von der Wohnung im Erdgeschoss, sondern über das Treppenhaus frei zugänglich.

Im Streitjahr 2015 kaufte A für sich und seinen Bruder Lebensmittel und Getränke für 1.400 EUR. Im Dezember 2015 überwies er zudem 1.200 EUR für "Nebenkosten/Telekommunikation" sowie 550 EUR für "Anteil neue Fenster" auf ein Konto seines Vaters.

A beantragte für 2015 die Berücksichtigung von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung (Kosten der Zweitwohnung in B sowie der Familienheimfahrten).

Das FA lehnte dies mit dem Hinweis ab, eine ausreichende finanzielle Beteiligung am gemeinsamen Haushalt (Eltern und Brüder) in X sei nicht nachgewiesen. Die Lebensmitteleinkäufe beträfen den eigenen Bedarf und die Einmalzahlungen im Dezember 2015 könnten nicht auf das gesamte Jahr rückbezogen werden.

Das FG vertrat eine großzügigere Auffassung und gab der Klage statt. A habe sich mit den Lebensmittel- und Getränkeeinkäufen sowie mit den Einmalzahlungen ausreichend an den Kosten des Mehrgenerationenhaushalts finanziell beteiligt.

Entscheidung: Auseichende finanzielle Beteiligung an der Hauptwohnung

Der BFH bestätigte das FG-Urteil und wies die Revision des FA zurück. Eine finanzielle Beteiligung an der Haushaltsführung setzt nicht die Überschreitung einer bestimmten betraglichen Grenze voraus und kann auch bei Einmalzahlungen am Jahresende anerkannt werden.

Rechtslage

Durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (UntStRefG) wurde als Voraussetzung einer doppelten Haushaltsführung der Begriff des eigenen Hausstands erstmals im Gesetz definiert. Neben dem schon bisher von der Rechtsprechung geforderten Innehaben einer Wohnung wurde das Erfordernis einer finanziellen Beteiligung an den Kosten der Lebensführung in der Hauptwohnung hinzugefügt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG). Dieser (zusätzlichen) Voraussetzung hatte der BFH zuvor lediglich eine Indizfunktion für das Vorliegen eines eigenen Hausstands beigemessen (BFH v. 16.1.2013, VI R 46/12, BStBl II 2013, S. 627, Rz. 11).

Finanzielle Beteiligung an den Haushaltskosten

Dazu zählen vor allem die Kosten für die Nutzung des Wohnraums (z.B. Miete mit Nebenkosten) sowie die sonstigen Kosten der Haushaltsführung (z.B. für Lebensmittel, Zeitung, Telekommunikation). Nicht umfasst sind dagegen Aufwendungen für Kleidung, Urlaub, Freizeitgestaltung, PKW und Gesundheitsvorsorge. Die Regelung enthält keine betragsmäßige Voraussetzung und verlangt auch nicht laufende (mietgleiche) Zahlungen. Deshalb kann eine Haushaltsbeteiligung auch bei Einmalzahlungen anerkannt werden, und zwar auch dann, wenn sie erst am Jahresende geleistet werden (so schon BFH v. 16.12.1983, VI R 3/81, BStBl II 1984, S .521). Eine Haushaltsbeteiligung in sonstiger Form (z.B. durch Arbeiten im Haushalt) genügt jedoch nicht.

Ausreichende finanzielle Beteiligung

Die finanzielle Beteiligung an den Kosten des Haupthausstands darf "nicht erkennbar unzureichend" sein (BFH v. 2.9.1977, VI R 114/76, BStBl II 1978, S. 26). Das ist aufgrund einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Als Vergleichsmaßstab dienen die jährlich tatsächlich entstandenen Haushalts- und sonstigen Lebenshaltungskosten. Diese sind darzulegen und ggf. nachzuweisen. Wird – wie im Streitfall – eine Wohnung unentgeltlich überlassen, entstehen insoweit keine Kosten, an denen sich der Steuerpflichtige beteiligen könnte.

Eigener Hausstand

Das FG ging von einem Mehrgenerationenhaushalt im Sinne eines gemeinsamen Haushalts der Brüder und der Eltern aus. Insoweit widerspricht der BFH dem FG-Urteil. Denn die Brüder bewohnten nur die Wohnung im Obergeschoss als eigenen Hausstand, während die Eltern das Erdgeschoss nutzten. Dass die Wohnung im Obergeschoss nicht gegenüber der Wohnung im Erdgeschoss baulich abgeschlossen ist, spielt für das Vorliegen eines eigenen Hausstands keine Rolle. Es fehlt jedenfalls an einem "gemeinsames Wirtschaften" in einer Haushaltsgemeinschaft.

Revision des FA unbegründet

Da die Wohnung von den Eltern unentgeltlich überlassen wurde, stellte sich nur noch die Frage, ob in der Übernahme der Lebensmittel- und Getränkeeinkäufe durch X eine "nicht erkennbar unzureichende" finanzielle Beteiligung an den Kosten des Hausstands gesehen werden kann. Das hat der BFH angesichts der (laufenden) Ausgaben des X für Lebensmittel und Getränke von rund 1.400 EUR bejaht und damit die Revision des FA zurückgewiesen. 

Nach BMF v. 25.11.2020 (BStBl I 2020, S .1228, Rz. 101) muss die finanzielle Beteiligung über die Bagatellgrenze von 10 % hinausgehen. Wichtig ist zudem der Hinweis des BFH, dass laufende Zahlungen nicht erforderlich sind, so dass auch Einmalzahlungen (auch am Jahresende) berücksichtigt werden können.   

Hinweis: Nachweispflicht

Als Vergleichsmaßstab für eine nicht erkennbar unzureichende Beteiligung dienen die im Jahr tatsächlich entstandenen Haushalts- und sonstigen Lebenshaltungskosten. Diese hat der Steuerpflichtige darzulegen und ggf. nachzuweisen. Für die Wohnkosten (einschließlich Betriebskosten) sowie für die regelmäßig anfallenden Haushaltskosten (z.B. Strom, Fernsehen, Telefon) und für außergewöhnliche Kosten (z.B. Renovierungsaufwendungen, größere Anschaffungen) ist dies möglich und zumutbar. In schwankender Höhe anfallende Kosten (Lebensmittel, Haushaltsbedarf) können geschätzt werden. Ab 2016 richtete die Familie ein "Haushaltskonto" ein, auf das A und sein Bruder monatlich 100 EUR bzw. 150 EUR überweisen. Die Eltern zahlen monatlich 200 EUR bis 250 EUR ein. Mit dieser Handhabung dürfte für die Zukunft die hinreichende finanzielle Beteiligung unstreitig sein.

BFH, Urteil v. 12.1.2023, VI R 39/19, veröffentlicht am 27.4.2023

Alle am 27.4.2023 veröffentlichten BFH-Entscheidungen