A. Bedeutung der Vorschrift

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Feststellungsklage bildet neben den Gestaltungsklagen und den Leistungsklagen eine dritte, eigenständige Klageart. Mit ihr wird allgemein die verbindliche Feststellung des Bestehens (positive Feststellung) oder des Nichtbestehens (negative Feststellung) eines Rechtsverhältnisses angestrebt. Im Klagensystem der FGO ergänzt sie die Anfechtungsklage und die Leistungsklagen (dazu s. Vor FGO Rz. 18 ff.; s. § 40 FGO Rz. 1). Die in § 41 FGO geregelte Feststellungsklage erfordert kein außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren (s. § 44 Abs. 1 FGO) und ist nicht fristgebunden (s. § 47 Abs. 1 FGO), auch wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird (BFH v. 25.09.1990, IX R 84/88, BStBl II 1991, 120). Andererseits ist sie nur zulässig, wenn ein besonderes Feststellungsinteresse besteht (Rz. 6) und wenn der Kläger sein Klagebegehren nicht mit einer Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder allgemeinen Leistungsklage verfolgen kann (Rz. 8 ff.; Levedag in Gräber, § 41 FGO Rz. 5). Zur Fortsetzungsfeststellungsklage s. § 100 FGO Rz. 22 ff.

B. Gegenstand der Feststellungsklage (§ 41 Abs. 1 FGO)

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 41 Abs. 1 FGO kann mit der Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt werden. Diese Aufzählung ist abschließend. Daher kommt im Prozess keine Zwischenfeststellungsklage wegen Vorgreiflichkeit eines Rechtsverhältnisses für die Endentscheidung in Betracht, insbes. auch nicht aufgrund entsprechender Anwendung von § 256 Abs. 2 ZPO über § 155 Satz 1 FGO (von Beckerath in Gosch, § 41 FGO Rz. 5; Levedag in Gräber, § 41 FGO Rz. 44; Steinhauff in HHSp, § 41 FGO Rz. 88; a. A. für den allgemeinen Verwaltungsprozess Kopp/Schenke, § 43 VwGO Rz. 33). Grds. ist ebenso die Feststellung der (Un-)Gültigkeit von Rechtsnormen oder Verwaltungsvorschriften ausgeschlossen (z. B. BFH v. 23.09.1999, XI R 66/98, BStBl II 2000, 533; Steinhauff in HHSp, § 41 FGO Rz. 122), es sei denn, aus der betreffenden Norm ergibt sich ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (z. B. BFH v. 11.11.2010, VII B 36/10, BFH/NV 2011, 1036; Steinhauff in HHSp, § 41 FGO Rz. 112).

I. Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gegenstand der Feststellungsklage sind Steuerrechtsverhältnisse (s. § 33 AO), die ihrem Rechtsgrunde nach bestehen, ihrem Inhalte nach jedoch streitig sind. Gegenstand der Klage können jedoch auch Rechtsverhältnisse sein, über deren Bestehen dem Grunde nach Streit herrscht, sei es, dass sich ein Beteiligter ihres Bestehens berühmt, sei es, dass er ihr Bestehen in Abrede stellt. Rechtsverhältnis i. S. von § 41 Abs. 1 FGO ist jede auf eine bestimmte, aus einem konkreten Sachverhalt resultierende, aufgrund von Rechtsnormen geordnete rechtliche Beziehung zwischen Personen oder zwischen Personen und Sachen (BFH v. 10.11.2010, XI R 25/08, BFH/NV 2011, 839; Steinhauff in HHSp, § 41 FGO Rz. 107). Ein solches (Steuer-) Rechtsverhältnis besteht auch zwischen dem FA und dem Steuerpflichtigen, welches allein dadurch begründet wird, dass der Steuerpflichtige dem FA gegenüber seine wirtschaftlichen Verhältnisse offenbart hat und das FA verpflichtet ist, die ihm dadurch oder im Wege der Amtsermittlung über den Kläger bekannt gewordenen Tatsachen geheim zu halten. (BFH v. 29.07.2003, VII R 39, 43/02, BStBl II 2003, 828 [833]). Wegen künftiger Rechtsverhältnisse, die möglicherweise entstehen können, kann nur ausnahmsweise eine vorbeugende Feststellungsklage erhoben werden (z. B. BFH v. 28.11.2017, VII R 30/15, BFH/NV 2018, 405). Dies ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn bspw. einem Vollstreckungsschuldner erhebliche Nachteile drohen, die seine persönliche oder wirtschaftliche Existenz gefährden und die nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen wiedergutzumachen sind (s. § 40 FGO Rz. 8). Unzulässig ist eine Klage insbes. dann, wenn sie auf eine rechtsgutachterliche Stellungnahme abzielt oder wenn lediglich die hypothetische Möglichkeit einer späteren Rechtsverletzung oder eines späteren Schadens geltend gemacht wird (BFH v. 28.11.2017, VII R 30/15, BFH/NV 2018, 405; vgl. von Beckerath in Gosch, § 41 FGO Rz. 65; Levedag in Gräber, § 41 FGO Rz. 12 ff.; Seer in Tipke/Kruse, § 41 FGO Rz. 4a). Denn angesichts des Rechtsschutzsystems der FGO ist für vorbeugenden Rechtsschutz ein besonders intensives Rechtsschutzinteresse erforderlich (Braun in HHSp, § 40 FGO Rz. 146). Wegen gedachter (abstrakter) Rechtsfragen oder wegen tatsächlicher Verhältnisse, ist die Erhebung einer Feststellungsklage nicht statthaft. (BFH v. 11.05.2009, II S 6/09 [PKH], juris). Soweit sie aber in Betracht kommt, kann sich eine Feststellungsklage gleichermaßen auf Rechtsverhältnisse beziehen, aus denen Ansprüche oder Verpflichtungen zur Erbringung von Geldleistungen erwachsen (Steuerschuldverhältnis), wie auf Rechtsverhältnisse, die Leistungen anderer Art zum Gegenstand haben (Steuerpflichtverhältnis). Sie muss sich nicht zwingend auf das gesamte Rechtsverhältnis be...

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