Tz. 8

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Prozesshandlungen sind ihrem Wesen nach grundsätzlich unwiderruflich und können nicht analog §§ 119ff. BGB angefochten werden (z. B. BFH v. 19.04.2016, IX B 110/15, BFH/NV 2016, 1060). Demnach ist z. B. ein Verzicht auf die mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO) nicht frei widerrufbar, sondern nur dann, wenn sich die Prozesslage nach Abgabe der Einverständniserklärung wesentlich geändert hat (z. B. BFH v. 19.04.2016, IX B 110/15, BFH/NV 2016, 1060; BFH v. 04.08.2016, X B 145/15, BFH/NV 2016, 1744). Sie können aber zurückgenommen werden, ggf. nur mit Einwilligung des Prozessgegners (§§ 72 Abs. 1 Satz 2, 125 Abs. 1 Satz 2 FGO). Auch die Rücknahme eines Rechtsbehelfs ist Prozesshandlung und damit grundsätzlich unwiderruflich. Ausnahmsweise ist jedoch der Widerruf der Rücknahmeerklärung dann zulässig, wenn ein Wiederaufnahmegrund (§ 134 FGO i. V. m. §§ 579, 580 ZPO) gegeben ist (BFH v. 08.08.1991, VI B 134/90, BFH/NV 1992, 49; BFH v. 17.09.2002, X S 4/02 [PKH], BFH/NV 2003, 73). Außerdem ist eine Klagerücknahme unwirksam, wenn sie durch den unzutreffenden Hinweis des Vorsitzenden veranlasst worden ist (BFH v. 06.07.2005, XI R 15/04, BStBl II 2005, 644). Bei Fristversäumnissen ist u. U. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ohne Berücksichtigung des § 110 Abs. 3 AO zu gewähren, wenn der Stpfl. durch ein – über die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung hinausgehendes – Verhalten eines Gerichts oder einer Behörde von einer Prozesshandlung abgehalten wird (BFH v. 08.08.2013, V R 3/11, BStBl II 2014, 46).

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