Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die einmonatige Revisionsfrist (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO) beginnt für jeden Beteiligten mit der Zustellung des vollständigen, d. h. mit Tatbestand und Entscheidungsgründen sowie den sonstigen in § 105 Abs. 2 FGO bezeichneten Bestandteilen versehenen Urteils. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, ist an diesen zuzustellen. Die Zustellung an einen vertretenen Beteiligten ist unwirksam und löst den Lauf der Frist nicht aus (BFH v. 10.07.1997, V R 94/96, BStBl II 1997, 707). Bei mehreren Bevollmächtigten kommt es auf die erste Zustellung an. Wird ein Urteil ohne die im Urteilstenor getroffene Kostenentscheidung zugestellt, fehlt es an der Zustellung eines vollständigen Urteils, sodass die Revisionsfrist nicht zu laufen beginnt (BFH v. 23.10.1975, VIII R 99/75, BStBl II 1976, 296). Fehlt dem Urteil eine Rechtsbehelfsbelehrung oder ist die Belehrung fehlerhaft, weil z. B. auf einen falschen Rechtsbehelf hingewiesen wird, beginnt die Revisionsfrist ebenfalls nicht zu laufen; es gilt die Jahresfrist gem. § 55 Abs. 1 FGO (BFH v. 12.05.2011, IV R 37/09, BFH/NV 2012, 41). Wird das Urteil des Finanzgerichts gem. § 109 FGO ergänzt, so beginnt u. E. auch für das ursprüngliche, ergänzungsbedürftige (und daher i. S. des § 120 Abs. 1 FGO unvollständige) Urteil die Revisionsfrist mit der Zustellung des Ergänzungsurteils erneut zu laufen (BFH v. 19.07.2013, X R 37/10, BFH/NV 2014, 347). Lehnt das FG die Ergänzung ab, bleibt es aber bei der ursprünglichen Frist (s. BFH v. 24.01.1979, II R 108/77, BStBl II 1979, 373). Die Revision ist beim BFH (nicht beim FG!) einzulegen. Maßgeblich ist der Zugang des Schriftstückes beim BFH. Im Zweifel hat der Revisionskläger den Zugang nach allgemeinen Beweisregeln nachzuweisen. Das Einlegen der Revision beim FG wahrt die Frist nicht. Leitet das FG die Revision weiter, ist der Tag des Eingangs beim BFH maßgebend. Die Revisionsfrist ist eine Ausschlussfrist, daher nicht verlängerungsfähig. Bei Fristversäumung geht das Rechtsmittel für den Betroffenen verloren, es sei denn, dass mangelndes Verschulden zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führt (§ 56 FGO). In den Fällen der Einlegung beim falschen Gericht (FG) wird die Fristversäumnis regelmäßig verschuldet sein.

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Im Übrigen entsprechen die formellen Anforderungen denen der Einlegung der NZB. Die Revisionsfrist für die vom FG zugelassene Revision (zur Zulassung durch den BFH s. § 116 FGO Rz. 31) knüpft an die Zustellung des Urteils an, die Revision muss schriftlich durch einen nach § 62 FGO Vertretungsberechtigten erfolgen und unbedingt sein (daher s. § 116 FGO Rz. 4 bis 6). Für die Einhaltung der Schriftform reicht aus, wenn einer nicht unterzeichneten Urschrift eine vom Bevollmächtigten eigenhändig beglaubigte Abschrift beigefügt ist (BFH v. 17.05.2011 VII R 47/10, BFH/NV 2011, 1621). Nach § 120 Abs. 1 Satz 2 FGO muss die Revision das angefochtene Urteil bezeichnen; dazu gehört auch die Angabe, für wen Revision eingelegt wird, also wer Revisionskläger ist. Nach § 120 Abs. 1 Satz 3 FGO soll eine Ausfertigung oder Abschrift des angefochtenen Urteils beigefügt werden; auch insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie für die Einlegung der NZB (s. § 116 FGO Rz. 7). Bei elektronischer Einlegung der Revision ist das Beifügen einer Ausfertigung oder einer Abschrift des Urteils verzichtbar (§ 120 Abs. 1 Satz 4 FGO). Dies liegt im Interesse der Verfahrensvereinfachung durch EDV-Nutzung im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs. Fehlende oder fehlerhafte Angaben können noch bis zum Ablauf der Revisionsfrist, nicht aber bis zum Ablauf der Begründungsfrist (BFH v. 30.04.1980, VIII R 94/74, BStBl II 1980, 588), nachgeholt werden (BFH v. 26.03.1991, VIII R 2/88, BFH/NV 1992, 177). Mängel bei der Bezeichnung des Urteils sind unschädlich, wenn die fehlenden Angaben bis zum Ende der Revisionsfrist aus sonstigen Umständen festgestellt werden können, z. B. aus der beigefügten Urteilsabschrift (BFH v. 31.01.2017, IX R 19/16, BFH/NV 2017, 885).

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