Rz. 5

Auch für den Umfang des freiberuflichen BV gelten die ertragsteuerrechtlichen Kriterien. Das gilt sowohl hinsichtlich des notwendigen Betriebsvermögens als auch hinsichtlich des gewillkürten Betriebsvermögens (s. R B 95 Abs. 3 ErbStR; Eisele in R/T, § 96 Rz. 2). Zum freiberuflichen BV gehören damit grds. alle Wirtschaftsgüter und Schulden, die auch bei der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung zum freiberuflichen BV gehören, wobei die Modifikationen durch das ErbStG und das BewG (z. B. durch die §§ 99 und 103 BewG) zu beachten sind (vgl. R B 95 Abs. 1). Dabei besteht hinsichtlich des Umfangs des BV und seiner Bewertung keine Unterscheidung zwischen bilanzierenden Freiberuflern und nicht bilanzierenden Freiberuflern, die ihre Einkünfte durch Einnahme­überschussrechnung ermitteln (vgl. Fehrenbacher in W/J, § 96 BewG Rz. 2 und 20).

 

Rz. 6

Bei bilanzierenden Freiberuflern kann für die Bewertung für den Umfang des BV auf der Steuerbilanz zum Bewertungsstichtag aufgesetzt werden; es besteht grds. eine Identität (Bestands­identität, keine Bewertungsidentität) zwischen dieser Steuerbilanz (den darin angesetzten Wirtschaftsgütern) und dem Umfang des bewertungsrechtlichen BV (vgl. R B 95 Abs. 2 Satz 1 ErbStR). Eine Modifikation erfolgt gemäß R B 95 Abs. 2 S. 2 ErbStR insb. bei

  • Gewinnansprüchen gegen eine beherrschte Gesellschaft gemäß § 103 Abs. 2 BewG,
  • Rücklagen gemäß § 103 Abs. 3 BewG,
  • Bilanzposten nach § 137 BewG,
  • selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens und praxiswertbildenden Faktoren nach R B 11.5 Abs. 3 Satz 4 und 5 ErbStR,
  • Rückstellungen gemäß R B 11.5 Abs. 3 Satz 3 ErbStR.

Für die Ermittlung des Substanzwertes lässt die FinVerw für den Fall, dass Bewertungsstichtag und Bilanzstichtag nicht übereinstimmen, aus Vereinfachungsgründen zu, dass der Umfang des BV aus der letzten Steuerbilanz abgeleitet werden kann (vgl. R B 11.6 Abs. 2 und 3 ErbStR).

Bei freiberuflichen Mitunternehmerschaften ist zu beachten, dass auch das Sonder-BV zu berücksichtigen ist (§ 97 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 1a Nr. 2 BewG).

 

Rz. 7

Bei nicht bilanzierenden Freiberuflern, die ihre Einkünfte durch Einnahmeüberschussrechnung ermitteln, gehören alle Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar eigenbetrieblich genutzt werden, als notwendiges BV zum BV gemäß § 99 BewG (s. R B 95 Abs. 3 ErbStR). Hinzu kommt das ertragsteuerrechtlich zulässige, dem BV auch in tatsächlicher Hinsicht zugeordnete gewillkürte BV (s. dazu § 96 BewG Rn 9).

 

Rz. 8

Zu beachten ist, dass der Umfang des freiberuflichen BV nicht beliebig gestaltbar ist, sondern durch die Erfordernisse der freiberuflichen Tätigkeit begrenzt wird; es muss eine sachliche Beziehung zur freiberuflichen Tätigkeit bestehen (s. BFH vom 23.05.1985, BStBl II 1985, 517; Eisele in R/T, § 96 Rz. 2a f.).

 

Rz. 9

Im Einzelnen ist insb. Folgendes zu beachten:

  • Gewillkürtes Betriebsvermögen ist unabhängig von der Art der Gewinnermittlung, also auch bei der Gewinnermittlung durch Einnahmeüberschussrechnung, möglich (s. BFH vom 02.10.2003, BStBl II 2004, 985). Erforderlich ist, dass das WG objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern (vgl. BFH vom 02.10.2003, BStBl II 2004, 985). Dies gilt auch für Grundstücke (BFH vom 27.10.2004, BStBl II 2005, 463). Neben der ertragsteuerlichen Zulässigkeit ist auch die tatsächliche Zuordnung des WG zum BV, z. B. durch dokumentierte Zuordnungserklärung oder Aufnahme in ein Bestandsverzeichnis (s. dazu BMF vom 17. 11. 2004, BStBl I 2004, 1064) erforderlich (vgl. R B 95 Abs. 3 Satz 4 ErbStR; Wälzholz in V/S/W, § 96 BewG Rz. 2).
  • Gemischt genutzte Grundstücke sind nach den ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen aufzuteilen (vgl. R B 95 Abs. 3 Satz 3 ErbStR; R 4.2 Abs. 4 ff. EStR). Siehe dazu die Kommentierung unter § 99 BewG Rz. 4.
  • Bewegliche Wirtschaftsgüter sind vollumfänglich BV, wenn sie zu mehr als 50 % eigenbetrieblich genutzt werden (vgl. R B 95 Abs. 3 Satz 2 ErbStR). Werden sie zu weniger als 10 % eigenbetrieblich genutzt, sind sie notwendiges PV, gewillkürtes BV scheidet dann aus (s. R 4.2 Abs. 1 Satz 5 EStR; Eisele in R/T, § 96 Rn 2a).
  • Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gehört zum freiberuflichen BV, wenn ein betrieblicher Zusammenhang mit der Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit besteht (s. BFH vom 23.11.1987, BStBl II 1979, 109), wofür die Tätigkeit nicht über die KapG ausgeübt werden muss (s. BFH vom 14.01.1982, BStBl II 1982, 345), oder wenn die Beteiligung als Gegenleistung für die freiberufliche Tätigkeit gewährt wird (s. BFH vom 27. 01. 1995, BFH/NV 1995, 784; BFH vom 01. 02. 2001, BStBl II 2001, 546). Ein betrieblicher Zusammenhang mit der Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit liegt beispielsweise vor, wenn die Tätigkeit der KapG die freiberufliche Tätigkeit ergänzt, weil sie in erheblichem Maß der Erlangung von Aufträgen oder dem Vertrieb von Produkten dient (s. BFH vom 12.01.2010, BStBl II 2010, 612).
  • Forderungen und Verbindlichkeiten gehören zum BV, wenn sie mit dem Betrieb in wirtschaftlichem ...

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