Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 116 Abs. 1 FGO normiert die NZB als selbstständiges Rechtsmittel. Nach § 116 Abs. 2 FGO ist die NZB innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim BFH (nicht dem FG!) einzulegen. Eine Einlegung der Beschwerde beim FG wahrt die Frist nicht. Leitet des FG die Beschwerde weiter, ist der Tag des Eingangs beim BFH maßgebend. Bei unverschuldeter Fristversäumung kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) in Betracht kommen; allerdings wird die Einlegung beim falschen Gericht regelmäßig verschuldet sein. Die NZB muss nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden, sie muss jedoch als solche erkennbar sein. Dies ist ggf. durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist das Rechtsschutzziel des Rechtsmittelführers aufgrund seines gesamten Vorbringens zu ermitteln, wobei im Zweifel das Rechtsmittel als gewollt anzusehen ist, das der Interessenlage des Betroffenen entspricht. Der Auslegung sind jedoch Grenzen gesetzt. So ist die Umdeutung eines als Revision bezeichneten Rechtsmittels in eine NZB wegen der erheblichen rechtlichen und verfahrensrechtlichen Unterschiede ebenso wenig möglich wie die Umdeutung einer unzulässigen NZB in eine Revision (statt aller: BFH v. 27.04.2006, V R 6/06, BFH/NV 2006, 1672). Auch ein eindeutiger Antrag auf Zulassung der Revision im Wege der Urteilsergänzung nach § 109 FGO kann nicht in eine NZB umgedeutet werden.

Ohne Einfluss auf den Lauf der Beschwerdefrist ist der Umstand, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung (§ 108 Abs. 1 FGO) gestellt hat (BFH v. 11.12.1992, III B 28/91, BFH/NV 1993, 610).

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Beschwerde muss unbedingt eingelegt werden. Eine bedingte Einlegung macht die Beschwerde unzulässig, weil Unklarheit über die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung besteht. Dies gilt grds. auch für die Bedingung, dass die NZB für den Fall der Stattgabe eines gleichzeitig erhobenen Antrags auf Prozesskostenhilfe erhoben sein soll. Allerdings gewährt der BFH (BFH v. 22.03.2012, XI B 1/12, BFH/NV 2012, 1170) für den Fall der Fristversäumung Wiedereinsetzung, wenn der Stpfl. an Stelle der NZB zunächst einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellt. Der BFH begründet dies damit, dass die Fristversäumnis unverschuldet ist, wenn der Betroffene alles unternimmt, damit für ihn durch eine vertretungsberechtigte Person i. S. des § 62a FGO das Rechtsmittel eingelegt werden kann, nachdem ihm Prozesskostenhilfe bewilligt wurde. Dies dürfte für eine unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe erhobene NZB entsprechend gelten. Zu beachten ist, dass die NZB zwei Wochen nach der Zustellung des PKH-Beschlusses eingelegt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO) und zwei Monate nach der Zustellung begründet werden muss (BFH v. 22.03.2012, XI B 1/12, BFH/NV 2012, 1170).

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Beschwerde muss innerhalb der Monatsfrist schriftlich durch eine nach § 62a FGO postulationsfähige Person beim BFH (§ 116 Abs. 2 Satz 3 FGO: "Beschwerdeschrift") eingelegt werden. Eine Beschwerdeerhebung zum Urkundsbeamten ist – anders als bei der Klageerhebung – nicht möglich. Die Frist beginnt mit der Zustellung des vollständigen Urteils zu laufen und zwar auch dann, wenn das Urteil verkündet worden ist. Da das Gesetz ausdrücklich die Zustellung verlangt, löst die Übersendung einer einfachen Abschrift den Fristlauf ebenso wenig aus wie die Übersendung des Tenors. Die Frist ist wiedereinsetzungsfähig (§ 56 FGO). Sie läuft nicht bei fehlender oder unrichtiger Belehrung (§ 55 FGO); in diesen Fällen gilt die Jahresfrist. Die Schriftform ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde per Telefax (auch PC-Fax), Telegramm oder Telebrief eingelegt wird. Zum elektronischen Rechtsverkehr und der Übermittlung bestimmender Schriftsätze s. § 52a FGO. Soweit die Voraussetzungen der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs vorliegen, kann die Revision auch auf dem elektronischen Wege eingelegt werden. Einlegung durch "einfache" E-Mail reicht jedoch nicht aus.

 

Tz. 7

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Zwingende Voraussetzung ist, dass die Beschwerdeschrift das angefochtene Urteil bezeichnet (§ 116 Abs. 2 Satz 2 FGO). Dies bedeutet, dass die angefochtene Entscheidung durch die Angabe des erkennenden Gerichts, des Datums und des Aktenzeichens identifizierbar sein muss. Dies kann – was zu empfehlen ist – in der Beschwerdeschrift selbst erfolgen; ausreichend ist aber auch, wenn sich die Identifizierbarkeit aus den Begleitumständen ergibt. Lässt sich die angefochtene Entscheidung nicht identifizieren, kann eine Nachholung nur innerhalb der Beschwerdefrist erfolgen. Ist die Frist verstrichen, ist die Beschwerde unzulässig. Der Beschwerdeschrift soll darüber hinaus eine Abschrift der angefochtenen Entscheidung beigefügt werden (§ 116 Abs. 2 Satz 3 FGO). Aus dem Wortlaut ("soll") ergibt sich, dass es sich nicht um eine Zulässigkeitsvoraussetzung handelt. Soweit jedoch eine Ausfertigung/Abschrift des angefochtenen Urt...

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