Schrifttum

Bartone, Änderung von Steuerbescheiden im FG-Verfahren, AO-StB 2001, 56.

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 72 FGO regelt die Klagerücknahme, die sich als Ausdruck der Dispositionsmaxime darstellt (s. Vor FGO Rz. 50). Ihrer Rechtsnatur nach ist sie eine prozessuale Willenserklärung, also eine Prozesshandlung, die einen eindeutigen Inhalt haben muss und bedingungsfeindlich sowie grds. unwiderruflich und nicht anfechtbar ist (BFH v. 26.10.2006, V R 40/05, BStBl II 2007, 271; BFH v. 12.08.2009, X S 47/08 [PKH], BFH/NV 2009, 1997; BFH v. 12.06.2015, III B 81/14, BFH/NV 2015, 1268; s. Vor § 40 FGO Rz. 3, 5, 8). Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn ein rechtskundiger Prozessvertreter die Rücknahme eines Rechtsmittels erklärt und ein Wiederaufnahmegrund i. S. des § 134 FGO i. V. m. §§ 579, 580 ZPO gegeben ist oder die Rücknahme auf einem offenkundigen Versehen beruht (BFH v. 12.06.2015, III B 81/14, BFH/NV 2015, 1268). Die Vorschrift gilt für Anträge im einstweiligen Rechtsschutz (§§ 69, 114 FGO) entsprechend.

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Über die Form der Klagerücknahme sagt das Gesetz nichts. Da die Klagerücknahme sich aber – aus Sicht des Klägers – gleichsam als actus contrarius zur Klageerhebung darstellt, ist dieselbe Form zu fordern, die für die Klageerhebung gilt (§ 64 Abs. 1 FGO). Die Klagerücknahme muss daher schriftlich erfolgen oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erklärt werden. Im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs kann sie nach Maßgabe des § 52a FGO auch elektronisch übermittelt werden (s. § 52a FGO Rz. 2; BFH v. 26.10.2006, V R 40/05, BStBl II 2007, 271). Da sie eine Prozesshandlung ist, muss sie gegenüber dem Gericht abgegeben werden. § 62 Abs. 4 FGO gilt für die Klagerücknahme nicht. Jedoch gilt § 47 Abs. 2 FGO entsprechend (BFH v. 05.03.1971, VI R 184/68, BStBl II 1971, 461). Die schriftliche Erklärung gegenüber der Verwaltungsbehörde, der Kläger betrachte seine Klage als gegenstandslos, wird nur dann als Klagerücknahme wirksam, wenn sich aus ihr eindeutig erkennen lässt, dass der Kläger die Klage gegenüber dem Gericht zurücknimmt, und die Erklärung mit seinem Wissen und Wollen dem Gericht vorgelegt wird (BFH 08.12.1970, VI R 184/68, BStBl II 1971, 204). Eine "teilweise Klagerücknahme" ist grds. nur möglich, wenn der Streitgegenstand teilbar ist (BFH v. 19.12.2012, XI B 111/11, BFH/NV 2013, 785). Abgesehen davon ist sie – außer in den Fällen der objektiven und subjektiven Klagehäufung (§§ 43, 59 FGO; vgl. BFH v. 24.09.2008, I B 178/07, juris) – entweder als jederzeit zulässige Einschränkung des Klageantrags oder als zustimmungsbedürftige (§ 67 FGO) Änderung des Streitgegenstandes anzusehen (s. § 67 FGO Rz. 11). Erlässt das beklagte FA während des Prozesses einen Änderungsbescheid, mit welchem dem Klagebegehren teilweise entsprochen wird, so soll die Erledigterklärung der Hauptsache eine teilweise Klagerücknahme bedeuten (BFH v. 12.10.1967, V B 33/67, BStBl II 1968, 98; s. aber BFH v. 13.11.1986, V R 26/76, juris; vgl. auch BFH v. 19.03.2009, IV R 27/08, juris; BFH v. 19.03.2009, IV R 26/08, BFH/NV 2009, 1405). Auch hier liegt aber u. E. entweder eine Klageänderung (§ 67 FGO) oder eine Einschränkung des Klageantrags vor. Daher muss gem. § 138 Abs. 1 FGO über die Kosten entschieden werden, soweit der Rechtsstreit sich nicht dadurch erledigt hat, dass die Behörde dem Klagebegehren stattgegeben hat; im letztgenannten Fall greift § 138 Abs. 2 FGO.

 

Tz. 3

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Nach § 72 Abs. 1a FGO ist ausnahmsweise eine Teilrücknahme der Klage zulässig. Die teilweise Rücknahme bewirkt, dass der angefochtene Verwaltungsakt hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen, auf die sich die Teilrücknahme erstreckt, teilweise bestandskräftig (Herbert in Gräber, § 72 FGO Rz. 12). Die Vorschrift entspricht inhaltlich der Regelung des § 362 Abs. 1a AO, die im Einspruchsverfahren gilt. Daher wegen der Einzelheiten s. § 362 AO Rz. 15 ff. und s. § 354 AO Rz. 11.

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Einwilligung des Beklagten ist in den Fällen des § 72 Abs. 1 Satz 2 FGO erforderlich. Die Einwilligung eines anderen Beteiligten als des Beklagten ist nicht erforderlich, auch nicht im Fall der notwendigen Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO). Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, bei Verzicht auf die mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO) und nach Ergehen eines Gerichtsbescheids (§ 90a FGO) ist der Prozess soweit vorangeschritten, dass das Gesetz ein schutzwürdiges Interesse des Beklagten an einer Sachentscheidung unterstellt. Die Einwilligung ist auch erforderlich, wenn nach Ergehen eines Gerichtsbescheids mündliche Verhandlung beantragt wird (BFH v. 08.05.1990, VII R 116–117/87, BStBl II 1990, 695). In einem weiteren Rechtsgang (nach Rückverweisung des Rechtsstreits vom BFH an das FG, § 126 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FGO) ist die Einwilligung nicht schon deshalb geboten, weil im ersten Rechtsgang vor dem FG auf mündliche Verhandlung verzichtet worden war (BFH v. 26.04...

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