Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die in § 73 FGO geregelte Verbindung und die Trennung von Verfahren ist eine Maßnahme der Prozessleitung, die grundsätzlich im pflichtmäßigen Ermessen des Gerichtes steht (BFH v. 06.02.1957, II 186/55 S, BStBl III 1957, 118; BFH v. 21.01.2009, X B 125/08, juris; aber s. Rz. 2). Die Verbindung oder Trennung wird grundsätzlich durch Beschluss des Senats bzw. des Einzelrichters (§ 6 FGO) ausgesprochen. Ausnahmsweise kann der Beschluss vom Vorsitzenden bzw. Berichterstatter im vorbereitenden Verfahren (§ 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 FGO) gefasst werden, wenn einer von mehreren Klägern die Klage zurücknimmt oder ein Kläger seine Klage im Fall der objektiven Klagehäufung "teilweise" zurücknimmt (dazu s. § 72 FGO Rz. 2).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Im Fall der notwendigen Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) kann diese durch eine Verbindung der beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und einheitlichen Entscheidung nach § 73 Abs. 2 FGO ersetzt werden. Kann die Entscheidung demnach nur einheitlich ergehen (s. § 60 FGO Rz. 5), ist die Verbindung zwingend (BFH v. 01.10.1981, I B 31/81 und I B 32/81, BStBl II 1982, 130). Dabei ist zu beachten, dass die Verbindung nur dann die notwendige Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) ersetzt, wenn die betroffenen Klagen zulässig sind, weil nur dann die gebotene Einheitlichkeit der Entscheidung gewährleistet ist (BFH v. 30.07.1986, II R 246/83, BStBl II 1986, 820; BFH v. 07.08.1986, IV R 137/83, BStBl II 1986, 910, BFH v. 07.07.1998, VIII R 16/96, BFH/NV 1999, 471). Ist eine der Klagen unzulässig, muss das unzulässige Verfahren abgetrennt und die Beiladung ausgesprochen werden (dazu im Übrigen s. § 60 FGO). Demgegenüber besteht keine Verpflichtung zur Verbindung, wenn kein Fall der notwendigen Beiladung gegeben ist, und zwar auch dann, wenn von der Beiladung abgesehen werden kann, weil die Klage (offensichtlich) unzulässig ist (z. B. BFH v. 07.05.2014, II B 117/13, BFH/NV 2014, 1232; Thürmer in HHSp, § 73 FGO Rz. 24).

 

Tz. 3

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Im Übrigen gilt: Eine Verbindung kommt in Betracht, wenn die Verfahren verschiedene Gegenstände haben, diese jedoch miteinander – sei es in sachlicher, sei es in rechtlicher Hinsicht – in einem Zusammenhange stehen, der die einheitliche Verhandlung und Entscheidung zweckmäßig macht. Der BFH kann mehrere Rechtsmittelverfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbinden (BFH v. 29.02.2008, XI B 208/07 u. a., BFH/NV 2008, 1174). Allerdings setzt die Verbindung voraus, dass beide Verfahren mit einer einheitlichen Entscheidung abgeschlossen werden können und dass diese Entscheidung – soweit ein Rechtsmittel gegeben ist – mit einem einheitlichen Rechtsmittel angefochten werden kann (BFH v. 25.05.1976, VIII R 74/75, BStBl II 1976, 573). Daher ist eine Verbindung gem. § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht zweckmäßig, wenn eines der Verfahren bereits entscheidungsreif ist, sodass die Verbindung zu unterbleiben hat (BFH v. 19.04.2017, IX B 62/16, HFR 2017, 1054). Senatsübergreifende Verfahren, die bei unterschiedlichen Senaten (desselben Gerichts) anhängig sind, können verbunden werden, wenn diese Möglichkeit im Geschäftsverteilungsplan vorgesehen ist (BFH v. 06.02.2007, X B 97/06, BFH/NV 2007, 961; BFH v. 22.02.2008, V B 13/08, juris; Herbert in Gräber, § 73 FGO Rz. 6). Verhandelt das Gericht in der mündlichen Verhandlung mehrere Verfahren gleichzeitig, liegt darin keine (konkludente) Verbindung der Verfahren (BFH v. 11.05.2010, X B 192, 193/08, BFH/NV 2010, 1645; vgl. auch BFH v. 10.09.2015, V R 17/14, BFH/NV 2016, 80). Zur Verbindung von Verfahren zur Beseitigung einer doppelten Rechtshängigkeit s. § 66 FGO Rz. 3. Identität der Beteiligten, insbes. auf beiden Seiten, ist nicht erforderlich; zu beachten ist dabei § 30 AO. Im Verhältnis zueinander sind die Kläger bzw. die Beklagten Streitgenossen (§ 59 FGO). Hinsichtlich der Sachanträge, desgleichen der Angriffs- und Verteidigungsmittel, bleiben die verbundenen Verfahren selbständig; dasselbe gilt für die Rücknahme der Klage. Nimmt also einer der Kläger die Klage zurück, so ist das Verfahren abzutrennen und einzustellen (s. Rz. 3). Dies gilt auch, wenn sich das Verfahren eines Klägers in der Hauptsache erledigt hat. Die Rechtskraft der Entscheidung über die verbundenen Verfahren (§ 110 FGO) wirkt gegen sämtliche Beteiligten. Die Verbindung wirkt sich auf den Streitwert aus (Vor § 135 FGO Rz. 25; BFH v. 13.12.2006, XI E 5/06, BFH/NV 2007, 493).

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Erweist sich, dass miteinander verbundene Verfahren, insbes. wegen unterschiedlicher Spruchreife, bei Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten nicht einheitlich entschieden werden können, so ordnet das Gericht die Trennung an. Dies kommt insbes. in Betracht, wenn die Klage eines der Kläger unzulässig (geworden) ist, wenn einer der Kläger seine Klage zurücknimmt oder sich nur eine der Klagen in der Hauptsache erledigt hat (s. Rz. 2). Entsprechendes gilt, wenn es die Belange der Beteiligt...

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